allTEIL C

MUSKELKRAFT


Kurbelbetriebene Geräte (1)


Die Geschichte der Kurbel reicht mindestens bis ins späte 2. Jahrhundert n. Chr. zurück, denn aus dieser Zeit werden im bayerischen Aschheim die Reste einer römischen Kurbelmühle ausgegraben, deren Mühlstein über ein Zahnräderwerk manuell mit Hilfe einer ca. 40 cm langen Eisenkurbel angetrieben wird.

Die in die zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts datierte wassergetriebene Sägemühle im römerzeitlichen Hierapolis gilt als die erste bekannte Maschine, bei der eine Drehbewegung mithilfe von Kurbelwelle und Pleuelstange in eine lineare Bewegung umgesetzt wird. Ihre Existenz ist durch ein Relief auf dem Sarkophag eines einheimischen Müllers namens Marcus Aurelius Ammianos belegt. Zwei weitere Steinsägemühlen mit Kurbelgetriebe aus dem 6. Jahrhundert werden in Gerasa (heute Jordanien) und Ephesos (heute Türkei) gefunden.

Auf spätestens 200 n. Chr. wird eine Handkurbel aus der Han Dynastie datiert, die den Ventilator einer landwirtschaftlichen Worfschaufel zum Windsichten betreibt, wie auf glasierten Steingut-Modellen zu sehen ist, die in Gräbern aus jener Zeit gefunden werden. Später wird die Kurbel in China zum Aufwickeln von Seide und bei der Hanfspinnerei verwendet, bei Brunnenwinden und Blasebälgen von Schmieden.

Die im 9. Jahrhundert in Bagdad lebenden Brüder Banū-Mūsā, drei iranische Gelehrte, die fast zwanzig Bücher über Geometrie, Astronomie und mechanische Erfindungen verfassen, die bis auf drei aber verloren sind, erwähnen die Kurbel bei mehreren hydraulischen Geräten, die sie in ihrem Werk Kitāb al-Hiyal aufführen. Da diese Geräte aber nur teilweise Drehungen erlauben, können sie nicht viel Kraft übertragen.

Erst der arabische Ingenieur und Autor Al-Jazari (o. Al-Dschazarī) beschreibt in seinem um 1205 verfaßten Werk über mechanische Apparaturen eine komplett rotierende Maschine mit Kurbel und Pleuelstange, die er bei zwei seiner Wasserhebeanlagen erwähnt.

Nach dem handgetriebenen Spindelspinnrad, dessen erste genauen Darstellungen aus Bagdad im Jahre 1237 stammen – wobei es Hinweise gibt, daß Spinnräder bereits während des 11. Jahrhunderts in China und in der islamischen Welt in Gebrauch sind – und das gegen Ende des 12. Jahrhunderts aus dem orientalischen Raum nach Europa gelangt, verbreitet sich hier ab der Mitte des 17. Jahrhunderts das Flügelspinnrad mit Fußantrieb, das mit Trittbrett, Kurbel und Schwungrad versehen ist, um mittels einer Antriebsschnur den Spinnflügel zu drehen.

Bohrwinde

Bohrwinde

Als mittelalterlicher Durchbruch gilt schon zuvor die Bohrkurbel (o. Bohrwinde) mit Haupt- und Seitengriff, die den 6.000 Jahre alten Bogenbohrer ersetzt und deren frühste Darstellung aus dem Jahr 1425 datiert, als sie auf einem Gemälde des flämischen Künstlers Robert Campin erscheint. Das älteste noch erhaltene Modell wird im Wrack des englischen Kriegsschiffs Mary Rose gefunden, welches in der Seeschlacht im Solent im Juli 1545 sank.

Nach einigen Verbesserungen im Laufe der Jahrhunderte erscheinen eine ganze Reihe neuer Bohrwerkzeuge, vor allem die so genannten Getriebebohrmaschinen, deren frühstes Bild aus dem Jahre 1816 stammt, obwohl davon ausgegangen wird, daß sie ihren Ursprung bereits Ende der 1700er Jahre in Frankreich haben. Das erste Patent für eine Getriebebohrmaschine wird 1838 erteilt.

Neben dem Einsatz der Kurbel bei Handbohrmaschinen existieren im 17. Jahrhundert auch erste Fuhrwerke, die von Menschen mittels Kurbeln betrieben werden und die zumeist als Prunkwagen für Repräsentationszwecke genutzt werden, wie z.B. der Trionfo des Werkzeugschmieds Hans Hautsch aus Nürnberg aus dem Jahr 1649.

Belegt ist ferner, daß sich der querschnittsgelähmte Uhrmacher Stephan Farfler aus Altdorf bei Nürnberg ab 1655 zwei Fahrzeuge mit Handkurbelantrieb und Zahnradübersetzung baut, von denen eines nach seinem Tod in der Nürnberger Stadtbibliothek ausgestellt wird.

Interessanterweise wird auch die erste mechanisch betriebene tragbare Beleuchtung, die unter dem Namen Steel Mill Anfang der 1800er Jahren im Kohlebergbau verwendet wird, durch einen Kurbelmechanismus betrieben, mit dem eine Stahlplatte in schnelle Drehung versetzt wird. Sobald ein Feuerstein gegen die rotierende Scheibe gedrückt wird, produziert der entstehende Funkenregen eine schwache Beleuchtung. Die mühsam zu bedienenden Mühlen werden oft von einem Jungen betrieben, dessen einzige Aufgabe es ist, Licht für eine Gruppe von Bergleuten zu machen.

Bereits 1815 wird sie daher von der viel helleren und einfacher zu bedienenden Davy-Lampe mit Flammsieb oder der Geordie-Lampe ersetzt – um über 100 Jahre später auf Grundlage der zwischenzeitlich entwickelten Technologie von Feuerzeugen und Auermetall- oder Cereisen-Feuersteinen wiederbelebt zu werden. Zumindest berichtet das US-Magazin Popular Science in seiner Dezemberausgabe 1946 über eine entsprechende Erfindung von Robert A. Adams aus Brawlkey in Kalifornien, die für die Notfall-Signalisierung auf See vorgeschlagen wird. Bei diesem ebenfalls kurbelbetriebenen System wird ein Kreis aus acht Feuersteinen innerhalb eines Reflektors auf Knopfdruck simultan gezündet.

Nicht vergessen werden sollen die mechanisch betriebenen Handmixer, die es bis vor wenigen Jahrzehnten in fast allen Haushalten gab.

Das handbetriebene Rührgerät, bei dem zwei Rührbesen mithilfe einer Kurbel über Zahnräder zum gegenläufigen Rotieren gebracht werden, ersetzt Küchenhelfer wie Schneebesen (Egg-Beater) und Holzquirl, mit denen bis dato Sahne geschlagen, Soßen gequirlt oder Eiweiß schaumig gerührt wurde – was nun durch die Kurbel ungemein erleichtert wird.

Erfinder des Handrührgeräts ist der US-Amerikaner Turner Williams aus Providenve, Rhode Island, der sich dieses im Mai 1870 patentieren läßt (US-Nr. 103.811).

Edison-Phonograph 1900

Edison-Phonograph
(1900)

Anfang des 20. Jahrhunderts sind Kurbeln an vielen Geräten üblich, so werden beispielsweise vor den 1930er Jahren fast alle Phonographen durch Uhrwerk-Motoren angetrieben, die mittels einer Kurbel aufgezogen werden. Auf die Nutzung der Muskelkraft beim Aufziehen von Federn komme ich später noch zu sprechen (s.d.). Hier soll es erst einmal um die direkte Umsetzung mittels Kurbeln gehen.

Beispiele dafür sind mechanische Bleistiftanspitzer mit Handkurbelbetrieb, die sich in Büros und Schulen verbreiten, oder Haushaltsgeräte wie Kaffeemühlen, Zitronenpressen, Salatschleudern und der Fleischwolf, die ebenfalls alle mit Handkurbeln ausgestattet sind.

Weitere Einsatzbereiche sind Angelrollen und andere Rollen für Kabel, Drähte, Seile usw., die Winsch auf Segelschiffen, Drehorgeln und ähnliche Instrumente, die frühen Filmkameras und -projektoren, Schellack-Plattenspieler, Kurbelinduktoren in der Fernmeldetechnik und zum Auslösen von Sprengungen, Schranken an Bahnübergängen, manuell betriebenen Autofenster sowie Kurbel-Anlasser der Automobil-Verbrennungsmotoren, bevor elektrische Anlasser in den allgemeinen Gebrauch kommen.

Bei den Kurbelinduktoren handelt es sich um handbetätigte elektrische Generatoren, die beim Drehen einer Kurbel Wechselspannung erzeugen. Solche handbetriebene Generatoren werden noch im Zweiten Weltkrieg häufig genutzt, wie beispielsweise im Rahmen der Seenotrettungsausrüstung für US-Flugbesatzungen. Diese können bei Notwasserung SOS senden, indem sie einen Drachen (Gibson Girl) aufsteigen lassen, der eine dünne Notantenne in den Himmel trägt, welche mit einem kurbelbetriebenen Funkgerät verbunden ist.

Beliebt sind ferner per Handkurbel betriebene Waschmaschinen und Wäschewringer, die es auch heute noch gibt – und sogar im neuen Design, wie weiter unten zu sehen ist.


Zu den muskelkraft- und kurbelbetrieben Fahrzeugen gehören auch die schienengebundenen Hilfsfahrzeuge, die in ihrer späteren Bauform auf ein Gefährt zurückgehen, das erstmals im Jahr 1842 in Karlsruhe durch den deutschen Forstbeamten und Erfinder Karl Freiherr von Drais erprobt wird, der als Konstrukteur der Laufmaschine (oder Draisine) auch den Vorläufer des Fahrrads schafft. Mehr darüber gibt es im Kapitelteil Reifen und Räder zu erfahren (s.u.).

Besonders bekannt wird die Handhebeldraisine, die sich insbesondere bei amerikanischen Bahnverwaltungen weit verbreitet: Auf einer Plattform stehend wird das Fahrzeug vorwärts getrieben, indem ein an einer Säule montierter, pumpschwengelähnlicher Hebel periodisch auf und ab bewegt wird, dessen Kraft dann über eine Kurbelschwinge auf die Räder übertragen wird.

Kurbel-Einrad Grafik

Kurbel-Einrad
(Grafik)

Als kurbelbetrieben kann man auch das Handfahrrad (Handbike oder Handcycle) bezeichnen, das mit dem Fahrrad oder dem Liegerad vergleichbar ist, aber allein durch die Arme angetrieben wird. Die modernen Nachfahren der Farfler-Gefährte werden erstmals 1983 in den USA gebaut.

Ein etwas eigener Vorläufer, der leider ohne Hinweis auf den Urheber in der August-Ausgabe 1929 des US-Magazin Modern Mechanix vorgestellt wird, ist ein mittels Handkurbel betriebenes Einrad, das von seinem Erfinder sogar patentiert, aber vermutlich nie umgesetzt wird.

 

Tatsächlich gebaut werden dagegen 1990 in Japan handkurbelbetriebene Rollerbälle, die von einer Firma C. W. (?) in Neuseeland entwickelt und produziert worden sind.

Unter dem Namen Monoroller werden die lustig-genialen Teile, die sich frei in alle Richtungen bewegen können, in einem Video-Clip gezeigt, aus dem auch das abgebildete Standfoto stammt, doch weitere Informationen darüber sind leider nicht zu finden - auch nicht, wann und wo die Aufnahmen gemacht worden sind.

Ähnliche, aber pedalbetriebene Modelle, werden unter den Einrädern vorgestellt.


Nach diesem Überblick über den Einsatz von Kurbeln in der Vergangenheit, kann der Neubeginn ihres Gebrauchs auf den April 1994 datiert werden, als das BBC Programm ,Tomorrow’s World’ über ein mit Federwerk versehenes, batterieloses Kurbelradio berichtet, dessen erstes Modell der Brite Trevor Graham Baylis im Jahr 1993 erfolgreich zum Funktionieren bringt, nachdem er das Patent für den zugrundeliegenden elektrischen Generator erhalten hatte (GB-Nr. 2262324).

Baylis möchte durch die Bereitstellung des dringend benötigten Zugangs zu Gesundheitsinformationen und Beratung dabei helfen, die Ausbreitung von AIDS in Afrika zu stoppen. Sein erster Prototyp läuft nach zweiminütigem kurbeln 14 Minuten lang. (Mit Federwerken versehene Geräte behandle ich im Kapitelteil zur Energiespeicherung, s.d.).

Sowohl der südafrikanische Unternehmer Rory Stear als auch der Firmenbuchhalter Christopher Staines erkennen das Potential des Produkts, und als ein Johannesburger Radiosender Einzelheiten über die Erfindung ausstrahlt, ist Hylton Appelbaum, Leiter der Liberty Life Group, ebenfalls stark beeindruckt.

Mit Unterstützung der Liberty Group und gemeinsam mit Baylis gründen Staines und Stear daraufhin im Jahr 1994 in Kapstadt die Firma BayGen Power Industries, holen sich für die technische Weiterentwicklung Hilfe von der Bristol University und beginnen schon kurz danach mit der Produktion des Radios. 1996 erhält das Freeplay Radio den Preis der BBC  für das beste Produkt und beste Design, und ab 1997 rollt bereits das Folgemodell Freeplay Radio 2 vom Band. Mit nur 30 Sekunden kurbeln kann es eine Stunde lang betrieben werden.

Im Jahr 1999 wird das britisch-südafrikanische Unternehmen mit Hauptsitz in London in Freeplay Energy Ltd. umbenannt und plant nun, bereits im Juni die Herstellung einer kompakten Version des Wind-up-Radios zu starten, die nur ein Drittel der Größe und das halbe Gewicht des ursprünglichen Modells hat.

Freeplay Radio

Freeplay Radio

Der Erfolg läßt nicht lange auf sich warten. Nur zwei Beispiele: Während des Kosovo-Krieges 1999 verteilt das Rote Kreuz Tausende von Kurbel-Radios, um mit Suchsendungen auseinander gerissene Familien wieder zusammenzubringen – und im Niger sind im Jahr 2002 ebenfalls Tausende Bewohner bereit, ihre Waffen gegen Freeplay-Radios einzutauschen.

Baylis fährt fort, neue Dinge zu erfinden, und im Juni 2001 absolviert er einen 100-Meilen-Fußmarsch durch die Namib-Wüste, um seine elektrische Schuhe zu demonstrieren und Geld für die Mines Advisory Group (MAG) zu sammeln, eine international tätige NGO, die Minen, leichte Waffen und Munitionsrückstände in aktuellen und ehemaligen Konflikt- und Krisengebieten räumt.

Seine stromerzeugende Fußbekleidung verwendet piezoelektrische Kontakte in den Fersen, um eine kleine Batterie aufzuladen, mit der ein Funk-Transceiver oder Mobiltelefon betreiben werden kann. Über solche Technologien findet sich mehr im Absatz Rucksack und Laufschuh.

Aufgrund seiner eigenen Erfahrungen mit den Schwierigkeiten, mit denen sich Erfinder konfrontiert sehen, gründet er die Trevor Baylis Foundation zur Förderung und Unterstützung von Erfindern und Ingenieuren mit Sitz in Staines, Middlesex, was wiederum im September 2002 zur Gründung der in Richmond, London, beheimateten Firma Trevor Baylis Brands plc führt, welche Erfindern professionelle Partnerschaft und Dienstleistungen bietet, Lizenzvereinbarungen sichert und bei der Gründung neuer Unternehmen mit guten Ideen hilft.

Im Laufe der Folgejahre werden von Freeplay diverse weitere Modelle entwickelt und hergestellt, z.B. das 360 AM & FM Radio, das Global SW Windup Radio, das BayGen (Baylis Generator) Freeplay SW Radio, das Plus AM/FM/SW Radio mit entnehmbarem LED-Notlicht sowie die Freeplay 2020 Kubel-Taschenlampe. Zwar nicht durch eine Kurbel, aber dennoch mittels Muskelkraft angetrieben wird die tragbare FreeCharge Weza Energiequelle, die Freeplay 2006 auf den Markt bringt (s.u. Treten und Tanzen).

Im gleichen Jahr gewinnt Freeplay den Innovation in Water, Sanitation and Energy Services for Poor People Award der Weltbank.

2007 wird die Produktpalette um einen ersten kurbelbetriebenen Eco Media Player für ca. 350 $ erweitert, bei dem eine Minute kurbeln 40 - 45 Minuten lang MP3-Hörgenuß erlaubt.

Der vollständig geladene Lithium-Ionen-Akku bietet Energie für 48 Stunden Musik oder sieben Stunden Video auf dem 2-Zoll LCD-Bildschirm. Ein super-heller LED ‚Fackel-Modus’ und der Einsatz als 3-Minuten-Handy-Ladegerät machen den Eco Media Player auch für Notfälle nützlich.

Indigo

Indigo

Ebenfalls neu dazu kommt die kurbelbetriebene Indigo-Lampe, die auch einen Ausgang zum Laden von Handys besitzt und rund 30 £ kostet.

Anfang 2008 bietet Freeplay Energy mit dem Freeplay Companion zudem ein kurbelbetriebenes AM/FM Radio an, das ein integriertes kleines Solarpaneel, LED-Lichter sowie einen Anschluß zum Aufladen des Handys besitzt – und dies zu dem äußerst günstigen Preis von etwa 30 $.

2009 gewinnt Freeplay den INDEX:Award für einen kurbelbetriebenen Herzfrequenzmonitor für Ungeborene, der in abgelegenen Gebieten der Dritten Welt die Geburt für Mütter und Kinder sicherer macht, wo fachgerechte Betreuung und Strom Mangelware sind.

Das einfach aufgebaute Gerät ist ausdrücklich für die rauhen Bedingungen des ländlichen Raums geschaffen, hat nur einen Ein/Aus-Schalter sowie eine Handkurbel zur Erzeugung des Stroms. Eine Minute kurbeln erlaubt 10 Minuten Betrieb. Die Herstellung erfolgt durch die 1992 gegründete Firma Ultrasound Technologies Ltd. im britischen Caldicot, South Wales. Es ist nicht ganz klar, ob das Gerät auch weiterhin produziert wird.

Die jüngsten Produkte von Freeplay sind das Tuf solar & wind-up Multiband-Digitalradio mit LED-Licht und kleinem Solarpaneel (5 V/30 mA), das kompakte Assist Radio, das für den humanitären Bereich gedachte Encore Primary Radio, das Encore Buddy Radio und viele andere kurbel- und solarbetriebene Geräte (Stand 2015).


Seit 1998 besteht zudem die ebenfalls von Rory Stear gegründete Freeplay Foundation, eine Londoner Stiftung, die Bedürftigen in der Dritten Welt die Anschaffung von Kurbelradios erleichtert. Ab Januar 1999 entwickelt, produziert und vertreibt sie Solar- und Kurbel-Media-Player und -Radios für den Unterricht und Gruppen-Zuhören und steht auch hinter einem Solar- und Kurbelradio für humanitäre Einsätze, das erstmals im Jahr 2003 vorgestellt wird – von dem Schauspieler Tom Hanks, der als ,US-Botschafter’ der Aktion auftritt.

Hinzu kommen Prototypen einer Ladestation für Beleuchtungszwecke, über die im November 2007 verlautet, daß damit in Kenia bald erste Feldtests stattfinden sollen. Außerdem will die Stiftung Frauen rekrutieren, welche die durch Kurbeln aufladbaren Lichter verkaufen und später auch warten und reparieren sollen.

Lifeplayer MP3

Lifeplayer MP3

Die Stiftung wird im Juli 2008 an den Geschäftsmann Devin Narang aus Neu Delhi verkauft und im April 2010 in Lifeline Energy umbenannt. Als das bisherige Radio im August 2010 durch das aufwendigere Multiband-Modell Prime Radio ersetzt wird, sind vor allem in Afrika südlich der Sahara bereits mehr als 215.000 Exemplare verteilt worden, mit denen schätzungsweise 10 Millionen Zuhörer erreicht werden.

Im September 2010 wird den Medien – wiederum durch Tom Hanks – der neue Lifeplayer MP3 vorgestellt: Durch die Kombination von Solar- und kurbelbetrieber Aufzieh-Stromerzeugung mit einem Licht sowie der Möglichkeit, MP3-Dateien abzuspielen, hoffen die Macher von Lifeline den Fernunterricht auf eine höhere Stufe der Benutzerfreundlichkeit zu heben. Um den Player bekannt zu machen wird auch die ,Sesamstraße’ genutzt. Das Unternehmen entwickelt außerdem das SolarStor Handy-Ladesolarpaneel und gründet zudem die Firma Lifeline Technologies Trading Ltd., deren Gewinne der Stiftung zufließen.

Bis 2015 werden mehr als 550.000 Exemplare der Radios und Media-Player verteilt. Wofür es natürlich diverse Preise und Auszeichnungen gibt.


Neben diesen Pionieren gibt es inzwischen diverse andere Firmen, die mit ähnlichen Produkten auf den expandierenden Markt kommen.

Handkurbelradio im Porsche-Design

Porsche-Design


Ein besonders interessantes und ästhetisches Design für ein neues Kurbelradio kommt aus dem Hause Porsche. Das Etón P9110 emergency radio wird im Mai 2006 vorgestellt. Neben einem Mehrbandempfänger besitzt es ein starkes LED-Blinklicht, eine Notruf-Sirene, ein rotes Warnblinklicht und kann zudem das Handy laden. Die Hülle besteht aus Gußaluminium, wiegen tut das Designobjekt mit Gebrauchswert 740 g, und kosten soll es 200 $.

Zum Hintergrund: Die involvierte Firma Etón Corp. in Redwood Citiy, Kalifornien, hatte 1986 – noch unter ihrem damaligen Namen Lextronix ihr erstes Kurzwellenradio Satellit 650 produziert, vermutlich auf Grundlage einer Lizenz von Grundig. Die Partnerschaft mit Porsche wird bereits 1997 begründet. Im Jahr 2002 zieht die Firma nach Palo Alto um – und  führt mit dem Modell FR200 das erste Notfallradio mit Handkurbel ein.

Als der deutsche Grundig-Konzern, der zweitweise als größter Rundfunkgerätehersteller Europas gilt, im April 2003 Insolvenz anmelden muß, wird die Lizenz für die Marke Grundig von der US-Vertretung Lextronix (Grundig Nordamerika) übernommen, die ihren Namen umgehend in Etón ändert.

In die Presse kommt das Unternehmen Anfang 2010 mit dem 50 $ teuren Modell Etón Scorpion, einem solarbetriebenen, outdoor-fähigen Radio in zwei Farben, das auch das Smartphone laden kann. Außerdem besitzt es einen Karabinerhaken aus Aluminium, eine LED-Taschenlampe – sowie einen Flaschenöffner (2015 beträgt der Preis 54,90 €).

Anfang 2011 folgt – im Rahmen einer seit 2006 bestehenden Partnerschaft mit dem amerikanischen Roten Kreuz – Etóns neue TurboDyne-Serie mit den Modellen Axis, Rover und Road Torq.

Axis

Axis

Beim Axis handelt es sich um das auch als Etón ARCPT300W bekannte Notfallradio (ARC steht für American Red Cross), dessen Ni-MH-Akku durch drei unterschiedliche Quellen aufgeladen werden kann: eine Handkurbel, drei AAA-Batterien oder einen AC/USB-Adapter.

Der praktischer Begleiter in Krisenzeiten, der sogar einen red dot Design Award erhält, kostet knapp 70 $ und besitzt u.a. eine LED-Taschenlampe, eine blinkende rote LED sowie einen AM/FM-Tuner. Zudem empfängt er alle sieben Wetter-Band-Kanäle der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA).

Der Rover ist im Grunde eine kompaktere Version des Axis, die sich allerdings ausschließlich auf den Kurbelbetrieb stützt, während mit dem Road Torq eine 1 W LED Taschenlampe für Kraftfahrzeuge angeboten wird, deren Li-Ion-Akku mittels einem Handkurbel-Dynamo aufgeladen wird. Das Gerät hat drei ausklappbare Stell-Füße und für die Absicherung einer Unfallstelle ein rotes Blinklicht im abknickbaren Kopf. Als Preis werden 39 € angegeben. Ein Teil des Erlöses jeden Verkaufs aus dieser Serie geht an das amerikanische Rote Kreuz.

Im Jahr 2012 bringt Etón die FRX-Reihe von Handkurbel-Radios auf den Markt, nämlich die Modelle FRX 1, FRX 2 und FRX 3 zu 25 $, 40 $ bzw. 60 $. Die beiden teureren Versionen besitzen neben einer Kopfhörerbuchse und allen wichtigen USB-Anschlüssen auch noch Solarzellen zum zusätzlichen Aufladen der internen Batterie. Das Top-Modell FRX 3 Sport ist dazu auch noch mit einer digitalen Alarmfunktion sowie einem Display zum Empfang von NOAA-Wetterwarnungen ausgestattet.

Ein weiteres Produkt ist die BoostTurbine, deren Sinn besonders klar wird, als im Oktober 2012 der Hurrikan Sandy über New York hinwegfegt und die Bewohner merken, daß sich mit Smartphones und iPads nur wenig anfangen läßt, wenn kein Strom aus der Steckdose kommt. Teilweise versammeln sich in der US-Metropole bis zu 50 Menschen gleichzeitig um die von der Stadt aufgestellten Notstromaggregate, um dort ihr Smartphone oder Tablet aufzuladen.

Power Turbine 2000

Power Turbine 2000

Etóns Lösung, die auch unter den Namen Power Turbine bekannt wird, besteht aus einem Kurbelgenerator mit internem Akku und ist mit 1.000 mAh (BoostTurbine 2000) und 2.000 mAh (BoostTurbine 4000) für 50 $ bzw. 60 $ verfügbar.

Eine Minute Kurbeln soll dabei für eine Gesprächszeit von etwa 30 Sekunden ausreichen, während die größere Version in der Lage ist (wenn vollständig geladen), den Akku eines Smartphones ebenfalls vollständig aufzuladen.

Inzwischen sind Etón und Lextronix auch in Europa unter dem neuen Markennamen Soulra vereint, das als eingetragenes Warenzeichen der Etón Corp. gilt und z.B. für Produkte wie die solarbetriebenen, kabellosen Offroad-Soundsysteme der rukus-Reihe steht.


Von dem im Januar 2006 gegründeten und im britischen Maidstone, Kent, ansässigen Unternehmen New Universal Products Ltd. wird während der British Invention Show 2007 ein etwas größerer Hand-Generator vorgestellt, der einen Wirkungsgrad von 95 % besitzen soll.

Der Uhuru Generator ist für den Einsatz in der 3. Welt gedacht und kann bis zu 20 Stück der 2 W verbrauchenden 100 $ Laptops (s.d.) bzw. 30 LED-Leuchten mit Strom versorgen.

Neben dem Betrieb mittels Handkurbel kann er auch die Stromeingänge von Photovoltaik-Paneelen und kleinen Windkraftanlagen regulieren sowie mit einer eigenen internen Pufferbatterie ausgerüstet werden.

Die Firma sucht allerdings noch nach Investoren, um ihre Entwicklung bis zu einer Leistung von 100 W weiterzuführen. Was augenscheinlich nicht klappt, denn sie scheint Mitte 2010 auflöst worden zu sein.

 

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