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Der Thermionische Generator


Thermionische Generatoren
(TI, TIG) basieren auf dem Prinzip der Glühemission (auch glühelektrischer Effekt). Sie verwenden die Temperaturdifferenz zwischen einer heißen und einer kalten Metallplatte, um ohne mechanisch bewegte Teile Elektrizität zu erzeugen. Dabei werden Elektronen durch Licht von der heißen Platte verdampft bzw. ausgestoßen und dann zur kalten Platte getrieben, wo sie kondensieren. Die resultierende Ladungsdifferenz zwischen den beiden Platten ergibt eine Spannung, die wiederum einen elektrischen Strom initiiert.

Die Entdeckung, daß der Raum in der Nähe eines rot-heißen Körpers Strom leitet, wird 1733 von dem französischen Naturforscher und Superintendenten des Jardin du Roi in Paris Charles François de Cisternay du Fay gemacht.

Im Jahr 1873 stellt der englische Physiker und Chemiker Frederick Guthrie fest, daß die Positionierung einer weißglühenden, geerdeten Metallplatte in Nähe eines positiv geladenen Elektroskops, ohne dieses wirklich zu berühren, das Gerät entladen würde. Das passiert nicht, wenn das Elektroskop eine negative Ladung trägt.

William J. Hammer, ein Assistent von Thomas Alva Edison in dessen Labor in Menlo Park, New Jersey, berichtet 1880 von einem blauen Strahlen um den positiven Pol herum, sowie einer Schwärzung des Drahtes am negativen Pol einer der frühen elektrischen Glühlampen. Belegt wird das Geschehen durch die Auslenkung eines Galvanometers, das eine Plattenelektrode mit dem positiven Ende eines batterieerhitzten Glühfadens verbindet, wobei zwischen Faden und Platte ein Vakuum besteht.

Ursprünglich ,Hammer’s Phantomschatten’ genannt, verändert der eigenwillige Arbeitgeber den Namen des Phänomens in ,Edison-Effect’, als er sich die Glühbirne patentieren läßt (US-Nr.  223.898, angemeldet 1879, erteilt 1880).

Guthrie und Hammer haben damit – unabhängig voneinander – den Wärme-induzierten Ladungsfluß in einer Richtung entdeckt, der später als thermionische Elektronenemission bekannt wird, ohne dabei  jedoch eine praktische Anwendung für ihre Arbeit in Betracht zu ziehen.

Im Jahr 1879 stellt der britische Physiker und spätere Nobelpreisträger für Physik Joseph John Thomson fest, daß das Ladung-Masse-Verhältnis der negativen Ladungsträger des Edison-Effekts – innerhalb der experimentellen Unsicherheit – mit dem Wert übereinstimmt, den er für Elektronen gefunden hatte.

Auch der englische Physiker Owen Willans Richardson arbeitet auf dem Gebiet des glühelektrischen Effekts und des thermionischen Phänomens. Am Cavendish-Laboratorium der University of Cambridge findet er 1901 die ,Richardson-Gleichung’, für die er 1928 den Nobelpreis für Physik erhält. Seitdem wird die Glühemission auch als ,Edison-Richardson-Effekt’ bezeichnet.

Der britische Elektroingenieur, Physiker und ehemalige Edison-Mitarbeiter Sir John Ambrose Fleming erkennt, daß sich der Effekt als Detektor für Funksignale nutzen läßt – und läßt sich im Jahre 1904 in Großbritannien einen elektrischen Signalgleichrichter mit thermionischer Diode patentieren, was als die erste praktische Vakuumröhre gilt (US-Nr. 803.684, erteilt 1905). Anmelder ist die Marconi Wireless Telegraph Company of America.

Auch ein W. Schlichter erwähnt 1915 in seiner Dissertation an der Universität Göttingen (,Die spontane Elektronenemission glühender Metalle und das glühelektrische Element’) die Verwendung des Edison-Effekts, um Wärme direkt in Elektrizität umzuwandeln.

In den 1920er und 1930er Jahren werden viele Untersuchungen über Plasmen und Elektronenemissionen von dem US-amerikanischen Chemiker und Physiker Irving Langmuir durchgeführt, doch erst in den 1950er Jahren kann der thermionische Energiewandler (Thermionic Energy Conversion, TEC) auch theoretisch und experimentell adäquat beschrieben werden.

Das zeitgleiche Engineering der Methode u.a. in der UdSSR durch N. D. Morgulis, in Frankreich durch M. R. Champeix und in den USA durch George N. Hatsopoulos, führt zu einer Zeit der schnelleren thermionischen Entwicklungen – wobei die Plasmadiode als ,Thermoelement mit Plasma- und Metallelektrode’ als Paar betrachtet wird.

Wilson-Patent Grafik

Wilson-Patent
(Grafik)

Hatsopoulos ist zudem Autor von zwei detaillierten und umfangreichen Lehrbüchern zur thermionischen Energieumwandlung, die auch heute noch als Standardliteratur gelten. Als Mitarbeiter der Firma Thermo Electron Eng Group meldet er außerdem 1958 das Patent ,Process and apparatus for converting thermal energy into electrical energy, an (US-Nr. 3.054.914, erteilt 1962).

Die erste Demonstration einer praktischen thermionischen Umformers, der auf Cäsiumdampf basiert, erfolgt im Jahre 1957 durch Volney C. Wilson, der auch ein entsprechendes Patent beantragt (US-Nr. 3.482.120, angemeldet 1957, erteilt 1969).


Die Entwicklung nuklear betriebener thermionischer Energiekonverter wird erstmals im Jahr 1957 von Wissenschaftlern im Los Alamos Scientific Laboratory (LASL) diskutiert. Nach einem Besuch sowjetischer Wissenschaftler am LASL im Jahr 1958 beginnen diese ab 1961 am Kurchatov-Institut für Atomenergie und dem Zentralbüro für Maschinenbau mit Tests an TI-Systemen, wobei zunächst ein Einzelzellen-Reaktor namens ENISY entwickelt wird (später unter dem Namen TOPAZ-II bekannt). TO-PAZ ist ein russisches Akronym für ,Thermionisches Experiment mit Umwandlung in der aktiven Zone’.

Bei dem ENISY-Reaktor steckt jeder Brennstab (aus zu 96 % angereichertem Urandioxid, UO2) in einem Emitter, der jeweils von einem Kollektor umgeben ist. Die so gebildeten 37 Brennelemente durchdringen einen zylindrischen Moderator aus Zirconiumhydrid (ZrH2), der wiederum von einem Beryllium-Neutronen-Reflektor mit 12 rotierenden Steuerungswalzen umgeben ist. Die Brennelemente umgibt das Flüssigmetall-Kühlmittel NaK, eine Legierung aus Natrium und Kalium. Die Masse des Reaktors beträgt über eine Tonne.

TFE-Brennelement Grafik

TFE (Grafik)

Hier abgebildet ist der Aufbau eines thermionischen Brennelements (Thermionic Fuel Element, TFE) aus einer Quelle der Oregon State University.

Später wird unter der Schirmherrschaft von Krasnaya Zvezda das mehrzellige Modell TOPAZ (später TOPAZ-I genannt) entwickelt, das zum ersten mal im Jahr 1971 getestet wird. Der erste TOPAZ-Reaktor wiegt 320 kg, wird 1.300 Stunden lang betrieben und dann zur detaillierten Untersuchung abgeschaltet. Er ist im Prinzip in der Lage, aus 12 kg Treibstoff über einen Zeitraum von 3 – 5 Jahren eine Leistung von 5 kW zu liefern.

Tatsächlich in die Erdumlaufbahn gebracht werden TOPAZ-Reaktoren 1987 auf den experimentellen Plazma-A-Satelliten Cosmos 1818 und Cosmos 1867, wo sowohl der Reaktor, als auch der mit dessen Energie versorgte Plasma-2-SPT-Elektromotor, getestet werden (dazu mehr unter Alternative Antriebe in der Raumfahrt). Einer der Reaktoren wird sechs Monate lang, der andere für ein Jahr betrieben. Ein Nachfolger Plasma-2 sollte mit einem verbesserten Reaktor ausgestattet werden, doch im Jahr 1988 wird das Programm, trotz seines Erfolgs, auf Anweisung von Michail Gorbatschow eingestellt.

Als im Januar 1991 auf einem wissenschaftlichen Symposium in Albuquerque ein Modell des Reaktors TOPAZ-II ausgestellt wird, stößt dieser auf großes Interesse in den USA. Für insgesamt 13 Mio. $ kauft die Strategic Defense Initiative Organisation (SDIO) vom Kurchatov-Institut in Russland zwei Topaz-II-Reaktoren mit der Absicht, diese zu verwenden, um die eigenen Modelle zu verbessern. Die Tests erfolgen am Thermionics Lab (Wright Laboratory) auf der Wright-Patterson Air Force Base (WPAFB) in Ohio gemeinsam mit der University of Central Florida, Orlando, und dem US-Unternehmen UES Inc.

Im Rahmen des ,Advanced Thermionic Technology Initiative Program’ stellt die Firma Loral Electro-Optical Systems (LEOS) zudem zwei thermoionische Dioden her, um diese in Verbindung mit dem Reaktor zu testen. Ein ausführlicher Bericht mit den Details der experimentellen Prüfung und Bewertung des thermionischen Konverters mit flachen Elektroden, der zur Kühlung des Radiators ein Wärmerohr mit flüssigem Natrium verwendet, erscheint 1992 und ist auch im Netz veröffentlicht (A Heat Pipe Coupled Planar Thermionic Converter - Performance Characterization, Nondestructive Testing, and Evaluation). Die Finanzierung des Projekts erfolgt durch das Strategic Defense Initiative Office / Innovative Science and Technology (SDIO/IST).

Im Jahr 1995 werden der Defense Nuclear Agency (heute Teil der Defense Threat Reduction Agency, DTRA) die Reste der thermionischen Forschungs- und Entwicklungsprogramme der Ballistic Missile Defense Organization (BMDO) und der U.S. Air Force (USAF) zugewiesen. Aufgrund politischer Entscheidungen wird das Projekt jedoch kontinuierlich verkleinert und erzielt nur geringe Fortschritte.

Eigentlich soll im Jahr 1995 auch einer der Reaktoren in einem Flugtest zur Versorgung experimenteller elektrischer Triebwerke eingesetzt werden, doch Einwände der betroffenen Wissenschaftler über die möglichen Auswirkungen der vom Reaktor emittierten Strahlung auf die Bordinstrumente, Proteste von Atomkraft-Gegnern, die verzögerte Genehmigung durch das Department of Energy sowie die Budgetbeschränkungen von 1993 führen gemeinsam schließlich zur Annullierung des Programms im Jahr 1996.

Insgesamt waren im Rahmen der amerikanisch-russischen Zusammenarbeit sechs TOPAZ-II-Reaktoren und die dazugehörigen Hilfsausrüstungen in die USA geflogen worden, wo sie amerikanische, britische, französische und russische Ingenieure ausgiebig erproben konnten. Das einzigartige Design der Reaktoren ermöglicht es, sie auch ohne Treibstoff zu testen.

Andere Quellen sprechen davon, daß es die Befunde des Allgemeinen Rechnungshofs sowie die Ergebnisse einer Studie des Nationalen Forschungsrates (NRC) sind, welche die Relevanz der treibstofflosen TOPAZ-Systemprüfung in Frage stellt, die das internationale Programm beenden. Die verbleibenden thermionischen Technologieprojekte, die seitens der BMDO und dem Air Force Research Laboratory (AFRL) durchgeführt worden waren, wurden kurz danach ebenfalls beendet oder gestrichen.

Im Jahr 1999 initiiert die DTRA eine unabhängige Bewertung des thermionischen Forschungs- und Entwicklungsprogramms und des bislang erzielten technischen Fortschritts, die durch den NRC durchgeführt wird. Dabei sollen u.a. die technischen Herausforderungen für die Entwicklung tragfähiger thermionischer Energieumwandlungssysteme sowohl für Raumfahrt- als auch für terrestrische Anwendungen beurteilt und Empfehlungen für ein zukünftiges Forschungs- und Entwicklungsprogramm gegeben werden.

Der NRC hatte im Zusammenhang mit der Thermionik zuvor schon drei Studien erstellt: ,Advanced Nuclear Power Sources for Portable Power in Space’ (1983), ,Advanced Power Sources for Space Missions’ (1989) sowie ,Assessment of the TOPAZ International Program’ (1996). Um das Thema aktuell zu bearbeiten, werden nun im Laufe des Jahres 2000 seitens des beauftragten Ausschusses mehrere Sitzungen sowie ein 2-tägiger Workshop zur thermionischen Technologie abgehalten.

In dem 2001 erscheinenden Endbericht, der im Netz komplett einsehbar ist (Thermionics Quo Vadis?, s. Quellen), kommt der Ausschuß der Auffassung, daß die thermionische Technologie das Potential bietet, viele zukünftigen Energiesystemanforderungen im zweistelligen Kilowatt- bis hin zum Megawattbereich zu befriedigen. Es lohnt sich daher, sie weiter zu entwickeln, auch wenn erwartet wird, daß dies in naher Zukunft äußerst schwierig sein wird. Als Einsatzgebiete kommen neben terrestrischen Anwendungen insbesondere Raumfahrtmissionen unter Verwendung einer Solarkonzentrator- oder Kernreaktorwärmequelle in Frage.


Zurück zur allgemeinen Chronologie:

Zu Beginn der 1960er Jahre richtet sich die thermionische Forschung auf die an den Elektrodenoberflächen und innerhalb der Interelektrodenlücke auftretende Physik, da sich gezeigt hatte, daß einer der Hauptgründe für das Versagen der thermionischen Konverter, Leistungen in der Nähe der theoretische Grenze zu erreichen, auf Elektronentransporteffekten in der Lücke beruht. Zwei dieser Effekte sind die Elektronenraumladung sowie die Streuung von Elektronen im Transit zwischen den Elektroden.

Der als der nachteiligste geltende Raumladungseffekt kann durch eine Volumen- oder Oberflächenionisation neutralisiert werden, wobei allerdings ersteres einen großen Teil der Ausgangsleistung verbraucht, während letzteres nicht besonders wirksam ist. Es wird festgestellt, daß die Obergrenze der erzielbaren Leistungsfähigkeit einer TEC-Vorrichtung von Emissionsprozessen festgelegt wird – sowie daß adsorbierte Schichten aus Cäsium-Ionen die Elektronenemission verbessern und die Elektrodenverdampfung verringern.


In einer 1960 veröffentlichen Untersuchung von H. W. Lewis und J. R. Reitz wird eine Gesamteffizienz des Plasma-Thermoelements bis zu 32 % vorhergesagt, etwa doppelt so viel, wie zu diesem Zeitpunkt experimentell erreicht wird.


In den frühen 1960er Jahren starten die American Gas Association und die U.S. Army Förderprogramme zur Entwicklung thermionischer Konverter, die durch fossile Brennstoffe angetrieben werden. Das als Beschichtung für die Emitter bevorzugte Siliciumcarbid, um diese vor der Luft und vor Verbrennungsprodukten zu schützen, verträgt sich allerdings nicht mit den Emittermaterialien wie Wolfram, da die unterschiedlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten zu Rissen und Trennproblemen führen.

Diese Probleme können erst in den 1980er Jahren überwunden werden – doch zu diesem Zeitpunkt gibt es keine Mittel mehr, um die praktische Anwendbarkeit von fossil betriebenen thermionischen Geräten zu demonstrieren.


Im Jahr 1961 initiiert das Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Pasadena ein Prüf- und Auswertungsprogramm für solar-thermionische Konverter und Generatoren, bei dem u.a. über 135 thermionische Wandler einer Leistungsprüfung unterzogen werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Solarkonzentratoren im Bereich der Raumfahrttechnik.

Den Berichten von Peter Rouklove zufolge werden zwischen 1967 und 1969 zudem verlängerte Lebensdauerprüfungen an zehn Planar-Umrichtern über insgesamt 68.000 Stunden und Hunderte von thermischen Zyklen durchgeführt. Außerdem werden mindestens vier Generatoren mit gebaut, deren Geometrie mit einem 2,9 m durchmessenden Parabolspiegel mit Sonnenverfolgung getestet wird.

Unter dem 1962 gestarteten Solar Energy Technology (SET) Programm der NASA entwickelt die o.g. Firma Loral Electro-Optical Systems (LEOS, inzwischen Teil der Lockheed Martin Corp.) solar-elektrische Wandler, mit denen 20 – 25 W/cm2 bei 0,7 – 1 V erreicht werden – und dies mit einer Lebensdauer von 15.000 Stunden und über mehrere hundert thermische Zyklen hinweg. Die 150 W Generatoren haben bei einer Emittiertemperatur von etwa 1.450°C Wirkungsgrade im Bereich von 9 – 11 %. Das SET-Programm wird in den frühen 1970er Jahren beendet.


Im Jahr 1964 beginnt die Atomic Energy Commission (AEC), die Firmen General Electric und General Atomics zu finanzieren, um ein integral angeheiztes thermionisches Brennelement zu entwickeln. 1970 wird General Atomics zudem ausgewählt, um die Entwicklung des thermionischen Brennelements fortzusetzen und einen thermionischen Testreaktor zu konstruieren, doch auch dieses Programm wird 1973 beendet, als alle AEC-, NASA- und DoD-Aktivitäten (Department of Defense) im Zusammenhang mit Raumfahrt-Kernreaktoren eingestellt werden.


Am Lewis Research Center der NASA wiederum werden durch J. F. Morris et al mehrere Dioden-Stationen getestet, darunter auch eine Miniatur-Thermo-Diode mit zwei kleinen Elektroden (Diminiode), um unter Verwendung mehrerer Elektrodenkombinationen hocheffiziente TECs zu bestimmen und zu entwickeln. Bei Verwendung von Einkristall-Wolfram als Emitter werden Spitzenleistungen von nahezu 8 W/cm2 erreicht.

Bis die Finanzierung auch dieser Aktivitäten im Jahr 1973 eingestellt und die thermionische Forschungseinrichtung am Lewis Research Center aufgegeben wird, untersuchen die Wissenschaftler noch viele andere Elektrodenmaterialien sowie verdünnte Dämpfe, Drücke und Temperaturen. Diese Forschung wird erst Mitte der 1980er Jahre wiederbelebt, als die Diminiode-Stationen zuerst an die Arizona State University und später an das Thermionik-Labor der WPAFB geschickt werden, wo man weitere Versuche durchführt. Das Interesse in den USA – ebenso wie in der Sowjetunion – konzentriert sich dabei fast ausschließlich auf die Raumfahrt.

Von 1973 bis 1979 wird im Rahmen des nationalen Kernenergieprogramms kaum mehr Forschung betrieben, und die USAF, die NASA und das DOE stellen nur sehr wenig Mittel für die Weiterentwicklung der thermionischen Technologie zur Verfügung. Im Jahr 1979 bewertet eine gemeinsame Studiengruppe des DoD und der Energy Research and Development Administration (ERDA) potentielle DoD-Missionen, was zu einem Technologieprogramm am Los Alamos National Laboratory (LANL) führt, das pro Jahr allerdings nur bescheidene 1 - 2 Mio. $ zur Verfügung hat.

Das Programm am LANL konzentriert sich auf ein Wärmerohr-gekühltes thermoelektrisches Konzept namens Space Power Advanced Reaktor (SPAR). Andere fortgeschrittene Reaktortypen werden ebenfalls durch das DOE untersucht, jedoch mit geringem Aufwand.


Seit den frühen 1960er Jahren wird die thermionische Forschung und Entwicklung neben den USA und der Sowjetunion – wo abgesehen von den o.e. TOPAZ-Reaktoren auch Thermo-Dioden (Tacitronen) für Schaltsysteme und die Energiewandlung genutzt werden – auch in Frankreich, Deutschland, Schweden und Holland verfolgt. Es wird berichtet, daß sich ebenso China in diesem Forschungabereich engagiert, bislang habe ich aber noch keine Details darüber finden können.

In den Niederlanden wiederum werden von G. H. M. Gubbels et al thermoelektrische Wandler unter Verwendung von Verbrennungswärme für die Kraft-Wärme-Kopplung im häuslichen Gebrauch an abgelegenen Orten untersucht. Aufgrund des Mangels an fortschrittlichen Technologien und Fertigungstechniken bleibt der Einsatz aber begrenzt.

Im Jahr 1965 findet in London die 1. Conference on Thermionic Electrical Power Generation statt, organisiert vom Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) der USA. Die 2. Konferenz folgt im Mai 1968 in Stresa, Italien, während die 3. Internationale Konferenz über thermionische Energieerzeugung im Juni 1972 in Jülich, Deutschland, stattfindet.


Zwischen 1968 und 1972 erfolgt in Deutschland  unter dem Namen Incore-Thermoionic-Reactor (ITR) die Entwicklung eines thermionischen Reaktors für Weltraumeinsätze, der inzwischen selbst an der federführenden Kernforschungsanlage Jülich (KFA) weitgehend vergessen ist. Geplant war die Errichtung eines ergebundenen Versuchsreaktors, der dann zu einer flugfähigen Version weiterentwickelt werden sollte. Die damit erreichbaren Wirkungsgrade werden 1971 auf 10 % geschätzt – unter Einsatz hoher Entwicklungskosten werden bis zu 25 % als möglich erachtet.

Die Zentralstelle für Atomkernenergie-Dokumentation (ZAED) veröffentlicht 1969 einen Bericht von Peter Batzies über die Entwicklung eines isotopenbeheizten thermionischen Generators für 30 W elektrische Leistung, über den ich aber noch keine weiteren Details finden konnte.

Der Bund hatte bereits ab 1962 kleinere Forschungsarbeiten zur thermionischen Energiewandlung gefördert. Nun soll ein Firmenkonsortium aus Brown Boveri & Cie AG (BBC), Interatom und Siemens – unter Beteiligung der Universität Stuttgart – den ITR konstruieren, dessen flugfähige Ausführung bei Fernsehsatelliten  zum Einsatz kommen soll. Waren alle bis 1971 eingesetzten Nachrichtensatelliten mit Solarzellen bestückt, die einige hundert Watt bis zu einem Kilowatt Energie lieferten, wird bei den neuen TV-Satelliten von einem Leistungsbedarf von bis zu 200 kW ausgegangen, wozu die thermionischen Apparaturen potentiell geeignet sind.

Im Rahmen dieser Arbeiten meldet die Firma BBC im Jahr 1971 eine ,Anordnung zur Umformung der elektrischen Energie eines thermionischen Generators’ zum Patent an (DE-Nr. 2142059, erteilt 1973; vgl. US-Nr. 3.784.895), als Erfinder ist Prof. Dipl. Ing. Manfred Depenbrock angegeben.

Da eine angedachte Partnerschaft mit der USA nicht zustande kommt, die voraussichtlichen Gesamtkosten einschließlich des flugfähigen Prototyps inzwischen auf 1 – 1,5 Mrd. DM geschätzt werden, und die Lebensdauer eines ITR-Cores zudem auf nur ein halbes Jahr begrenzt wäre, wird das Projekt im August 1972 endgültig eingestellt.


1971 meldet die Firma McDonnell Douglas Corp. ein Patent mit dem Titel ,Means and method of processing reservoirless thermionic converters’ an (US-Nr. 3.807.827, erteilt 1974), gefolgt 1972 von einer weiteren Anmeldung (mit Priorität von 1969) namens ,Radioisotopic thermoinic converter’ (US-Nr. 3.843.896, erteilt 1974).


In der allgemeinen Chronologie gibt es anschließend eine mehrjährige Lücke, die ich bislang noch nicht füllen konnte.


Ein weiteres thermionisches Raumfahrtprojekt, das sich auf Solarkonverter konzentriert, wird in den 1990er Jahren unter dem Namen High Power Advanced Low Mass (HPALM) von der Firma General Atomics Inc. ins Leben gerufen und später seitens der NASA fortgesetzt. Letztere hatte die solar-thermionische Technologie in den 1960er Jahren zwar kurz untersucht, die Forschung in den frühen 1970er Jahren aber zugunsten der Photovoltaik eingeschränkt. Seitdem hat sich der Standardleistungsbedarf für Satelliten von einigen Kilowatt auf zehn Kilowatt erhöht, ein Bereich, in dem solar-thermionische System hinsichtlich des Nutzlastvolumens und der Masse potentiell eine konkurrenzfähige Leistung bieten.

Die Machbarkeit dieser Systeme basiert zum Teil auf dem solar-elektrischen Wandler aus dem o.e. NASA-Programm Solar Energy Technology (SET) – sowie aus dem als relativ erfolglos beschriebenen String Thermionic Assembly Research Testbed (START), das am New Mexico Engineering Research Institute (NMERI) entwickelt worden war.

Das neue HPALM-Konzept beinhaltet die Verwendung eines aufblasbaren Solarkonzentrators, der ein parabolischer Reflektor, eine Fresnel-Linse oder ein flächiger Reflektor sein kann, um die Sonnenstrahlung auf den thermionischen Wandler zu richten. Die Sonnenstrahlen werden dann mit einem sekundären Konzentrator weiter fokussiert, bevor sie in den thermischen Empfänger eintreten, wo die Wärme durch zylindrische, invertierte Mehrfachzellen (Cylindrical Inverted Multi-Cell, CIM) direkt in elektrische Energie umgewandelt wird.

Das System eignet sich besonders für große Leistungsanforderungen > 30 kW. Im Rahmen des Programms werden mehrere Prototyp-Geräte gebaut und erprobt, wobei die schlechten Testergebnisse auf Probleme mit der Umrichtertechnologie zurückgeführt werden. Über weitere Schritte ließ sich bislang nichts finden. Es ist zu beachten, daß es derzeit kein solches System gibt.


Ab 2001 entwickelt der theoretische Physiker und Elektroingenieur Peter L. Hagelstein am Massachusetts Institute of Technology (MIT) zusammen mit seinem Kollegen Yan Kucherov eine thermische Diode, die schon bei 200 – 450°C funktioniert, also der typischen Temperatur von Abwärme. Gleichzeitig erreicht sie einen Wirkungsgrad, der doppelt so hoch ist, als der anderer, vergleichbarer Methoden.

Im Gegensatz zu den bisherigen Methoden, die denen die Elektronen entgegen dem elektrischen Feld über die Vakuumlücke transportiert werden, ersetzen die Wissenschaftler diese Vakuumlücke nun durch eine vielschichtige Halbleiterstruktur. Eine entsprechende Veröffentlichung ,Importance of barrier layers in thermal diodes for energy conversion’ stammt vom April 2005.

Im November 2009 gelingt es dem MIT-Team gemeinsam mit Kollegen des IISc in Bangalore, Indien, sowie der Firma HiPi Consulting aus Maryland, bei der Umwandlung von Wärme in Elektrizität mittels ihrer thermischen Diode experimentell eine Effizienz nachzuweisen, die schon 40 % des Carnot-Limits erreicht.

Diese Grenze basiert auf einer Formel aus dem 19. Jahrhundert, welche die maximale Effizienz bestimmt, die ein Gerät bei der Umwandlung von Wärme in Arbeit (Energie) erreichen kann. Die aktuellen kommerziellen thermoelektrischen Geräte erreichen nur etwa ein Zehntel dieses Limits. In ihren Berechnungen stellen die Forscher fest, daß das neue System zumindest theoretisch bis zu 90 % des Grenzwerts erreichen kann.

Die Technologie des MIT-Teams basiert auf einem Quantenpunkt-Chip, in welchem geladene Teilchen in einen sehr kleinen Bereich sehr dicht gepackt sind. Als Schlüssel zu einem verbesserten Durchsatz erweist sich dabei die Verringerung des Abstands zwischen der heißen Oberfläche und dem Umwandlungsgerät. Eine aktuelle Analyse des o.e. MIT-Prof. Gang Chen zeigt, daß die Wärmeübertragung zwischen einander sehr nahen Oberflächen mit einer Rate erfolgen kann, die um Größenordnungen höher ist als von der Theorie vorhergesagt.

Hagelstein zufolge arbeitet die Firma MTPV Corp. bereits an der Entwicklung einer neuen Technologie, die eng mit der Arbeit des MIT-Teams verwandt ist (s.u. Thermoelektrischer Effekt sowie Thermophotovoltaik).


Im August 2010 überschlägt sich die Presse mit einer Meldung aus der Stanford University, wo eine Gruppe um Prof. Nicholas A. Melosh eine Versuchsanlage vorstellt, welche die Nutzung von Wärme und Licht in einem einzigen Verfahren kombiniert, das die Stanford-Forscher als photonenverstärkte thermionische Emission (Photon-enhanced Thermionic Emission, PETE) bezeichnen.

Dabei finden zwei verschiedene Prozesse statt: Zum einen werden Elektronen in einer Elektrode vom Sonnenlicht über den photoelektrischen Effekt angeregt, und zum anderen erhalten diese Elektronen zusätzliche Energie aus der Sonnenwärme, so daß sie im Vakuum auf eine andere Elektrode springen, wodurch ein elektrischer Strom entsteht.

Die Umsetzung gelingt, als Meloshs Gruppe das bei thermionischen Konvertern üblicherweise als Kathode genutzte Cäsium durch eine Halbleiterscheibe aus Galliumnitrid ersetzt. Anders als in dem Metall können in dem Halbleiter sowohl Wärme als auch Licht die Elektronen anregen. Strahlungsenergie bewirkt im ersten Schritt eine ,Voranregung’, bei welcher das Energieniveau der Elektronen angehoben wird, so daß sie fließen können – und Wärmeenergie treibt die Elektronen dann aus der Kathode hinüber zur Anode.

Der Vorteil dieses Zweistufenprozesses ist, daß er mit einer niedrigeren Arbeitstemperatur auskommt als die herkömmlichen Konverter (die Arbeitstemperatur der thermionischen Konverter der russische Satelliten hatte 1.500°C betragen). Das Galliumnitrid wandelt bei einer Temperatur von 200°C etwa 25 % des absorbierten Lichts in Strom um. Im Unterschied zu anderen Halbleitern nimmt der Wirkungsgrad mit steigender Temperatur noch zu.

Getestet werden auch andere Halbleiter wie Galliumarsenid, wobei das Team gleichzeitig nach Verfahren sucht, um die Materialien so robust zu machen, daß sie auch bei Temperaturen von 400 – 800°C funktionieren, wie sie sich mit Solarkonzentratoren erzeugen lassen.

Da die PETE-Anlage mehr Wärme erzeugt, als zum Herauslösen der angeregten Elektronen nötig ist, soll sie mit einem Dampferzeuger gekoppelt werden, der eine Turbine antreibt, was einen Einsatz in großen Solarfarmen impliziert. Damit hofft man auf einen Gesamtwirkungsgrad von bis zu 60 % zu kommen. Die erste kommerziell einsetzbare Anlage soll bereits in drei Jahren fertig sein.

Thermoionischer Generator Grafik

Thermionischer Generator
(Grafik)


Das American Institute of Physics (AIP) publiziert im Dezember 2013 in seinem Journal of Renewable and Sustainable Energy (JRSE) einen Bericht über ein neuen hocheffizientes Design, das Wärme und Sonnenenergie in Elektrizität umwandelt und als Weiterentwicklung des thermionischen Generators gilt. Autor des JRSE-Papiers ist der experimentelle Festkörperphysiker Jochen Mannhart vom Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart.

Frühere Modelle thermionischer Generatoren hatten sich wegen des sogenannten ,Raumladungsproblems’ als unwirksam erwiesen, bei dem die negative Ladung der Elektronenwolke, welche die heiße Platte verläßt, andere Elektronen davon abhält, sie auch zu verlassen – was die Leistung drastisch reduziert. Die hier abgebildete Grafik zeigt eine zylindrische Bauweise.

Es gelingt Mannhart nun, zusammen mit seinen ehemaligen Studenten der Universität Augsburg, Stefan Meir und Cyril Stephanos (auf deren Dissertationen von 2012 die Entwicklung basiert), sowie seinem Kollegen Theodore H. Geballe von der Stanford University, dieses Problem mit einem elektromagnetischen Feld zu umgehen, welches die Raumladungen in einen nützlichen Ausgangsstrom umwandelt – indem es die geladene Wolke von der heißen Platte wegzieht und den Elektronen damit erlaubt, zur kalten Platte zu fliegen. Das System wird daher als thermoelektronischer Generator bezeichnet.

Praktische thermionische Generatoren haben Wirkungsgrade von etwa 10 % erreicht, während die theoretischen Vorhersage für den neuen thermoelektronischen Generator bei rund 40 % liegen. 

Stephanos schreibt dazu: „Modellrechnungen, die in guter Übereinstimmung mit experimentell gewonnenen Daten stehen, zeigen, dass es keinen physikalischen Grund gibt, der die Entwicklung hocheffizienter Generatoren verhindert. Thermoelektronische Generatoren könnten eingesetzt werden, um bestehende Prozesse signifikant zu verbessern, oder direkt als hocheffiziente solarbetriebene Generatoren verwendet werden.“

Daß es innerhalb der nächsten fünf Jahren zu einer kommerziellen Anwendung kommt, erwarten die Wissenschaftler allerdings nicht.


Eine aktuelle Übersicht über den Stand der Forschung wird unter dem Titel ,Review on Thermionic Energy Converters’ im Juni 2016 veröffentlicht. Er ist im Netz einsehbar. Autoren sind Kamarul Aizat Abdul Khalid, Thye Jien Leong und Khairudin Mohamed am Universiti Sains Malaysia Engineering Campus in Perak, Malaysien.


Der Begriff ,thermionischer Generator’ scheint derweil so interessant zu sein, daß er auch Eingang in die SF-Welt gefunden hat: In der Serie Star Treck Voyager wird in einer im November 1998 ausgestrahlten Folge (In Fleisch und Blut) der thermionische Generator als eine Energiequelle erwähnt, die von der Spezies 8472 verwendet wird. Demzufolge wird im Jahr 2375 die Terrasphäre 8 durch 13 thermionische Generatoren mit Energie versorgt. Und auch in dem 2005 erschienenen Roman Asteroidenfeuer von Ben Bova taucht ein thermionischer Generator auf.

 

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