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Solarhäuser und solare Bauelemente

Schwerpunkt Solarfenster (5)


Vom Massachussets Institute of Technology (MIT) wird derweil im August 2016 über die Entwicklung der drei Chemiker Prof. Mircea Dincă, Khalid AlKaabi und Casey R. Wade berichtet, deren selbstschattierendes Fenster schnell von klar auf dunkel umschalten – und dann ohne Stromanschluß in dem entsprechenden Zustand bleiben kann. Der entsprechende Bericht ist unter dem Titel ‚Transparent-to-Dark Electrochromic Behavior in Naphthalene-Diimide-Based Mesoporous MOF-74 Analogs‘ im Netz abrufbar.

Wie wir gesehen haben, ist dies nicht das erste Mal, daß elektrochrome Materialien verwendet werden, doch bislang brauchen die damit hergestellten Fenster noch ein paar Minuten, um sich zu verändern, da sich die positiven Ionen, die bei der Farbänderung helfen, langsam bewegen und den Verdunkelungsprozeß entsprechend verzögern.

Um dieses Problem zu lösen, verwenden die MIT-Chemiker Materialien, die als metallorganische Gerüste (MOFs) bekannt sind und Ionen und Elektronen schnell leiten. Es ist das erste mal, daß solche MOFs wegen ihrer elektrischen und optischen Eigenschaften genutzt werden, um Fenster schnell zu verdunkeln. Bislang werden solche Materialien wegen ihrer Fähigkeit, Gase in ihrer Struktur zu speichern, verwendet.

Außerdem werden die Fenster des MIT fast schwarz, und sobald sie mit Hilfe von etwas Strom dunkel werden, und bleiben dann auch dunkel, ohne Strom zu verbrauchen, bis erneut ein Schalter betätigt wird, um sie wieder aufzuhellen. Das neue Material entsteht durch die Kombination von zwei chemischen Verbindungen, einem organischen Material und einem Metallsalz. Nach dem Mischen verbinden sich diese selbst zu einem dünnen Film aus dem umschaltbaren Material.

Nachdem die Eigenschaften des Materials in einer Laborumgebung demonstriert werden konnten, besteht der nächste Schritt des Teams darin, für weitere Tests eine 1 Quadratzoll große Probe zu erstellen, um zu bestimmen, wie hoch die Herstellungskosten für solche Fenster sein würden – und um potentiellen Investoren das Wirkprinzip der Technologie zu demonstrieren.

Die Forschung wird durch das Center for Excitonics vom DOE unterstützt – und durch eine Kooperationsvereinbarung mit dem MIT teilweise auch das Masdar Institute mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Über weitere Entwicklungsschritte verlautete bislang noch nichts.


Im Dezember 2016 berichten die Fachblogs erstmals über das Ende 2010 gegründete und in Hayward, Kalifornien, beheimatete Startup Kinestral Technologies Inc. und dessen nach fast sechsjähriger Entwicklungszeit vorgestelltem elektrochromes Smart Tinting Glas, das manuell eingestellt oder so programmiert werden kann, daß es automatisch schaltet und 98 % des sichtbaren Lichts blockiert.

Die Firma, die auch eine Niederlassung in Taiwan hat, behauptet, daß das Halio genannte Glas in seinem klaren Zustand nicht von gewöhnlichem Glas zu unterscheiden ist, doch wenn die Sonne in die Räume hinein gleißt, kann es auf die richtige Tönung gedimmt werden. Der Farbton kann manuell über ein Wandpaneel, eine mobile App oder Sprachbefehle gesteuert werden – oder er paßt sich über Auslöser wie das Wetter, die Tageszeit oder den Sonnenstand automatisch an.

Anstatt ausschließlich zwischen völlig transparent und dessen Gegenteil wählen zu können, ermöglicht das Halio-System, daß sowohl einzelne Scheiben als auch ganze Gruppen auf verschiedene Farbtöne abgestimmt werden können. So kann beispielsweise ein neugieriger Nachbar im Norden daran gehindert werden, in die Räume zu schauen, während nach Westen gerichtete Fenster frei gelassen werden, um die untergehende Sonne optimal zu nutzen.

Die Kinestral hat die Technologie hinter dem Halio-Glas bislang nicht enthüllt und nur mitgeteilt, daß es weniger als drei Minuten (andere Quellen: etwa fünf Minuten) dauert, bis sich eine große Fensterscheibe von einem völlig klaren in einen vollständig getönten Zustand verwandelt. Auch, wie hoch der Preis eines solchen Systems sein wird, ist noch nicht bekannt. Das Glas soll im nächsten Jahr in bestimmten Märkten eingeführt werden während der globale Marktgang für 2018 geplant ist.

Halio

Halio

Im Januar 2017 wird gemeldet, daß die Firma in ihrer bereits dritten Finanzierungsrunde C den beträchtlichen Betrag von 65 Mio. $ von den Alt- und Neuinvestoren AGC Asahi Glass, Hermes-Epitek, 5AM Ventures, Alexandria Venture Investments, Capricorn Investment Group, Mitsubishi UFJ Capital und Versant Ventures eingesammelt hat. Mit der in Tokio ansässigen Asahi Glass Co. Ltd., der Mutterfirma des weltgrößten Glasherstellers AGC Group, war schon Mitte des Vorjahres eine strategische Partnerschaft eingegangen worden, um die Markteinführung der dynamischen Glasprodukte von Kinestral zu beschleunigen.

Um die Serienproduktion des Halio-Glases aufzunehmen, geht die Kinestral im März 2017 eine Partnerschaft mit der G-Tech Optoelectronics Corp. (GTOC) ein), einer Tochtergesellschaft der Foxconn Technology Group. Im Rahmen der Vereinbarung werden die beiden Unternehmen eine bestehende Touchpanel-Produktionsstätte der GTOC in Miaoli, Taiwan, entsprechend umbauen, was einer Gesamtinvestition von rund 100 Mio. $ entspricht. Die neue Linie wird die bestehende, begrenzte Produktionsstätte in Hayward ergänzen.

Die Umnutzung einer bestehenden Fabrik erspart der Firma den Bau einer Fabrik von Grund auf, was die Kosten erheblich reduziert und es ermöglicht, eine hochautomatisierte Produktionsstätte schnell aufzubauen. Die Renovierung der Produktionsstätte in Taiwan soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden, wobei die Serienproduktion von Halio-Glas mit einer Größe von bis zu 3 x 1,5 m ab Anfang 2018 beginnen soll. Das dort hergestellte Glas wird an Fertigungszentren in den USA, Europa und anderswo verschickt, wo es zu den Halio-Produkten verarbeitet wird.

Im April 2017 kann die Kinestral ihre erste Installation des neuen Halio Smart-Tinting-Glases im Büro der Alexandria Real Estate Equities Inc. in San Francisco präsentieren. Das Glas ersetzt das herkömmliche Glas eines großen zentralen Dachfensters über der Mitarbeiterlounge, um die durch die Sonnenstrahlen verursachte verstärkte Wärme zu reduzieren. Zudem wird es in zwei der Besprechungsräume installiert, wo es Glaswände schafft, die bei Verdunkelung zu hochmodernen Trennwänden werden, die bei Bedarf Privatsphäre bieten.

Mit dem North American Smart Glass New Product Innovation Award 2017 von Frost & Sullivan wird die Kinestral im August ausgezeichnet, und im November folgt der 2017 Product Innovation Award des Architectural Products Magazine.

Das Halio-Glas wird im September 2018 von dem US-Gebäudetechnik-Unternehmen Katerra für die Integration in intelligenten Häuser und Gebäuden ausgewählt, was auch eine Kapitalbeteiligung von Katerra an der Kinestral beinhaltet. Im Oktober beginnt die Fabrik in Miaoli mit den ersten Lieferungen an Kunden in Nordamerika und Europa. Bis Ende 2019 soll die Produktion der Fabrik auf 400.000 m2 Glas pro Jahr ansteigen.

Im Januar 2019 gibt die Kinestral bekannt, daß man unter der Führung von SK Holdings die Finanzierungsrunde D mit über 100 Mio. $ abgeschlossen habe, an der auch die bisherigen Investoren 5AM Ventures, Alexandria Real Estate, Capricorn Investment Group und Versant Ventures teilgenommen haben. Das Halio-Glas wird ausschließlich über Halio North America und Halio International SA verkauft, Joint Venture-Unternehmen, die Kinestral zusammen mit der AGC Inc. gegründet hat.

Das Glas, das bereit  ist in über 30 Ländern erhältlich ist, gibt es derzeit in zwei Varianten: Halio blockiert 98 % des sichtbaren Lichts, während Halio Black 99,9 % blockiert.

Im Juni 2019 meldet die Fiorma, daß sie mit der Vitrum Glass Group eine Partnerschaft eingegangen sei, um für mehrere kommerzielle Projekte in Nordamerika mehr als 100.000 m2 Halio-Glas zu liefern, die in der taiwanesischen Produktionsstätte hergestellt werden. Mit der Lieferung soll bereits in den kommenden Wochen begonnen werden. Im Juli wird eine europäische Version des Halio Cloud Control Systems eingeführt, die mit den Datenschutzgesetzen der Europäischen Union übereinstimmt. Kinestral beginnt Anfang letzten Quartals auch mit der Lieferung für Projekte in Europa.


Eine weite Newcomer-Firma ist die Vestaxx GmbH, deren Gründer Bradley Tinkham und Andreas Häger, ein Materialwissenschaftler und ein Elektroingenieur, die Idee hatten, transparentes Metalloxid (TCO) nanotechnologisch mit hohem Druck auf eine Scheibe aufzubringen und dann unter Strom zu setzen, um daraus eine heizende Fensterscheibe zu schaffen. Da die leitfähige Schicht 1.000 Mal dünner ist als das menschliche Haar, ist sie auf dem Fenster nicht zu erkennen.

Nach anfänglichen Versuchen mit 24 V, und dann immer mehr bis 220 V, entwickeln die beiden schließlich ein neuartiges Fensterheizungssystem für Wohnhäuser, das einem hohen Wirkungsgrad von bis zu 85 % (andere Quellen: 92 %) aufweist – und  gründen um um das Jahr 2016 herum in Berlin zusammen mit der Kauffrau Wiebke Kropp-Büttner das Start-up Vestaxx, das nach seiner Anmeldung als GbR bzw. GmbH i. Gr. schließlich im Februar 2019 als GmbH eingetragen wird.

Die Firma hat aber von Anfang an mit einem elementaren Problem zu kämpfen: Trotz der bis zu 85 % niedrigeren Investitionskosten gegenüber anderen Heizungen, wie sie behauptet, wird die innovative Technik von der Politik als „Stromheizung mit einem höheren Primärenergiefaktor als bei fossilen Energieträgern“ eingestuft. Und dies, obwohl die Versorgung der Heiz-Fenster auch zu 100 % durch regenerativ erzeugten Strom erfolgen könnte.

Zudem passen die 3-fach verglasten Spezialglasscheiben der Vestaxx in alle Fenstersysteme, wie es beispielsweise auf der Weltleitmesse FENSTERBAU FRONTALE 2016 in Nürnberg zu sehen ist, wo die Firma Schüt-Duis Fenster u. Türentechnik GmbH & Co. KG die Konzeptstudie eines Klimafensters 4.0 vorstellt, das die Funktionen Lüften, Wärmerückgewinnung und Heizen in einem Bauelement vereint – und auf dem Messestand fast 50°C abstrahlt, wie auf dem Thermometer zu sehen ist.

Klimafensters 4.0

Klimafensters 4.0

Grundlage des Fensters ist das glasfaserverstärkte Profilsystem Geneo von Rehau, in dem die Lüftungskomponente Inovent integriert ist, welche die verbrauchte Innenluft über den oberen Blendrahmen ansaugt und dann über einen im Profil integrierten Wärmetauscher nach außen abführt, während die frische Außenluft auf ihrem Weg in den Raum einen Filter sowie den Wärmetauscher durchströmt.

Mit dieser Studie wird nun erstmals die Kombination mit einem Flächenheizsystem vorgestellt, da die Schüt-Duis für die Verglasung des Klimafensters die Vestaxx-Technik verwendet und diese in Eigenproduktion zu Isolierglaseinheiten verbaut. Das Fenster wird so fester Bestandteil der Gebäudeheizung und löst gleichzeitig die bauphysikalischen Probleme eines Kondensatniederschlags sowie einer abfallenden Kaltluftströmung am Fenster.

Der technische Aufbau ist nicht sehr kompliziert: Die dem Wohnraum zugewandte Scheibe wird rückseitig erwärmt, und die beiden anderen Scheiben reflektieren mittels wirkungsvoller Glasbeschichtungen die Strahlungsenergie in den Wohnraum hinein. Zusätzlich sorgen zwei Wärme-Funktionsschichten für eine perfekte Isolation, so daß nahezu keine Wärme nach draußen entweicht.

Gesteuert wird das System wie bei einem Dimmer per Drehknopf oder W-Lan. Über eine App ist auch eine Fernsteuerung geplant, damit die heimischen vier Wände schon warm sind, wenn man nach Hause kommt. Ein Heat Controller sorgt zudem dafür, daß beim Öffnen des Fensters das Heizsystem automatisch abgeschaltet wird.

Ende 2016 gibt es lediglich Prototypen, aber im Gebäude des BTB-Firmensitzes in Charlottenburg in Berlin läuft auch schon ein erstes Projekt, bei dem ein Konferenzraum mit den Vestaxx-Heizfenstern ausgestattet wird, um zu ermitteln wie viel Heizenergie tatsächlich gespart werden kann. Für eine Markteinführung brauchen die Gründer aber noch kräftige Investoren, immerhin ist für die Produktion ein siebenstelliges Finanzvolumen notwendig.

Der Startschuß für die Markteinführung des Klimafensters 4.0 fällt auf der BAU 2017 im Januar in München, die Serienfertigung der Fenster selbst ist ab Mitte 2017 geplant. Eine Bestätigung dafür ließ sich bislang nicht finden, allerdings präsentiert das Husumer Unternehmen Talis Holzhäuser bei der Messe New Energy Home im März 2019 mit seinem Talishaus 2.0 ein nachhaltiges Energiesparhaus der Zukunft, das auf Kundenwunsch auch mit den Vestaxx-Infrarotheizungsscheiben geliefert werden kann.

Dabei ist auch zu erfahren, daß die Firma Talis seit Anfang 2019 Miteigentümer der Vestaxx ist.


Im Zuge der vertiefenden Recherche stieß ich allerdings auf die Glasmanufaktur Glas Herzog GmbH aus Waghäusel in Baden-Württemberg, die schon seit anderthalb Jahrzehnten unter der Marke Glastherm elektrisch heizbare Fensterscheiben anbietet.

Für das Emittieren der Infrarot-Wärme sorgt eine mehrlagige, nicht näher beschriebene Metallschicht, die im Vakuum auf der Innenscheibe des doppel- oder dreifachverglasten Isolierglases im Scheibenzwischenraum sitzt und leitfähig sowie unsichtbar ist. Mit einem Wirkungsgrad von ca. 90 % beträgt deren Heizleistung 20 – 350 W/m2.

Die Anschaffungskosten sollen etwa 460 € pro Quadratmeter Fensterheizung betragen, während die Betriebskosten um 5 – 10 % unter denen einer konventionellen Gas- oder Ölheizung liegen. Für einen Raum von 25 m2 Fläche, der nur über die Scheiben beheizt werden soll, braucht man 7 m2 Fensterfläche mit Fensterheizung. Als ideale Verbindung wird die Kombination mit dem Isolierglas ISOLETTE empfohlen, das eine im Scheibenzwischenraum integrierte Jalousie als Blendschutz besitzt. Das Unternehmen weist zwar eine ganze Reihe an Referenzen aus, die sich bislang allerdings nicht bestätigen ließen.


Im Juli 2017 folgen Meldungen über ein weiteres autarkes, elektrochromes Smart Window, das diesmal von einem Team der Princeton University unter der Leitung von Prof. Yueh-Lin ‚Lynn‘ Loo und dem Doktoranden Nicholas Davy entwickelt wird und mittels transparenter Solarzellen die UV-Strahlen des Sonnenlichts nutzt, die normalerweise nur blockiert werden. Ihr Projekt wird unter anderem von der National Science Foundation (NSF) und der Wilke Family Foundation unterstützt.

Um den Strom bereitzustellen, den die elektrochromen Fenster für die Funktion benötigen, ihren Farbton von klar auf dunkelblau zu ändern, stellt das Princeton-Team Solarzellen aus Hexabenzocoronen-Derivaten (cHBC) her, die so modifiziert werden können, daß sie einen bestimmten Wellenlängenbereich absorbieren. In vorliegende Fall sind die cHBC-Halbleiter so konzipiert, daß sie insbesondere UV-nahes Licht absorbieren.

Das gesamte System kann in einen dünnen, transparenten Film integriert werden, der sich anschließend über normale Glasscheiben legen läßt. Dabei wird die neue Technologie als  „intelligentes Management des gesamten Sonnenlicht-Spektrums“ bezeichnet, da die Verwendung der UV-nahe Strahlung bedeutet, daß die Solarzellen transparent sein und die gleiche Grundfläche des Fensters einnehmen können, ohne um den gleichen Spektralbereich zu konkurrieren oder ästhetische und gestalterische Einschränkungen zu setzen.

Systeme anderer Entwicklungslinien verwenden teilweise externe Stromquellen oder die Energie aus dem infraroten Teil des Spektrums. Das Problem bei letzterem ist, daß es einen Teil der Sonnenwärme ‚verbraucht‘, mit welcher der Nutzer sein Haus im Winter wärmen möchte. Dunkel(-blau) geschaltet kann das Princeton-System bis zu 80 % des sichtbaren Lichts ausblenden.

Längerfristig will das Team eine intelligente Folie entwickeln, die auch nachträglich auf bestehende Fenster aufgebracht werden kann – als drahtlose, intelligente Fensterlaminate, die von einem Smartphone aus steuerbar sind. Loo und Davy gründen hierfür schon 2017 ein neues Unternehmen namens Andluca Technologies LLC, um Partnerschaften, andere Anwendungen und Produkte zu entwickeln, die auf dieser, im Laufe von mehr als zwölf Forschungsjahren entwickelten Technologie basieren.

Zwar können bereits funktioniere Prototypen gezeigt werden, doch vor einer Produkteinführung muß die Technologie noch beträchtlich weiterentwickelt und skaliert werden. Einige Schritte auf diesem Weg werden mit 225.000 $ gefördert, die die Firma Andluca im Jahr 2019 von der NSF bekommt.


Ein Team unter der Leitung von Jacqui Cole, einer Materialwissenschaftlerin der University of Cambridge, Großbritannien, die derzeit am Argonne National Laboratory (ANL) in den USA tätig ist, bestimmt zum ersten mal die molekulare Struktur von aktiven Solarzellenelektroden in einem komplett montierten Gerät, das wie ein Fenster funktioniert. Dem Pressebericht vom November 2017 zufolge wurden die Experimente an transparenten, farbstoffsensibilisierten Solarzellen durchgeführt, die gut für den Einsatz auf Glas geeignet sind.

Dem Team zufolge wurden die bisherigen Versuche, Smart Windows zu entwickeln, durch die vielen unbekannten molekularen Mechanismen zwischen den Elektroden und dem Elektrolyten begrenzt, die zusammengenommen bestimmen, wie das Gerät funktioniert. Die meisten früheren Studien hätten die molekulare Funktion dieser Arbeitselektroden modelliert, ohne die Elektrolyt-Inhaltsstoffe zu berücksichtigen.

Auch die Versuche zur Charakterisierung der Farbstoff-Titandioxid-Grenzfläche in diesen Solarzellen beschränkten sich auf die Bestimmung dieser Grenzflächenstruktur in einer Umgebung, die der Luft oder einem Lösungsmittelmedium ausgesetzt ist. Aufgrund dieser Einschränkungen sind diese Solarzellenumgebungen im wesentlichen künstlich und haben eine begrenzte Relevanz für Fensteranwendungen.

Bei ihrer Arbeit verwendet das Team, das auch Wissenschaftler der Australian Nuclear Science and Technology Organization und des britischen Rutherford Appleton Laboratory umfaßt, die Neutronenreflektometrie, die es ermöglicht die Struktur dünner Schichten mit hoher Auflösung in situ zu messen, um die Funktion und das Zusammenspiel der Elektrolyt-Inhaltsstoffe mit den Elektroden der Solarzellen zu untersuchen. Was zu einer signifikanten Entdeckung führt, ist aber die Tatsache, daß die Tests in einem realen, fensterartigen System durchgeführt werden.

Die Ergebnisse zeigen nämlich, daß bestimmte chemische Inhaltsstoffe, von denen einige bisher übersehen wurden, die Leistung von Solarzellen deutlich beeinflussen können, und helfen besser zu verstehen, wie eine titandioxidhaltige Dünnschichtelektrode einen so großen Einfluß auf die Effizienz der Solarzelle haben kann. Das Wissen soll nun genutzt werden, um die Ionen zu optimieren und so die photovoltaische Effizienz zu erhöhen.

Cole zufolge sei nur noch eine moderate Leistungssteigerung erforderlich, um die Solarzellen wettbewerbsfähig zu machen, da die Herstellung von farbstoffsensibilisierten Solarzellen im Vergleich zu anderen Solarzellentechnologien sowieso schon sehr günstig ist.

Im September 2018 ist zu erfahren, daß die Verfahrenstechniker, Material-, Energie- und Bauwissenschaftler des ANL gemeinsam mit Kommerzialisierungsspezialisten der University of Chicago nun eine Nanopartikeltechnologie für Vanadiumdioxid (VO2) entwickelt haben, mit der sich solche Nanopartikel schnell und wirtschaftlich herstellen lassen. Das Patent für das Verfahren hatten die Forscher bereits im Mai erhalten, es steht zur Lizenzierung zur Verfügung (US-Nr. 9.975.804, angemeldet 2017).

Die Innovation beruht darauf, daß Vanadiumdioxid-Filme auf Nanopartikelbasis in thermochromen Fenstern bei hohen und niedrigen Temperaturen etwa doppelt so hohe Solarmodulationswerte haben wie Dünnfilmschichten. Die Solarmodulation ist die Menge an Sonnenenergie, die das Vanadiumdioxidmaterial bei niedrigen und hohen Temperaturen steuern kann. Darüber hinaus wirkt das Material schalterartig schnell und wechselt in Mikro- oder Nanosekunden vom Blockieren des Infrarotlichts zu dessen Durchlässigkeit.

Es war bereits bekannt, daß Vanadiumdioxid in Form von Nanopartikeln das leistungsfähigste Material für Smart Windows ist, doch niemand wußte bislang, wie man die Nanopartikelform schnell, kostengünstig und in einem Volumen herstellen kann, das kommerziell sinnvoll ist. Der bisherige Produktionsprozeß einer Charge der Dünnfilmschichten dauerte zwei bis drei Tage und beinhaltete das manuelle Einlegen und Entnehmen der Rohstoffe.

Die Argonne-Methode ist hingegen eine kontinuierliche ‚Flow-Processing-Technologie‘ mit hohen Temperaturen, der in einem Bruchteil dieser Zeit abläuft und nur wenige Minuten dauert. Außerdem werden damit Nanopartikel einheitlicher Größe gewonnen, was wiederum die Energieeffizienz des Materials verbessert.

Herkömmliche thermochrome Folien enthalten geordnetes Vanadiumdioxid-Material, das bei einer viel höheren Temperatur reagiert als solche, die mit elementdotierten Nanopartikeln hergestellt werden. Während die herkömmlichen Fenster ca. 68°C erreichen müssen, bevor sie beginnen, Infrarotwärme zu blockieren, erreichen Fenster, deren Vanadiumdioxid-Nanopartikel mit Wolfram dotiert sind, diese kritische Übergangstemperatur bereits bei bei 25°C.

Um die thermochrome Vanadiumdioxid-Technologie weiterzuentwickeln, wollen Jie Li, Ralph Muehleisen und ihre Kollegen die Partikelgröße von 100 nm auf 15 oder 20 nm reduzieren. Die kleineren Partikel bieten zwei Vorteile gegenüber den größeren: Sie streuen weniger Licht, wodurch die Fensterfolie transparenter wird, und sie modulieren die Infrarotwärme besser, was sie energieeffizienter macht. Sollte es also gelingen, das neue Verfahren zu kommerzialisieren, könnte es die Herstellung von Smart Windows wesentlich wirtschaftlicher machen.


Im Dezember 2017 stellen Wissenschaftler der australischen RMIT University um Prof. Madhu Bhaskaran ein Verfahren vor, bestehendes Glas mit dem relativ preisgünstigen und auch von diversen anderen Gruppen und Firmen genutzten Vanadiumdioxid zu beschichten, um daraus ein Smart Window zu machen, das sich ohne Stromanschluß tönen läßt.

Bei Oberflächentemperaturen unter 67 ºC  wirkt die nur 50 – 150 nm dicke, selbstregulierende Beschichtung als Isolator und verhindert, daß Raumwärme durch das Fensterglas entweicht, während sie das gesamte Spektrum des Sonnenlichts von außen herein läßt. Bei höheren Temperaturen verwandelt sie sich jedoch in ein Metall, das das Eindringen von Infrarot-Sonnenstrahlung verhindert.

Der ausführliche Bericht ist unter dem Titel ‚Insulator–metal transition in substrate-independent VO2 thin film for phase-change devices‘ im Netz abrufbar.


Im Januar 2018 wird eine weitere Gruppe bekannt, die sich mit Smart Windows befaßt: Materialforscher der Friedrich-Schiller-Universität Jena stellen den Prototypen eines schaltbaren Fensters vor, das sich mit Hilfe einer Spezialflüssigkeit auf Knopfdruck selbst verschattet und auch zur solarthermischen Wärmegewinnung nutzen läßt. Die Beschreibung erinnert ein wenig an das o.e. Fluidglas, das ebenfalls von der EU gefördert wurde.

Die Entwicklung in Jena erfolgte im Rahmen des Forschungsprojekts LaWin (Large-Area Fluidic Windows), das sich mit innovativen Materialien für intelligente Fenster- und Fassadensysteme befaßte und über den Zeitraum von 2015 bis Ende 2017 von der EU mit 5,9 Mio. € gefördert wurde. Weitere 2,2 Mio. € hatten die elf beteiligten Industriepartner beigesteuert, darunter die SCHOTT Technical Glass Solutions GmbH, die Flachglas Sachsen GmbH und das Folienwerk Wolfen GmbH. Auf wissenschaftlicher Serie waren die Bauhaus-Universität Weimar und die Beuth Hochschule für Technik Berlin beteiligt.

Kernthema des Projektes LaWin ist die Nutzung von Flüssigkeiten in Gebäudehüllen, zum Beispiel als Wärmeträger oder um zusätzliche Funktionen in Fenster und Fassaden zu integrieren. Hierfür entwickeln die von Prof. Lothar Wondraczek koordinierten Wissenschaftler neuartige Glaswerkstoffe, in die sich großflächige Kanalstrukturen integrieren lassen. In diesen Kanälen, die beim Glashersteller ins noch flüssige Glas einwalzt werden, zirkuliert dann eine für die jeweilige Anwendung geeignete Flüssigkeit.

In dem neusten Prototypen wird die Flüssigkeit mit Eisenpartikeln im Nanomaßstab angereichert, die sich mit Hilfe eines Magnets herausziehen oder, durch Abschalten des Magnets, wieder zuführen lassen. Abhängig von der Menge der in der Flüssigkeit enthaltenen Partikel nimmt die Flüssigkeit einen unterschiedlich starken Grauton an oder färbt sich komplett schwarz. Das Schalten durch Zu- oder Abführen der Partikel in die bzw. aus der Flüssigkeit erfolgt in einem separaten Tank. Ein elektrischer Anschluß am Fenster selbst ist nicht erforderlich.


LaWin-Fenster

Zusätzlich wird das einfallende Sonnenlicht zunehmend stark absorbiert, wodurch sich die Flüssigkeit erwärmt. Der dabei erzielbare Wärmegewinn pro Fläche sei vergleichbar mit dem üblicher solarthermischer Anlagen. Der Schlüssel für einen breiten Einsatz ist jedoch die Entwicklung entsprechender großformatiger Glasbauteile zu möglichst niedrigen Kosten.

Die Gläser müssen einerseits die Kanäle enthalten, andererseits über die gesamte Lebensdauer eines Gebäudes unverändert stabil bleiben und sich zudem mit geringem Aufwand in herkömmliche Rahmen von Zwei- oder Dreifachverglasungen integrieren lassen. Daß die drei Aspekte erfüllt werden, demonstrieren bis zu 120 x 130 cm große Prototypen verschiedener Entwicklungsstufen mit einer Gesamtfläche von rund 200 m2, die in Schweden, Spanien und Deutschland getestet werden.

Der im Dezember 2017 veröffentlichte und im Netz einsehbare Bericht trägt den Titel ‚A Large-Area Smart Window with Tunable Shading and Solar-Thermal Harvesting Ability Based on Remote Switching of a Magneto-Active Liquid‘. Nach dem Ende der Förderphase ist noch 2018 die Kommerzialisierung erster Anwendungen geplant.

Auf der Projekt-Homepage ist Ende 2019 zu lesen, daß LaWin-Produkte in Doppel- und Dreifach-Isolierverglasungen, hydraulischen Kühlpaneelen für Innenräume und vertikalen solarthermischen Kollektoren vermarktet werden. Demnach basieren diese Produkte auf optisch transparenten Glas-Glas-Kapillarelementen in Größen von bis zu 150 x 200 cm. Die Dicke der Elemente ist an die Dicke der einzelnen Glasscheiben angepaßt, die in Standard-Doppel- bzw. Trippelglasfenstern verwendet werden, um eine einfache Montage zu gewährleisten.

Je nach Anwendungsziel kann das Kapillarelement nach innen (zum Heizen/Kühlen), nach außen (als Solarwärmekollektor) oder in beide Richtungen ausgerichtet werden. Es ließen sich bislang aber keine nachprüfbaren Umsetzungen finden.


Im Februar 2018 präsentieren Ingenieure der University of Delaware (UDEL) unter der Leitung von Prof. Keith Goossen und Daniel Wolfe ein umweltfreundliches Paneel, das von transparent zu opak wechseln und als Grundlage für Fenster, Gebäudehüllen und Windschutzscheiben dienen kann, indem es im Winter Licht und Wärme aufnimmt bzw. im Sommer ebendiese reflektiert. Für die Herstellung des Prototypen wird die 3D-Drucktechnik verwendet.

Im Gegensatz zu den Mitbewerbern soll die Erfindung des Teams etwa ein Zehntel so teuer sein wie die anderer Versionen, und in ihrem transparenten Zustand auch transparenter bzw. in ihrem reflektierenden Zustand reflektierender als die Konkurrenz. Dabei ist die Umsetzung dieser Glastechnologie überraschend einfach.

Es beginnt mit zwei Kunststoffplatten, die durch einen dünnen Hohlraum getrennt sind. Der Kunststoff enthält winzige würfelförmige Strukturen, die das Material rückreflektierend machen, was bedeutet, daß es wie ein Fahrradreflektor Licht an seine Quelle zurückschickt. Dann wird die Kammer mit einer Flüssigkeit namens Methylsalicylat (o. Wintergrünöl) gefüllt – einem preiswerten Extrakt, der zufällig der Wirkstoff in einigen rezeptfreien Schmerzsalben ist.

Diese Flüssigkeit weist optische Eigenschaften und Wechselwirkungen mit sichtbarem Licht auf, die den optischen Eigenschaften des rückreflektierenden Kunststoffs entsprechen. Werden beide kombiniert, kann das Licht durchgelassen werden und das System wird transparent (Brechungsindexanpassung). In ihrer aktuellen Veröffentlichung zeigen Goossen und seine Kollegen, daß sich das smarte Glassystem tausendmal von transparent auf reflektierend umschalten läßt, ohne daß sich der Effekt verschlechtert.

Bereits auf der Konferenz ‚SPIE Smart Materials + Nondestructive Evaluation for Energy Systems IV‘ in Denver im März wird ein neues, verbessertes Design enthüllt, bei dem anstatt der Würfel auf die totale innere Reflexion von eindimensionalen Strukturen gesetzt wird, die senkrecht geschichtet sind. Damit wird das Paneel bei einem Einfallswinkel von bis zu 60° hochreflektierend, was eine signifikante Verbesserung gegenüber dem vorherigen Prototyp darstellt.

Das Team testet das System über nun einen weiten Temperaturbereich, um zu sehen, wie es sich vor allem dann verhält, wenn es sich Temperaturen zwischen 3°C und 16°C nähert, die dazu führen könnten, daß die Flüssigkeit im Inneren gefriert, je nach dem, welche Flüssigkeit verwendet wird. Ob und wann eine Kommerzialisierung folgen soll, wird noch nicht gesagt.

Labormodell der UBC

Labormodell der UBC


Chemiker der University of British Columbia (UBC) um Prof. Curtis Berlinguette stellen wiederum im März 2018 eine einfache, kostengünstige Technik zur Herstellung selbsttönender Fenster vor, die den Weg für eine breite Anwendung dieser energiesparenden Technologie weisen könnte, die derzeit etwa 500 – 1.000 $/m2 kostet.

Basierend auf einer im Labor von Berlinguette gemeinsam entwickelten Technik, die ohne hohe Temperaturen oder aufwendige Vakuumausrüstung funktioniert, lagert sich bei dem neuen Verfahren eine flüssige Lösung, die ein Metall-Ion enthält, auf Glas ab. Unter dem Einfluß von ultraviolettem Licht verwandelt sich die Lösung in einen Film, der das Glas beschichtet. Diese Folie ist völlig transparent, wird aber blau, wenn Strom hindurchfließt. Die Technik erzeugt eine gleichmäßige dynamische Beschichtung, ohne daß hierfür eine spezielle Instrumentierung erforderlich ist.

Ein weiterer Vorteil der Methode sei, daß sie mit vielen verschiedenen Metallen kompatibel und skalierbar ist. Zudem wird mit neutraleren Farbtönen experimentiert, damit die Fenster grau statt blau werden. Auch sollen die dynamischen Eigenschaften der Materialien weiter verfeinert werden, um die Leistung zu verbessern und große Fenster für den gewerblichen Einsatz herstellen zu können, die über einen längeren Zeitraum stabil sind.


Im Mai 2018 sind es Forscher der École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) und der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) in der Schweiz, die unter der Leitung von Andreas Schüler und Prof. Patrik Hoffmann neuentwickelte intelligente Fenster zeigen, welche durch Einbetten winziger reflektierender Spiegel transparent bleiben, aber auch selektiv Licht in den Raum lassen und gleichzeitig die Wärme fernhalten – und damit an die aktiven Fenster der Firma Von Waitzische Beteiligungen mbH und der Universität Kassel aus dem Jahr 2006 erinnern (s.d.).

Um die Anordnung der sogenannten Lichtsammellinsen (Compound Parabol Concentrator, CPC) herzustellen, nutzt die EPFL-Doktorandin Wei Cheng die hochkomplexe Laseranlage der Empa in Thun. Mit dem Präzisionslaser wird eine Masterform mit mikrostrukturierter Oberfläche konstruiert, in deren Mikrorillen im Anschluß Mikrospiegel aufgedampft und in einem Polymerfilm verkapselt werden. Dieser Film läßt sich dann bequem in eine herkömmliche Doppelverglasung einfügen.

Anhand der im Labor entstandenen ersten Prototypen können die Forscher belegen, daß die Idee funktioniert, die Tageslicht-Autonomie beträchtlich erhöht wird und der Verbrauch an Energie für Heizung oder Klimaanlage um 10 – 20 % gesenkt werden kann. Bei einem Lichteinfall von 60° leiten die Prototypen bereits 80 % des Lichts um – in nahezu horizontaler Richtung. Dies führt dazu, daß auch die hintersten Ecken eines Büros oder einer Wohnung besser ausgeleuchtet werden, was vor allem bei düstereren Lichtverhältnissen im Winter das Arbeits- und Wohnklima positiv beeinflussen kann.

In einem Pilotprojekt in Kooperation mit der BASF Schweiz arbeitet das Team bereits an einem Herstellungsprozeß, der es erlauben wird, die aus Millionen von Mikrospiegeln bestehende Fensterglasbeschichtung hochpräzise, schnell und kostengünstig zu produzieren.

Als Ende September der neueste Gebäudeteil des Forschungs- und Innovationsgebäudes NEST auf dem Empa-Campus in Dübendorf offiziell eröffnet wird, der den Titel SolAce trägt und auf knapp 100 m2 kombinierte Wohn- und Arbeitsräume enthält, soll dessen Fassade mehr Energie produzieren als die Einheit im Jahresverlauf verbraucht. Hierzu werden mehrere aktive und passive Fassadenelemente integriert, deren Technologien aus dem Labor in Lausanne hervorgegangen sind.

Neben PV-Modulen und solarthermischen Kollektoren kommt auch eine patentierte Technologie zum Einsatz, bei der Nano-Dünnschichten mit einer Dicke von 5 – 200 nm auf der Innenseite der Verglasung Interferenz-Farbeffekte hervorrufen, wie sie auf einer Seifenblase oder den Flügeln eines Schmetterlings auftreten. Da die Nano-Beschichtung sehr transparent ist, entstehen praktisch keine Absorptionseffekte und nur sehr geringe Energieeinbußen.

Die bereits patentierte Technologie wird zurzeit von der Firma SwissINSO in Lausanne zur Marktreife gebracht und kommt im NEST in einer grün-blauen Variante zur Anwendung. Und sobald ersten CPC-Fensterscheiben aus der Kooperation mit der BASF verfügbar sind, sollen diese ebenfalls in die SolAce-Fassade eingebaut werden um herauszufinden, ob sie den Alltagstest bestehen.


Die erwähnte, 2006 gegründete SwissINSO SA bezeichnet sich als ein Pionier in der Entwicklung und Anwendung neuer Solartechnologien und -produkte, welche auf die Verbesserung der Ästhetik und Gesamteffizienz von gebäudeintegrierten Photovoltaik- und thermischen Solarenergielösungen abzielen.

Kromatix-Solarglas

Kromatix-Solarglas

Nach einem Jahrzehnt angewandter Forschung in Zusammenarbeit mit dem EPFL finanziert und entwickelt die Firma eine spezielle, patentierte nanoskalige Mehrschichtabscheidung mittels Plasmaprozessen für die Farbbeschichtung von Kromatix-Solarglas, das als „das weltweit erste effektiv gefärbte Solarglas“ beschrieben wird.

Das 3,2 - 8 mm dicke Farbglas, das auf bestehende Solarmodule aufgebracht wird, erlaubt die Erzeugung der gleichen Energiemenge wie herkömmliche Module – mit nur geringen Effizienzverlusten. Mit der Kromatix-Technologie können Solarmodule in allen Formen und Größen und in verschiedenen Farben auf jeder Gebäudeoberfläche montiert werden, was völlig neue Möglichkeiten der architektonischen Gestaltung eröffnet.

Im September 2009 wird die SwissINSO von der Pashminadepot.com Inc. übernommen und zu einem 100 %-igen Tochterunternehmen umgestaltet, das unter dem Namen SwissINSO Holding Inc. in den USA eingetragen wird.

Die Installation der weltweit ersten farbigen Kromatix-PV-Module an einer Gebäudefassade in Lausanne scheint allerdings erst im Juli 2015 zu erfolgen – und zwar durch die Firma Emirates Insolaire LLC, einem Joint Venture der SwissINSO und der Dubai Investments PJSC. Weitere Projekte werden bald darauf in Basel und Österreich abgeschlossen.

Die Emirates Insolaire, Teil von Glass LLC – den Glaspionieren im Mittleren Osten – produziert die farbigen Solarglasmodule in der Produktionsstätte von Emirates Glass in Dubai und hat bereits Pläne für den Ausbau der Solarglasproduktion von gegenwärtig mehr als 1,5 Mio. m2 pro Jahr, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden. Die Kromatix-Solargläser sind in sechs Farben erhältlich.

Als Beispiel für eines der neuesten Projekte soll hier die im Januar 2017 fertiggestellte Copenhagen International School erwähnt werden, die nach Plänen von C.F. Møller Architects im Hafengebiet von Kopenhagen errichtet wurde. Ein besonders markantes Detail des containerartig gestalteten Baukörpers, der rund 67 Mio. € kostet, ist nämlich die schillernde Kromatix-Solarfassade, die insgesamt 12.000 PV-Module mit einer Größe von je 70 x 70 cm integriert und mit 300 MWh pro Jahr rund die Hälfte des vor Ort benötigten Strombedarfs abdeckt.

Interessanterweise wird graues Kromatix-Solarglas auch beim o.e. Automation Center von FESTO installiert – allerdings nur auf dem rautenförmigen Dach. Die Firma, die dieses Projekt verwirklicht, ist die deutsche Antec Solar GmbH aus Arnstadt, die sich als die „älteste Dünnschicht-Solarfirma der Welt“ bezeichnet und – nach zwei Insolvenzen – im Jahr 2014 mit den farbigen Solarmodulen für die Fassadenintegration auf den Markt kommt.

Das Unternehmen berichtet, daß man auch eine Solarschindel in der Entwicklung habe, welche ein Dünnschicht-PV-Modul mit dem Dachschindelsystem des Firma Böhme Systems GmbH kombiniert. Anscheinend ist die Sache aber nicht erfolgreich, denn später ist nichts mehr davon zu hören.

Ebenfalls mit dem Kromatix-Solarglas zugange – neben anderen Produkten – ist die 2015 gegründete Firma Kameleon Solar im niederländischen Roosendaal. Diese entwickelt zudem mit den ColorBlast-Modulen eigene monokristalline Solarmodule, die mit Keramikmustern bedruckt sind, so daß die Zellen bereits aus einer Entfernung von 5 m unsichtbar werden.


Im November 2018 wird in den Blogs über die Arbeit von Prof. Nicholas Fang am MIT berichtet, der im Jahr zuvor gemeinsam mit Forschern der University of Hong Kong ein Projekt begonnen hatte, um insbesondere in den heißen Sommermonaten den Energieverbrauch von Gebäuden zu senken. Dabei geht es um eine durchsichtige Beschichtung für Fenster, die bis zu 70 % der von der Sonne einfallenden Wärme reflektiert.

Fenster des MIT

Fenster des MIT

Das Forschungsteam untersucht verschiedene phasenverändernde Materialien als Mittel zur Eindämmung der einströmenden Wärme und setzt schließlich auf ein Material aus Poly(N-isopropylacrylamid)-2-Aminoethylmethacrylat-Hydrochlorid-Mikropartikeln (= pNIPAm-AEMA Hydrogel-Mikropartikl), das modifiziert wird, um Wärme besser abzuweisen. Diese Mikropartikel ähneln winzigen, transparenten, faserverflochtenen Kugeln und sind mit Wasser gefüllt.

Die daraus hergestellte Folie bleibt Dank der darin eingebetteten Mikropartikel bis zu einer Temperatur von knapp 30°C (andere Quellen: unter 32°C) nahezu durchsichtig. Alles darüber hinaus führt jedoch dazu, daß die Kugeln schrumpfen und die Flüssigkeit aus sich hinaus drücken, um enge Faserbündel zu bilden, die das Licht auf andere Weise reflektieren, der Folie das Aussehen von Mattglas verleihen und die Wärmezufuhr effektiv begrenzen.

Das MIT-Team schätzt, daß für jeden Quadratmeter Fensterfläche etwa 500 W in Form von Wärme durch Sonnenlicht eingebracht werden, und daß die Folie die Klimatisierungskosten eines Gebäudes um bis zu 10 % senken könnte, wenn alle nach außen gerichteten Fenster damit beschichtet würden.

Um die wärmeableitenden Eigenschaften der Folie zu testen, werden 30 x 30 cm große Glasscheiben mit der Mikropartikellösung beschichtet und mit dem Licht eines Sonnensimulators bestrahlt. Dabei ändert die wie ein autonomes System funktionierende Folie ihren Zustand, um ein ‚frostiges‘ Aussehen zu bekommen, das den Messungen zufolge 70 % der von der Lampe erzeugten Wärme abweist. In Zukunft plant das Team, weitere Tests der Folie durchzuführen, um zu prüfen, ob eine Optimierung der Formel ihre hitzeschützenden Eigenschaften verbessern könnte.


Forscher rund um Hin-Lap Yip von der South China University of Technology präsentieren im Juli 2018 eine Folie, die nur einen Teil des Lichts durchläßt und zusätzlich Solarstrom produziert. Dadurch, daß bei der für den Einsatz an Gebäudefenstern optimierten Folie Kohlenwasserstoff-Verbindungen zum Einsatz kommen, entstehen Strukturen, die flexibel und teilweise lichtdurchlässig sind.

Mit der semitransparenten organischen Photovoltaik (ST-OPV), profan auch Plastiksolarzellen genannt, gelingt es, das Sonnenlicht gewissermaßen aufzuspalten. So wird das UV-Licht und das meiste für die Erwärmung von Gebäuden verantwortliche Infrarotlicht reflektiert und gelangt so gar nicht erst ins Innere. Das sogenannte nahe Infrarotlicht wiederum wird verwendet, um daraus Solarstrom zu gewinnen, während der restliche Teil der Sonnenstrahlung durchgelassen wird, um weiterhin Licht in das Gebäude zu bringen.

Bisher ist dieser Ansatz aber noch nicht vollständig ausgereift und es existieren nur erste Prototypen. So passiert aktuell nur ein Viertel des Lichts tatsächlich die Folie, hinter der es also noch eher dunkel ist – dafür im besten Fall aber auch vergleichsweise kühl. Die Wissenschaftler hoffen daher, zukünftig ein besseres Verhältnis zwischen Helligkeit und Kühlung erreichen zu können. Zudem ist die Effizienz der Plastiksolarzellen mit 6,5 % noch deutlich niedriger als z.B. bei der klassischen Variante aus Silizium. Trotzdem sind  die beteiligten Forscher sicher, daß sie schon recht bald marktreife Produkte vorweisen können.


Im Oktober 2019 startet das mit 6,3 Mio. € von der EU geförderte 4-Jahres-Projekt Switch2Save, dessen Aufgabe es ist, Smarte Gläser – wie beispielsweise elektrochrome (EC) und thermochrome (TC) Fenster –nebst den dazugehörigen Fertigungsprozessen für eine bessere Kosteneffizienz und Verfügbarkeit weiterzuentwickeln. Dabei wird ein Konsortium aus zehn Universitäten, Forschungseinrichtungen und Industriepartnern aus sechs verschiedenen EU-Ländern das Energiesparpotential dieser Technologie in zwei konkreten öffentlichen Gebäuden demonstrieren.

Hierfür vorgesehen sind das zweitgrößte Klinikum Griechenlands, das staatliche Krankenhaus von Nikaia ‚Agios Panteleimon‘, sowie ein Bürogebäude in Uppsala, Schweden. Dort sollen für einen Jahreszyklus jeweils 50 Fenster und 200 m2 Glasfassadenfläche durch neue, intelligente Glaslösungen ersetzt und ein ‚Vorher/Nachher‘-Vergleich des Energiebedarfs in beiden Gebäuden durchgeführt werden.

Die Projektkoordination liegt in den Händen von John Fahlteich vom Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik (FEP).


Neben den diversen Solarfenstern gibt es auch verschiedene ,intelligente’ Blenden-Konzepte, wie jenes des Industriedesign-Studenten Damian Savio aus Longueville, der seine Abschlußarbeit an der University of Western Sydney, die er Lightway nennt, im Februar 2008 präsentiert.

Dabei handelt es sich um ein System, bei dem eine ankippbare Polycarbonat-Blende tagsüber Licht hineinläßt, während sie bei Dunkelheit selbst Licht spenden kann. Ich habe darüber bereits im Kapitel über OLEDs berichtet, da Savio die transparenten Solarzellen seiner Blenden mit solchen Leuchtflächen kombiniert (s.d.).

Die erforderliche Batterie, die während des Tages die absorbierte Sonnenenergie speichert, ist im Fensterrahmen versteckt, und rund vier Stunden direkte Sonneneinstrahlung reichen aus, die Solarjalousie mit der Stärke einer 60 W Glühbirne sechs Stunden lang leuchten zu lassen, sobald es dunkel geworden ist.

Blight Solarjalousie

Blight


Bei der Greener Gadgets Design Competition im Jahr 2009 scheinen ihn Vincent Gerken, Lise Capet und Judicael Cornu mit ihrer Solarjalousie Blight (auch: B-Light) nachzuahmen, denn auch hier speichern die flexiblen Solarzellen der Lamellen während des Tages Sonnenenergie, mit welcher die Innenräume dann nachts beleuchtet werden können. Anstatt OLEDs soll hier allerdings eine Elektrolumineszenz-Folie zum Einsatz kommen.

Der gewählte Name ist eine Kombination der englischen Wörter blind und light – und wie sich bei der Recherche herausstellte, bildete das Konzept bereits im Vorjahr dem Beitrag der drei Designer zum Feel the Planet Earth Wettbewerb. Es ist daher schwer festzustellen, wer der eigentliche Urheber dieser Idee ist.

Die beim Konzept Blight genutzten transparenten, organischen Solarzellen sind übrigens ein relatives neues Produkt der Firma Konakra (s.u.).


Auch zwei weitere Konzepte aus dem Jahr 2009 verdienen es noch erwähnt zu werden. Zum einen das System der italienischen Firma Ventro Ventilato aus Cesena, bei dem die Fenster Innenräume wunschgemäß erwärmen oder kühlen.

Hier wird ein kleiner, mit einem Sensor ausgestatteter Lüfter eingesetzt, der im Winter die zwischen der Glasschicht des Fensters und einem vorgesetzten, halbtransparenten Rollo frisch erwärmte Luft in die Innenräume bläst – während er im Sommer die erhitzte Luft in entgegengesetzter Richtung nach außen ableitet.

Über den Ansatz ist später jedoch nichts mehr zu finden - dafür bieten andere Firmen ähnliche, allerdings sehr viel aufwenigere Ventilationssysteme an, wie z.B. das Model Ventotherm von Schüco das 2014 auf den Markt kommt - oder das Smart Ventilation genannte fensterintegrierte Zu- und Abluftsystem mit Luftfilter, Wärmerückgewinnung und Sensorsteuerung der Firma VELUX Deutschland GmbH, dessen Verkauf im August 2015 startet.

Kwon Desig

Kwon Design


Ebenfalls etwas komplexer als die italienische Version ist der solarbetriebene Entwurf der Designerin Minjoo Kwon aus dem südkoreanischen Seoul.

Hier saugt ein über der Solarjalousie montierte Lüfter Innenluft an, die mittels Solarstrom aus den PV-Zellen der dicken Lamellen je nach Bedarf gekühlt bzw. erwärmt wird.

Abgegeben wird die Luft dann über Auslaßöffnungen an den Vorderseiten der Lamellen, die alle miteinander über einen serpentinenförmigen Luftschlauch verbunden sind.

Zusätzliche Energie, um auch bei geschlossenem Fenster eine kühle bzw. warme Brise zu simulieren, soll nicht benötigt werden.

Leider gibt es in diesem Falle keine Anzeichen dafür, daß der Entwurf in den Folgejahren umgesetzt worden ist.


Ebenso möchte ich auf die interessanten Solaren Fensterläden der Berliner Architektin Astrid Schneider hinweisen, erstmals im September 2003 zur Eröffnung des Solarzentrums Mecklenburg-Vorpommern in Wietow installiert werden.

Die mit Solarzellen der Sunways AG bzw. der Solarnova GmbH ausgestatteten Fensterläden werden in zwei Varianten ausgestellt, als ein dem historischen Vorbild angepaßter denkmalbezogener solarer Fensterladen mit grünem Rückseitenglas und opaken, grauen Solarzellen - sowie als moderner Fensterladen mit transparenten Zellen für eine Fenstertür.

Eine spezielle Metallkonstruktion mit zwei Hebelarmen ermöglicht eine halbkreisförmige parallele Klappbewegung, sodaß der Fensterladen mit der solar-aktiven Seite im geöffneten wie im geschlossenen Zustand immer nach außen und damit zur Sonne ausgerichtet ist. Leider hat sich das Konzept auf dem Markt bislang nicht behaupten können.

Solar Shutter

PV Solar Shutter


Im April 2011 in den Fachblogs die PV-Fensterläden der US-Firma Plug’n Save Energy Products vorgestellt. Die maßgeschneiderten, stromerzeugenden Fensterläden des Erfinders David Curran sind insbesondere für Nachrüstungen und Gebäude gedacht, die ansonsten keine Solarenergie implementieren können, einschließlich Eigentumswohnungen und Bürogebäude.

Die Kunden können ihre Fensterläden an die Firma senden, von wo aus sie ihre Fensterläden mit PV-Zellen zurückerhalten, die in die Lamellen eingebettet und zur Stromerzeugung verdrahtet sind.

Daneben gibt es auch vorkonfektionierte Produkte. Das Modell PV Solar Shutter für Glastüren beispielsweise hat die Maße 60 x 200 cm, einen Bambusrahmen, produziert 120 W und kostet 1.480 $. Inzwischen ist die Firma allerdings völlig aus dem Netz verschwunden.


Im November zeigen die Designer Lim Wan Xuan und Tang Xueling Jane von der Firma XentiQ Pte Ltd. mit ihrem Liteon Eco Leaf ein erstaunlich einfaches Sonnenschutzkonzept, das eine attraktive Alternative zu schweren Rollos oder Jalousien darstellt.

Die aufrollbaren Vorhänge des wartungsarmem, geschlossenen Systems sind mit Solarzellen besetzt, die sich tagsüber aufladen und gleichzeitig das harte Sonnenlicht blockieren. Natürliches Licht scheint immer noch durch das halbtransparente Gewebe.

Am Abend strahlen die blattförmigen OLEDs der Jalousien dann Licht in den Raum. Ein kleines E-Tinte-Display in einer der Ecken zeigt die aktuelle Raumtemperatur oder die Zeit an. Zwar taucht die Innovation in den Folgejahren mehrfach in den Blogs auf, doch Schritte zu einer Umsetzung haben die Designer bislang nicht unternommen.

SolarGaps

SolarGaps


Dies tut hingegen das 2015 gegründete und in Los Angeles beheimatete Startup SolarGaps, das im Mai 2017 von sich reden macht, als es seine gleichermaßen SolarGaps genannten Sonnenblenden für Fenster vorstellt, die Strom erzeugen. Schließlich eignen sich solche Blenden besonders gut, um mit Solarzellen versehen zu werden, weil sie aufgrund ihrer Funktion ohnehin regelmäßig mit Sonnenstrahlen in Kontakt kommen.

In besonders heißen Ländern können die Sonnenblenden daher auf zweifache Art und Weise zum Klimaschutz beitragen. Zum einen indem sie das Aufheizen eines Raums verhindern, so daß dieser weniger stark gekühlt werden muß. Und zum anderen eben durch die Produktion von sauberem Strom, der dann direkt vor Ort verbraucht werden kann. Innen angebracht, werden pro Tag rund 50 Wh produziert, außen montiert können es bis zu 100 Wh werden.

Die Solar-Sonnenblenden mit ihren monokristallinen SunPower-Zellen gibt es in verschiedenen Größen und Längen. Sie lassen sich prinzipiell in jeder Wohnung und an jedem Fenster anbringen, sind zudem mit einem Sensor versehen und können sich so automatisch nach dem Stand der Sonne ausrichten. Ebenso lassen sie sich über eine App steuern oder mit anderen Heimnetzwerken verbinden.

Die SolarGaps sind die Idee von Yevgen Eric, einem ukrainischen Erfinder, der mit seinem Team zwecks Finanzierung der Produktion nun eine Crowdfunding-Kampagne auf der Plattform Kickstarter startet, wo Unterstützer ab 390 € in das neue Produkt investieren können. Dabei kommen schnell über 100.000 € zusammen, und die Auslieferung beginnt tatsächlich bereits im September 2017.


Nicht ganz so innovativ, aber trotzdem recht sinnvoll, ist ein im März 2016 präsentiertes Gerät namens FlipFlic SmartBlinds, das es ermöglicht, bestehende horizontale und vertikale Jalousien von bis zu 152 cm Breite zu automatisieren und über eine zugehörige mobile App zu steuern. Dies kann das Zuhause energieeffizienter und sicherer machen. Ein von Ksenia Vinogradova in San Francisco gebildetes Team hatte 2014 die gleichnamige Firma FlipFlic (Anfangs: Comfee) gegründet, ersten Prototypen gebaut und die Technik später in Estland weiterentwickelt. Geld gibt es von einem indischen Investor.

Mit dem FlipFlic kann je nach Sonneneinstrahlung auf Knopfdruck oder mittels einem Zeitplan die Menge an natürlichem Licht maximiert, die Temperatur reguliert,  Klima- und Heizenergie gespart sowie der Eindruck erweckt werden, daß immer jemand zu Hause ist.

Das Gerät selbst soll schnell zu installieren sein, wobei man nur den vorhandenen Stab lösen muß, der gedreht wird, um Jalousien zu öffnen oder zu schließen und den FlipFlic an seine Stelle anbringen, der die Arbeit mittels eines winzigen Motors macht. Eine Version für Jalousien, die durch Schnüre oder Bänder gesteuert werden, soll bereits Arbeit sein.

Besonders clever ist, daß der FlipFlic mit einem Solarmodul ausgestattet ist, über das er vollständig mit Strom versorgt wird. Die Solarzellen werden an der Innenseite des Fensters befestigt und laden einen 500 mAh LiPo-Akku, so daß das Gerät nicht an das Stromnetz angeschlossen werden muß. Darüber hinaus verfügt es über einen Timer, einen Licht- sowie einen Temperatursensor und kann in andere Smart Home Systeme integriert werden.

Auch in diesem Fall startet das Team eine erfolgreiche Kickstarter-Kampagne, die über 93.000 $ einbringt, fast das doppelte des Zielbetrags. Eine weitere Kampagne auf Indigogo bringt nachmals 122.000 $. Der Preis für den der FlipFlic samt PV-Paneel beträgt dabei 85 $. Wenn alles nach Plan verläuft, wird die Serienherstellung in China im Oktober 2016 – und der Versand Januar 2017 beginnen. Seltsamerweise läßt sich dafür keine Bestätigung finden, und auch die Firma ist inzwischen unauffindbar.

Dafür wird Ende 2019 auf Amazon ein MySmartBlinds Automation Kit + Solar Panel Charger für 159 $ angeboten, bei dem es sich um ein relativ ähnliches, technisch aber aufwendigeres Produkt handelt.


In diesem Zusammenhang erwähnenswert ist ein anpassungsfähiges Beschattungssystem, das sich ohne Sensoren oder Motoren selbständig im Tagesverlauf einstellt, und zudem weitgehend wartungsfrei ist. Dazu kurz der Hintergrund:

Im April 2015 erscheint erste Bericht über autonome Steuerungen für den Außenbereich, die beispielsweise die Verschattungen von Gebäuden oder ganz Solarpaneele bewegen (Solar-Tracker), wobei die witterungsabhängige Steuerung nur mittels Holz erfolgt, das auf Veränderungen der Luftfeuchtigkeit reagiert – ohne jegliche Elektronik und somit ganz ohne Stromverbrauch (‚Bio-Inspired Wooden Actuators for Large Scale Applications‘, im Netz einsehbar).

Die Arbeien beruhen auf Forschungen an der ETH Zürich unter Leitung von Prof. André Studart, über die bereits im Kapitel Micro Energy Harvesting unter dem Stickwort Verdunstungsgenerator ausführlich berichtet wurde (s.d.).

Der aktuelle Ansatz von Markus Rüggeberg, Ingo Burgert und ihrem Team an der ETH und der Empa basiert auf dem Effekt, daß vom Baum feucht gehaltene Tannen,- Fichten-, oder Kiefernzapfen die Samen fest umschließen. Sobald der Zapfen aber trocknet, wenn das Wetter für die Samenverbreitung günstig ist, öffnet er sich wie ein Schirm. Bei Regen oder Nebel bleibt er hingegen geschlossen.

Diese Bewegung ist im Grunde jedem Holzfachmann bekannt: Durch Schwinden und Quellen entstehen kraftvolle Bewegungen im Holz, die man normalerweise zähmen und möglichst erst gar nicht aufkommen lassen möchte. An der ETH wird aber  gerade das Gegenteil erforscht, indem nach der kontrollierten Nutzbarkeit dieser Bewegungen gesucht wird.

Das dabei umgesetzte Prinzip ist denkbar einfach: Holzzellen werden mit zunehmender Feuchtigkeit nicht länger, aber dicker. Entsprechend ist die Bewegung in radialer und tangentialer Richtung bei einem ganzen Holzstück groß und auch kräftig. In Längsrichtung passiert hingegen fast nichts. Werden also zwei Holzbretter so aufeinandergeschichtet und verleimt, daß die längslaufenden Holzfasern des ersten quer zu jenen des zweiten ausgerichtet sind, und nimmt das Holz dann Feuchtigkeit aus der Luft auf, verformen sich die zwei Schichten in unterschiedliche Richtungen.

Nadelbaumzapfen

Nadelbaumzapfen

Weil sie aber fest verleimt sind, biegt sich das Ganze, während es auf die Ursprungsform zurückgeht, sobald es wieder trocknet. Das Ganze erinnert an Bi- o. Memorymetall, das allerdings auf Temperaturschwankungen reagiert. Rüggeberg hatte in unzähligen Experimenten das passende Holz, nämlich Buche und Fichte, sowie die richtige Form der Bretter bestimmt. Gefeilt wird nun noch an feinen Abstimmungen, die eine exakte Bestimmung der Bewegung ermöglicht, so wie sie die den Schuppen der Zapfen abläuft.

In diesen Kontext paßt, daß im Januar 2017 ein Bericht der Universität Freiburg veröffentlicht wird, dem zufolge Simon Poppinga und seine Kollegen drei fossile Nadelbaumzapfen genauer untersucht haben um herauszufinden, wie haltbar dieses genial einfache und sparsame System ist, das vollkommen passiv abläuft, ausschließlich auf Wetterveränderungen reagiert und keine Stoffwechselenergie verbraucht.

Bei bei den Schuppen, die ebenfalls aus zwei miteinander verbundenen Schichten aus Zellen bestehen, nimmt die untere Schicht bei höherer Luftfeuchte Wasser auf, schwillt dabei an und nimmt um rund 20 % an Länge zu, während die obere Schicht auch bei Feuchtigkeit stabil bleibt. Und weil beide miteinander verwachsen sind, führt das Längenwachstum der unteren Schicht zu einer Biegung der gesamten Schuppe.

Bei den Untersuchungen mittels Mikrotomografie an einem 126.000 – 113.000 Jahre alten Kieferzapfens, der 1965 in einer Kohlemine entdeckt wurde, sowie einem zweiten Kiefernzapfen und dem Zapfen einer Stechtanne aus einem Braunkohlentagebau bei Frechen, die unglaubliche 11,5 – 16,5 Millionen Jahre alt sind, stellt sich heraus, daß die verkohlten Strukturen dieser fossilen Nadelbaumzapfen noch immer in der Lage sind, die passiven hydraulischen Bewegungen durchzuführen. Diese fallen zwar kleiner aus als bei frischen Zapfen, entsprechen aber in ihren Biegebewegungen denen heutiger Zapfenschuppen.

Im November 2017 erscheint dann der erste Bericht über die mehrjährigen Forschungen von Chiara Vailati im Rahmen ihrer Doktorarbeit bei Prof. Ingo Burgert am Institut für Baustoffe der ETH, in welcher sie das eingangs erwähnte Beschattungssystem konzipiert, das mehrere parallel angeordnete Lamellenpaare aus Holz verwendet um eine Art Dach zu bilden, das sich autonom öffnet und schließt. Die Konstruktion kann beispielsweise waagerecht über einem Fenster an einer Hausfassade befestigt werden (‚Upscaling of wood bilayers: design principles for controlling shape change and increasing moisture change rate‘).

Ein weiterer Bericht wird im Januar 2018 veröffentlicht (‚An autonomous shading system based on coupled wood bilayer elements‘), und ein kleiner Prototyp des Beschattungssystems befindet sich auf dem Dach eines ETH-Gebäudes. Es wurde im Vorjahr von ETH transfer in die Kategorie der besten 20 Erfindungen des Jahres aufgenommen, zum Patent angemeldet und kann derweil lizenziert werden.

Solar Curtain

Solar Curtain


Die recht primitiv wirkende Version eines Solarvorhangs präsentiert Anfang 2018 das von  Ahmet Fuat Yalcin gegründete türkische Entwicklungsunternehmen Yalcin Renewable Energy Systems Industry Trade Co. mit Sitz im Technopark der Yildiz Technical University.

Im Angebot sind neben dem hier abgebildeten faltbaren Solarvorhang noch ein vertikal zu installierendes, sowie ein Gleitmodell, das an einer Schiene hängt. Die Farbe, das Design und der Stoff des Solar Curtain kann individuell gewählt werden. 4 m2 des Solar Curtain sollen bis zu 1,4 kWh Energie pro Tag erzeugen, die eingesetzten PV-Zellen hätten einen Wirkungsgrad von 22 %.

Es ist bisher nichts darüber zu finden, daß das Produkt tatsächlich vertrieben wird, vermutlich, weil es noch nicht marktreif ist. Sobald sich dies ändert oder andere, vergleichbare Produkte auf dem Markt erscheinen, wird es hier erwähnt.


An dieser Stelle sei noch darauf hingewiesen, daß ein Entwicklerteam der Schweizer Firma STOBAG bereits im Jahr 2006 auf der R+T 2006 den Prototypen einer Solar-Markise vorgestellt hatte, welche nicht nur Schatten spendet, sondern die eingestrahlte Sonnenenergie auch gleich in elektrischen Strom umwandelt – was äußerst sinnvoll ist, da Markisen fast immer mehr oder minder nach Süden ausgerichtet sind und zudem im zusammengerollten Zustand kaum Fläche beanspruchen.

Die wichtigste Voraussetzung für die Solar-Markise stobosol sv2300 concept, aufrollbare Solarzellen mit ausreichendem Wirkungsgrad, hatte die Firma in enger Zusammenarbeit mit Spezialisten optimiert. Obwohl diese bereits ca. 50 W/m2 leisten, soll der Wirkungsgrad dieser flexiblen Paneele in naher Zukunft noch deutlich gesteigert werden.

Um in jeder Jahreszeit eine optimale Ausrichtung der Solarzellen gegenüber der Sonne zu erreichen (im Idealfall 90°), kann der Neigungswinkel der Markise eingestellt werden. Das Konzept scheint aber nie so weit entwickelt worden zu sein, daß es den Markt erreicht hat.

 

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