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MUSKELKRAFT

Lasten-Fahrräder (3)


Das erwähnte Open-Source-Projekt xyz spaceframe vehicles muß an dieser Stelle besonders hervorgehoben werden, da es das Thema Lastenfahrräder auf eine völlig neue Ebene hebt. Bei dem von N55 und Till Wolfer in Kopenhagen und Hamburg seit 2011 (?) betriebenen Projekt, dessen zeitliche Einordnung mir noch nicht gelang, werden neue Arten von Lastenrädern entwickelt, die sich auf eine lokale, sozial verträgliche Herstellung und eine modulare Anpaßbarkeit fokussieren.

XYZ Cargo bike

XYZ Cargo bike

Bei den Fahrzeugen handelt sich um (Lasten-)Fahrräder, die alle auf vorgefertigten Aluminiumprofilen und hochfesten Schraubverbindungen anstatt auf geschweißten Nähten basieren, was die Räder einerseits einfach und leicht anpaßbar macht und andererseits ihre Herstellung ohne große Produktionsanlagen und Transportwege ermöglicht. Mehr als eine Säge und ein Bohrer sind kaum nötig.

Und auch hier, sowie inzwischen ebenfalls in Wien, werden 3-tägige Workshops zum Selbstbau durchgeführt, deren Teilnahme 100 € kostet – während man für 1.350 € sein selbst gebautes XYZ Cargo bike im Stile eines Long John auch gleich mitnehmen kann. Bei diesem 245 cm langen und 56 cm breiten Rad, das eine Ladefläche von 49,5 x 69,5 cm, ein Gewicht von 27 kg und eine Zuladung von 90 kg hat, wird auf eine herkömmliche Gabel verzichtet und stattdessen werden doppelte Achsschenkel integriert. Als Option gibt es einen 250 W Elektro-Antrieb.

Daneben gibt es noch einen XYZ Twoseater aus dem Jahr 2012, ein Liegerad mit zwei gelenkten Vorderrädern und einer Ladefläche hinter dem Fahrer, welche Platz für Lasten oder eine mitfahrende Person bietet, sowie ein XYZ Cargo Trike mit zwei gelenkten Vorderrädern und einer dazwischen liegenden Ladefläche, das seit 2013 auch als XYZ Food Cycle Version angeboten wird. Im Jahr 2015 kommt zudem noch ein XYZ Cargo Fourwheeler hinzu.

Die Baupläne der Räder sind für eine nicht-kommerzielle Nutzung teilweise unter einer Open-Source-Lizenz im Netz frei verfügbar.

Im Rahmen der interkulturellen und solidarischen Medienprojekte in Potsdam und Brandenburg wird bereits 2013 die Idee eines MediaTrikes umgesetzt. Für das FrRaPo, das Freie Radio in Potsdam ist Erich Benesch zuständig. Bald darauf wird unter dem Logo MediaTrike als Dachmarke auch damit begonnen, die XZY-Lasenfahrräder zusammen mit Flüchtlingen zu bauen.


Der Spezialradhersteller Hase Bikes, der bereits im September 2010 mit seinem Dreirad Klimax 2K den Eurobike Green Award gewonnen hat (s.o.), stellt Ende 2013 mit dem neuen Pino Porter eine Lastenrad-Version des beliebten Stufentandems Pino vor, die bis zu 80 kg Zusatzgewicht stabil transportieren kann.

Schon zur Produktpremiere gibt es für die Kombination aus Transportrad und Tandem den Eurobike-Award, und im April 2014 kommt auch noch der renommierte Red Dot Award: Product Design hinzu.

Zu verdanken hat das das Rad die Auszeichnungen – neben dem Entwicklungschef Marec Hase – vor allem dem Produktdesigner und gebürtigen Portugiesen Paulo Mesquita, der als Spezialist für textile Formen u. a. das für das Rad charakteristische Porter Bag designt hat. Das Frachtrad für zwei  besitzt auch zwei derartige wasserdichte Ladetaschen: die obere faßt bis zu zu 40 kg oder 120 Liter Volumen, und genauso viel Last hält auch das aufklappbare Porter Rack aus, das als Gepäckträger unter dem Sitz angebracht ist und durch den tiefen Schwerpunkt das Rad auch voll beladen Fracht sicher und stabil laufen läßt. Zudem läßt sich das Pino mit wenigen Handgriffen an der Rahmenverbindung teilen – sowie auf Wunsch mit einem 250 W Radnabenmotor verstärken.


Bislang sind in dieser Übersicht keine Fahrrad-Anhänger erwähnt worden, da sie ja faktisch nur ,Anhängel’ sind. Doch auch in diesem Fall sind einige Ausnahmen gestattet.

Midget Bushtrekka

Midget Bushtrekka


Im April 2012 wird mit dem Midget Bushtrekka des Campingbedarf-Herstellers Kamp-Rite Tent Cot Inc. aus Sacramento, Kalifornien, ein leichter Fahrradanhänger für ausgedehnte Fahrradtouren oder Camping Abenteuer angeboten, dessen aufklappbares Ein-Personen-Zelt sozusagen ,überirdischen’ Schlaf erlaubt, was speziell in Gegenden mit lebhafter Fauna sehr angebracht ist.

Der 25,4 kg schwere Anhänger mit einem maximal zuladbaren Volumen von 108 Litern verfügt über einen Schwenklaufradsatz, bei dem die Räder auf jeder Seite unabhängig voneinander arbeiten und damit auch unebenem Boden leicht bewältigen.

Die Firma, die mit ihrer NOMAD-Reihe auch konventionelle Camping- und Touren-Anhänger anbietet, verkauft den Bushtrekka in den USA über Amazon für knapp 850 $. Glücklich wird sie mit ihrem Produkt aber nicht, denn die Radanordnungen versagen völlig. Die fehlenden Achsen verursachen häufige Brüche der Buchsen, welche die Räder halten – weshalb das eigentlich sinnvolle Teil inzwischen auch nicht mehr im Angebot ist.


Der Grund für die Erwähnung Ridekick Child Trailer der in Fort Collins, Colorado, beheimateten und von Mark Wanger und Ken Schrader gegründeten Firma Ridekick International ist, daß das Gerät mit einem Eigenantrieb ausgestattet ist, der das Vorwärtskommen erleichtert.

Der im Januar 2013 vorgestellte Kindertransporter bildet die Weiterentwicklung eines kleinen Fahrradanhängers mit 42 Liter-Stauraum und einer Batterie, die den Nabenmotor in einem der beiden Räder antreibt (Ridekick power trailer). Dieser 2011 präsentierte Range-Extender scheint bislang aber noch nicht in Produktion gegangen zu sein.

Das neue Gefährt, dessen austauschbarer Akku in die Rückseite des Anhängers eine Reichweite von 24 km (ohne zu treten) und eine Höchstgeschwindigkeit von über 30 km/h bietet, soll zu einem geplanten Verkaufspreis von 899 $ auf den Markt kommen. Eine IndieGoGo-Croudfundingkampagne zum Starten der Produktion ist jedoch nicht erfolgreich.

Brouhaha Bicycle Trailer

Brouhaha Bicycle Trailer


Käuflich schon zu erwerben ist hingegen der besonders lange Brouhaha Bicycle Trailer der Firma Rollout in Green Bay, Wisconsin, der ebenfalls mit einem Antrieb ausgestattet ist, der allerdings nur soviel Vortrieb entwickelt, wie es für das aktuelle Gewicht der Ladung notwendig ist, sodaß der Fahrer ansonsten wie normal in die Pedale treten muß.

Das schlanke Teil, das im Juli 2014 erstmals zu sehen ist, kann an jedes Fahrrad angehängt werden und ist lang genug, um sogar ein Kayak hinter dem Fahrrad herzuziehen. Und mit seinem 500 W Motor und dem 9 Ah oder 12 Ah Bleigel-Akku kann die Bruttoanhängelast bis zu 180 kg betragen.


Eine weitere, wenn auch ganz andere Ausnahme bildet der Vaxxwagon des 15-jährigen Anurudh Ganesan aus Indien, der im August 2015 in der Presse erscheint, als es die Erfindung bis zu einem Platz zwischen den Finalisten der Google Science Fair schafft. Den Research Award der Johns Hopkins University hat er da schon in der Tasche.

Ganesan nimmt sich der Problematik an, daß in vielen Gebieten der Welt Impfstoffe ihre Wirksamkeit verlieren, weil die notwendige konsistente und relativ kühle Temperatur  gerade auf der letzten Etappe ihrer Reise zu den Menschen, die sie weitab von Krankenhäusern dringend brauchen, nicht gesichert werden kann.

Die Lösung für den innovativen Impfstofftransport über die ,letzten Meilen’ ist ein kleiner Anhänger mit einer speziellen Kühleinheit, die auf Dampfkompressions beruht. Das sich selbst während der Fahrt mit Energie versorgende Transport-System – angetrieben durch Kraft von den Rädern – wird daher auch mit den Worten ,Kein Eis, Kein Strom’ beworben. Während es von Menschen oder Tieren gezogen wird, kann es über Stunden eine einheitliche Temperatur halten. Sowohl bei Tests auf dem Laufband, als auch von einem Fahrrad gezogen, wird eine konstante Temperatur von 2° - 8° C erreicht.

Bike Train

Bike Train


Zeitlich bislang nicht zuzuordnen ist der Bike Train, dessen Entwurf auf Geoff Apps und Jim McGurn zurückgeht, während der Rahmenbauer Simon Davey den Hauptteil der Gestaltung und Montage übernimmt.

Inspiriert wurde das Gefährt durch das oben abgebildete Armee-Tandem der niederländischen Armee von 1870, wobei ein ein handelsübliches Dreirad durch eine Reihe von Trailer-Einheiten ergänzt wird, die jeweils über ein eigenes Getriebe und Bremssystem verfügen und sich in Sekunden von der ,Zugmaschine’ abkoppeln lassen.

Hinter dem Dreirad sind die Einheiten mit universellen Gelenken angeschlossen – wie z.B. ein Gepäckanhänger, der für kurze Fahrten im Gelände auch als Sitz für ein kleines Kind dienen kann.


Im Januar 2014 stellt die von Morten Wagener, Morten Mogensen und Jakob Munk neu gegründete Firma Butchers & Bicycles ApS in Kopenhagen – benannt nach ihrem Standort im Fleischverarbeitungs-Bezirk der Stadt – mit dem Cargo Trike MK1 ein besonders schönes, einfach zu bedienendes und spannend zu fahrendes Lastenrad vor, dessen Besonderheit das patentierte Built-to-Tilt Antriebssystem ist, das eine erhöhte Stabilität in Kurven sorgt.

Die Cargo-Box des Lastenfahrrads, dessen Preise bei 3.395 € beginnen, hat eine vordere Zugangstür zusammen mit Halterungen für Kindersitze und eine maximale Tragkraft von 100 kg. Für den Fahrer ist ein abschließbarer Handschuhkasten mit Cupholder vorgesehen.

Unter dem Namen Mk1-e gibt es zudem ein Modell mit elektrischer Unterstützung in Form eines 250 W Mittelmotors nebst abschließbarem 12 Ah Lithium-Ionen-Akku. Hierzu paßt natürlich die Steuereinheit mit Hintergrundbeleuchtung. Hier beginnen die Preise bei 4.995 €.


Eine ganz andere Ziel-Klientel – nämlich obdachlose urbane Nomaden – hat das Housetrike im Auge, das im Juli 2014 in den Blogs erscheint und auf den ersten Blick wie ein ganz normales Fracht-Trike aussieht. Tatsächlich läßt sich das Pedal-Wohnmobil des niederländischen Konzeptkünstlers und Entdeckers Bas Sprakel jedoch auseinanderziehen, um zu einem arretierbaren ,Schlafwagen’ für eine Person zu werden.

Housetrike

Housetrike

Wenn es Zeit ist, das Fahrrad zu parken, gleitet die Erweiterung aus dem Inneren der Box und vergrößert die Fläche so um fast das Doppelte. Das Design beinhaltet zwei Bullaugen sowie zwei ausklappbare Stützbeine, so daß der Benutzer sicher hinein schlüpfen, den Klappkasten oben schließen, den Dachausbau zuschieben und das Ganze von innen verriegeln kann.

Sprakels Vision für obdachlose Menschen bietet eine Kombination von Transport, Unterkunft und Sicherheit. Nicht nur, daß sie ein ,Dach über dem Kopf’ haben, es schützt und transportiert auch ihre persönlichen Gegenstände wie Nahrung, Wasser, Kleidung und Werkzeuge und kann möglicherweise sogar ein Mittel für Einkommen bilden, z.B. durch Jobs wie Lieferservice oder Schrottsammlung.

Da das Housetrike nicht nur als ein interessantes Stück Kunst, sondern auch als praktische Lösung gedacht ist, verfolgt Sprakel Pläne zur Konstruktion, wobei das Gefährt so billig wie möglich, d.h. schätzungsweise zu einem Preis von rund 1.500 $ gebaut und durch eine gemeinnützige Organisation angeboten werden soll. Um das Trike bekannt zu machen, ist zudem eine Europa-Tour geplant. Es scheint allerdings nichts darauf hinzuweisen, daß es tatsächlich dazu gekommen sei.


Im September 2014 folgt ein multifunktionales Gefährt mit dem berauschenden Namen Kiffy Urban Tricycle, das durch seine Vielseitigkeit besticht.

Der Prototyp eines zerlegbaren Lastenrads, das klein, leicht und auch transportfähig ist, ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit des französischen Designers Patrick Jouffret vom Designstudio agency 360 und Norbert Peytour von Npinnovation. Die drei Räder mit der SWING-Technologie verschaffen dem Rad Stabilität und zugleich garantieren sie ein schwungvolles Kurvenfahrten.

Das innovative Klapp-Dreirad kann leicht in zwei gänzlich getrennte Abschnitte unterteilt werden, sodaß man den vorderen Teil ganz wie einen Rollkoffer mitführen und seine Einkäufe erledigen kann. Mit seiner Gesamtlänge von nur 145 cm benötigt es auseinandergenommen eine Standfläche von gerade einmal 57 x 53 cm.

Wenn es das kleine, nur 12,2 kg leichte Rad irgendwann zu kaufen gibt, soll es wahlweise mit Ketten- oder Riemenantrieb zu haben sein.


Eine Mischung aus Cargo-Trike, Velomobil und E-Bike, die das Beste der jeweiligen Technik in einem einzelnen Gerät kombinieren will, ist das Virtue Pedalist, welches erstmals im September 2014 auf der Interbike in Las Vegas, Nevada, vorgestellt wird.

Virtue Pedalist

Virtue Pedalist

Das Gefährt der seit 2009 in in San Diego, Kalifornien, bestehenden Firma Virtue Cycles von William Mulyadi verbindet das Speichvermögen eines Lastenfahrrads mit der Stabilität eines Dreirads, dem Hilfsmotor eines Pedelec und dem aerodynamischen Gehäuse eines Velomobils, das den Fahrer zudem vor den Elementen Schutz bietet, sei es Wind und Regen oder die Sonne.

In dem mit 89 cm Breite äußerst schmal konzipierten Gefährt kann man auf Radwegen fahren und durch Türen kommen, der Fahrer sitzt relativ hoch, die zwei Fronträder steigern die Stabilität und unterstützen den vorderen Laderaum und für die erhöhte Sicht- und Sichtbarkeit gibt es am vorderen und hinteren Teil Leuchten. An den Magnesium-Rädern befinden sich Scheibenbremsen.

Was diesen Entwurf von vielen seiner Vorgänger unterscheidet, ist die Personentragfähigkeit – denn hinter dem Fahrersitz gibt es einen Sitzraum für einen Erwachsenen, während es im vorderen Laderaum Platz gibt, um ein kleines Kind oder ein Haustier mitzunehmen, natürlich inklusive Befestigungsmechanismen für den Kindersitz.

Neben den reinen Pedalbetrieb kann bei schwerer Ladung oder Steigungen ein 750 W Elektromotor zugeschaltet werden, der von einem 48 V Lithium-Ionen-Akku versorgt eine Reichweite von gut 80 km bietet. Trotz des durchdachten Konzepts, das nun im Rahmen einer Kickstarter-Kampagne zu einem Frühbucherpreis von 3.999 $ angeboten wird, wobei als endgültige Verkaufspreise 3.499 $ ohne bzw. 4.499 $ mit Elektromotor und Batterie festgelegt werden, gelingt es nicht, genügend Unterstützer zu mobilisieren. Das gesetzte Ziel von 100.000 $ wird im Mai 2015 mit nur 15.229 $ von 30 Interessenten weit verfehlt. Trotzdem will das Unternehmen die erste Partie im November auf dem Markt haben.


Bereits im Januar 2015 ist die Deutschlandpremiere des Armadillo, einem Lastenrad auf vier Rädern und mit einer großen Ladekapazität, das von der im schwedischen Göteborg beheimateten Firma Velove entwickelt worden ist. Es ist robust genug, um größere, schwerere Lasten zu schleppen, während es gleichzeitig kompakt und schnell genug ist, um auf Radwegen zu navigieren, ohne diese zu verstopfen.

Armadillo

Armadillo

Der Prototyp nutzt die Vorteile des Liegerads, denn durch die niedrige Position des halbliegenden Fahrers wird ein niedriger Schwerpunkt erreicht, der es erlaubt, die Ladung über den Rädern statt wie üblich dazwischen zu positionieren. Dadurch ist der 305 cm lange Pedal/Elektro-Hybrid-Schlepper, inklusive seiner Cargo-Box mit einem Volumen von einem Kubikmeter, nur 86 cm breit, was viel schmaler ist als die üblichen professionellen Fracht-Trikes.

Nachdem der Velove-Mitbegründer Johan Erlandsson und die Design-Firma Kanter & Karlsson den ursprünglichen Entwurf vorlegen, konstruiert Erlandssons Vater die ersten beiden Prototypen. Im nächsten Schritt baut der niederländische Liegerad-Hersteller Flevobike einen dritten Prototypen. Dessen Ladekapazität wird noch getestet, sie soll irgendwo zwischen 125 kg und 150 kg liegen.

Die Kombination aus einer Nabenschaltung und einem zusätzlichen 250 W Antrieb verleiht dem Bike die Leistung und das Drehmoment die es braucht, um auch große Lasten steile Hügel hinauf zu schleppen. Der Antrieb erhält seine Energie von zwei Akkus von zusammen 64 Wh, die griffgünstig rechts und links hinter dem Sitz montiert sind. Zudem bildet das Konzept eine modulare Plattform, die auch flache, offene Anhänger vorsieht, um Lasten wie große Möbel zu transportieren, die nicht in eine Cargo-Box passen.

Das Unternehmen bewegt sich bereit in Richtung Produktion und hofft, noch im Laufe dieses Jahres oder Anfang nächsten Jahres erste Bestellungen aufnehmen zu können. Außerdem wird bereits an einem Zweisitzer gearbeitet. Als Preis des Armadillo werden 7.800 € genannt.


Ebenfalls im Januar 2015 startet auf IndieGoGo eine Kampagne der Nordischen Gesellschaft für Erfindungen und Entdeckungen (Nordic Society for Invention and Discovery, NSID) in Stockholm, einer Produktentwicklungs-Crew, die zusammen mit der Agentur Pjadad das weltweit kleinste, am besten entwickelte und vollkommen geschlossene Café-Fahrrad entwickelt hat.

Von dem preisgekrönten Startmodell Wheelys 1, einem 2.250 $ teuren nicht-elektrischen Trike mit Siphon-Kaffeemaschine und Butan-betriebenen Kocher, 10 Liter Thermoskanne nebst Auffangbecken sowie einem isolierten Fach für gekühlte Getränke und Snacks werden innerhalb nur weniger Monate über 30 Stück von unabhängigen Betreibern in Ländern wie Chile, Singapur, Jordanien, Indien, USA, Kanada, Deutschland und Schweden gekauft – und dort auch sehr erfolgreich eingesetzt. Was leicht nachvollziehbar ist wenn man erfährt, daß es nur 20 Cent kostet, eine Tasse Kaffee zu brauen, die dann für 2 $ und mehr verkauft wird.

Zudem wird äußerst selbstbewußt behauptet, daß Wheelys den besten Kaffee der Welt anbietet, da dieser mit einer Vakuum-Kaffeemaschine (Siphon-Brauer) bereitet wird, die ca. 1830 Jahren in Berlin erfunden wurde, in den letzten Jahrzehnten allerdings in Vergessenheit geraten ist. Und da der Kaffee so gut sei, sollen sich durch das Servieren von Kaffee, Sandwiches und auch gekühlten Getränken bis zu 1.000 $ pro Tag verdienen lassen.

Nun will sich die NSID die Mittel zur Produktion des neuen und verbesserten Wheelys 2 beschaffen, eines mobilen Coffee-Shops, der zwar 7.000 $ kosten wird, dafür aber auf einem stark ausgebauten Trike mit elektrischem Zusatzantrieb basiert. Zudem verfügt das Rad jetzt über elektrisch oder manuell gepumptes fließendes Wasser mit 20 Liter Wassertank, eine animierte LCD-Menütafel, die mit dem Smartphone des Fahrers verbunden werden kann, einen Lautsprecher für Musik, einen Router, der das Trike zu einen WLAN-Hotspot macht sowie ein Dach, das während der Fahrt abgesenkt werden kann.

Wheelys 3

Wheelys 3

Die Stromversorgung erfolgt über einen Onboard-Batteriepaket, das auch den Elektrohilfsmotor versorgt, wobei Sonnenkollektoren dabei helfen, die Batterie nachzuladen, während das Trike geparkt ist.

Die Kampagne ist im Februar mit 153.196 $ so erfolgreich, daß die NSID bereits im Juli nachlegt – und den Prototyp des Wheelys 3 vorstellt, das weit mehr ist als nur ein intelligent konstruiertes, mobiles Café. Statt einem hat die Brauerei nun drei Brenner, die herausgezogen werden, sobald das Trike steht, wobei deren Temperaturen drahtlos über eine benutzerdefinierte App gesteuert werden können. Zudem sind jetzt warmes und kaltes Wasser verfügbar. Als nützlicher Marketing-Gag gibt es außerdem einen kleinen Anhänger mit Mini-Gewächshaus für den Anbau von eigenen Kaffeepflanzen.

Und auch diesmal können bis August Einnahmen in Höhe von 383.555 $ verbucht werden, sodaß man wohl bald damit rechnen kann, diesen Rädern überall zu begegnen. Und dies, obwohl beim Wheelys 3 ein anderes Geschäftsmodell verfolgt wird: Kunden zahlen einmalig 2.999 $ sowie eine monatliche Franchisegebühr, und erhalten dafür regelmäßig die Kaffeebohnen und anderen markenspezifischen Produkte, die sie für ihr Fahrrad-Café benötigen.


In Deutschland berichtet die Presse im September 2015 über ein Projekt des Start-Ups coModule, das von dem Mechatroniker Kristjan Maruste gemeinsam mit drei weiteren Ex-Studenten der Technischen Universität Tallinn in Estland im Vorjahr gegründet und durch Startupbootcamp, einem Trainingslager für Jungunternehmer, von dessen Industriepartnern gefördert worden ist. Alleine dem High-Tech Gründerfonds, Deutschlands größtem Frühphaseninvestor, ist die Idee von Maruste eine halbe Million Euro wert. Weshalb es das Projekt wohl auch den Weg in die Mainstream-Medien schafft.

Passend zur aktuellen, breiten Diskussion um autonome Autos soll das Lastenfahrrad von coModule nämlich ebenfalls selbständig fahren können. Die Firma, deren Hauptsitz sich auf dem EUREF-Campus in Berlin befindet, stellt nun den Prototyp eines autonomen Bikes vor, das als das erste selbstfahrende E-Bike der Welt bezeichnet wird und mit 5 km/h über den Asphalt rollt.

Das Rad selbst ist ein normales Veleon-Serienmodell-Lastenrad, wie es auch die Deutsche Post einsetzt, das im vorliegenden Fall jedoch durch eine von coModule entwickelte Smartphone-App gesteuert wird, wobei das Hardware-Modul in Größe einer Streichholzschachtel, das zum autonomen Fahren benötigt wird, in Estland gebaut worden ist.

Nach Vorstellung der Gründer soll sich das Vehikel in Zukunft mittels einer ,Follow-me-Funktion, auch losgelöst vom Handy fortbewegen können – um beispielsweise dem Postboten zu folgen, Medikamente in Krisengebieten zu verteilen oder als Mietfahrrad zurück zu seiner Station zu finden. Neben der Elektronik für eine Bluetooth-Verbindung, eine SIM-Karte und GPS sammelt die Plattform zudem gezielt Daten, die sowohl für den Kunden als auch den Händler und den Hersteller wertvoll sein können: Wohin fährt das Rad, wie viele Kilometer legt es täglich zurück, wie weit reicht die Batterie?

Der Vorteil einer Lieferdrohne im Straßenverkehr ist dabei, daß deutlich weniger Energie verbraucht und mehr Gewicht transportiert werden kann, da die Ladung nicht in die Luft gehoben werden muß, wie bei den ebenfalls aktuell diskutierten Lieferungen mittels Quadrokoptern u.ä.

Boxer Rocket

Boxer Rocket


Im gleichen Monat erscheint auch der Boxer Rocket in den Blogs, der sicherlich nicht nur bei Zeppelin-Liebhabern Anklang finden wird.

Die britische Firma Boxer Cycles bietet für 4.950 £ ein nostalgisch wirkendes Gefährt an, in dessen Gondel Platz für vier Kinder ist, welche die Fahrt auf rot gepolsterten Sitzbänken mit Fünf-Punkt-Gurten genießen können. Die Beinkraft der Eltern wird durch ein Elektromotor-Antriebssystem ergänzt.

Die Vorsatzhaube verfügt über einen Innenstauraum, und auf der Außenseite befindet sich ein einziger Scheinwerfer mit Fern- und Abblendlicht. Dazu gibt es eine Warrnhorn, vorne und hinten Blinker sowie einen USB-Ladeanschluß für das Mobiltelefon. Als Sahnehäubchen wird sogar noch ein Jet-Motorklang-Simulator mitgliefert, um durch Fußgängerzonen röhren zu können, falls man das will.


Ebenfalls im September 2015 startet eine Kickstarter-Kampagne der Firmen Tern, einem Experten für Falträder in Los Angeles, und Xtracycle, einem Fachunternehmen für Lastenfahrräder in Oakland, Kalifornien, die sich zusammengeschlossen haben, um mit dem Cargo Node ein zusammenklappbares Longtail-Lastenfahrrad auf den Markt zu bringen.

Das auf der Eurobike in Deutschland erstmals vorgestellte Full-Size-Frachtrad mit einem Gewicht von 24,5 kg und einer Ladekapazität von 160 kg läßt sich für kompakte Lagerung und leichten Transport in 10 Sekunden auf 1/3 seiner Größe falten.

Im Oktober kann die Kampagne erfolgreich abgeschlossen werden, da 168 Unterstützer einen Betrag von 153.638 $ beitragen, um die Verwirklichung des Projekts zu ermöglichen.

MCS Truck

MCS Truck


Die im Jahr 1996 gegründete Firma MCS Paris Maderna KG aus Wien, die u.a. auch die in Goldfolie gepackte, pedalbetriebene Porsche-Nachbildung Ferdinand GT3 RS gebaut hat, die weiter oben unter den Fahrrad-Autos zu sehen war, bietet einen einspurigen Tieflader namens MCS Truck an, „der es mit Allem aufnimmt“, wie das Unternehmen schreibt.

Der LKW auf zwei Rädern, eine Entwicklung von MCS Maderna Cycle Systems, entstand auf Anfrage einer Tansanianischen Kaffee- und Kakao-Kooperative, deren Anforderung, 200 kg in Kaffeesäcken auf unwegsamen und engen Pfaden transportieren zu können, durch eine tiefliegende Ladefläche erreicht wird.

Für den Einsatz auf Europäischen Straßen und konzipiert für den professionellen Einsatz im Zustellservice und für Handwerksfirmen wird der Alleskönner mit leichtem, kürzerem Rahmen und adäquaten Antriebskomponenten produziert. Mit einem Gewicht ab 28 kg, einem Radstand von 212 cm und einer Ladefläche von 89 x 60 cm kann das Rad eine Nutzlast bis zu 120 kg transportieren – solange der Fahrer nicht schwerer als 80 kg ist. Als Optionen gibt es eine Truck-Transportwanne und einen Elektro- Nabenmotor.

Und wie man sieht, läßt sich damit sogar ein Öl-Barrel transportieren... fast schon nach dem Motto ,verkehrte Welt, (auch wenn ein solches im gefüllten Zustand etwa 175 kg wiegen würde).


Anzumerken ist noch, daß einige Fahrräder in Asien und Afrika Lasten bis zu 450 kg transportieren – ein Thema, das eigentlich eine eigene Betrachtung verdient.

Für Leser hier in Deutschland relevanter sind allerdings Informationen über Lastenrad-Sharing-Projekte, die mit Hilfe des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) realisiert worden sind, wie beispielsweise in Köln, wo seit Anfang 2013 das freie Lastenrad Kasimir des Vereins wielebenwir e.V. unterwegs ist.

In Hamburg gibt es einen Lastenesel namens Klara, in München heißt er Daniel und in Hannover Hannah. Sie alle können kostenlos ausgeliehen werden. Eine entsprechende Liste von fast 30 Freien Lastenrädern findet sich in dem Wiki dein-lastenrad.de.


Eine Datenbank der Lastenräder bietet der Verkehrsclub Deutschland e.V. an, die zum Zeitpunkt des aktuellen Updates Ende 2015 insgesamt 122 Ergebnisse verzeichnet. Eine weitere äußerst umfassende und gut gemachte Seite mit dem aktuellen Stand auf dem Markt der Nutzfahrräder stammt von Andreas Kuppinger. Das Portal elektrobike-online.com bietet zudem eine Fotostrecke mit einer Marktübersicht diverser E-Lastenrädern (Stand: März 2014), ähnlich wie das Portal cyclorama.net, das unter der Rubrik Cargo and Workbikes 13 Produkte aufführt.

 

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