allTEIL C

Solarhäuser und solare Bauelemente (2011 C)


Eine sehr eigene Lösung bildet das Konzept Energy Valley der Bjark Ingels Group (BIG), das ebenfalls im März 2011 in den Blogs erscheint, nachdem es kurz zuvor als Masterplan für Stockholmsporten ausgewählt worden war, einem neuen ‚Eingangsportal‘ und wichtigen Autobahnanschluß der E18 und E4, der etwa 15 km nördlich von Stockholm geplant ist. Die Stadt und die schwedische Verkehrsverwaltung hatten im Vorjahr einen Wettbewerb zur Gestaltung der Landschaft rund um die die als Hjulsta bekannte Kreuzung veranstaltet.

Die BIG arbeitete mit Grontmij und Seascape zusammen, um ein schüsselförmiges, fußgängerfreundliches Tal zu schaffen, das die umliegenden Viertel verbindet und gleichzeitig das größte Infrastrukturprojekt Schwedens verbessert. Die Besonderheit bildet jedoch eine riesige reflektierende Kugel, die über dem Tal und und Landstraßen schwebt und als Stockholmer Sphäre (Stockholmssfären) bezeichnet wird.

In der Pressemitteilung heißt es, daß 30 % der Oberfläche der discokugelähnlichen Sphäre mit etwa 10.000 m2 Solarzellen bedeckt sein werden, welche die Kugel mit Strom versorgen, so daß sie schweben und gleichzeitig 235 Häuser mit Strom versorgen kann. Der verspiegelte Boden soll ein Kunstwerk sein, das den Fahrern einen 180°-Blick auf die Umgebung bietet – was allerdings auch vom Verkehr ablenken könnte.

Über die Größe der Kugel oder die Technologie, mit der sie schweben soll, sind bislang keine Informationen verfügbar. Im März 2013 wird zudem bekannt, daß der Ballon in den zwischenzeitlich erarbeiteten Planungsunterlagen nur noch am Rande erwähnt wird, weshalb davon ausgegangen wird, daß er nicht mehr relevant sei. Tatsächlich ist später auch nichts mehr darüber zu hören.

Ökowall von Mlynski Grafik

Ökowall von Mlynski
(Grafik)


Ein weiteres Konzept in diesem Monat stammt von dem polnischen Architekturstudenten Stanislaw Mlynski und bildet seinen Beitrag zu einem internationalen Wettbewerb der School of Architecture an der National Taipei University of Technology. Da fast 40 % des von uns produzierten Abfalls organisch sind, sieht Mlynski die Kompostierung als eine der einfachsten und billigsten Arten des Recyclings an.

Er schlägt daher ein stadtweites System vor, bei dem Behälter für organischen Abfall an jeden Haushalt verteilt und dann gesammelt werden, um eine strukturelle Wand zu schaffen, die Pflanzen und Tiere beherbergen soll. Die ökologische Mauer ist von Organismen der Natur inspiriert, die aus sich wiederholenden und effizienten Zellen bestehen. Die Verwendung eines entsprechenden modularen Systems sorgt für Flexibilität und die Optimierung der verfügbaren Ressourcen.

Die Wand soll sich leicht auf jeder nackten oder ‚toten‘ Oberfläche in einer Stadt anbringen lassen, um ein üppiges und schönes Mikro-Ökosystem zu schaffen. Das Konzept sieht auch die Integration eines Solarsystems vor, das jedem Gebäude die völlige Unabhängigkeit vom Stromnetz verleihen würde.


Ebenfalls im März wird in Kopenhagen der neue Hauptsitz des Finanzdienstleisters Nykredit in Betrieb genommen. Von dem internationalen Architekturbüro Schmidt Hammer Lassen (SHL) entworfen, verfügt die geometrische Struktur über eine Reihe nachhaltiger Strategien, die eine beträchtliche Energieeinsparung ermöglichen.

Der Z-förmige Grundriß schafft zwei Atrien, die das Licht in das Innere des Gebäudes ziehen. Dadurch wird sichergestellt, daß jeder Arbeitsplatz mit natürlichem Tageslicht gut ausgeleuchtet wird und eine gute Aussicht genießt. Dank der dreifach verglasten Fassade des schimmernden Gebäudes mit dem treffenden Namen The Crystal (Krystallen) wird der Innenraum mit Tageslicht durchflutet, ohne zu einer Überhitzung zu führen, da das äußere Verglasungssystem mit einem subtilen Siebdruckdesign bedruckt ist, das den Sonneneinfall abschwächt, Blendeffekte reduziert und die Fassade des Gebäudes belebt.

Die natürliche Belüftung des Gebäudes umfaßt eine nächtliche Kühlungsstrategie, bei der die Fassade geöffnet wird, so daß die Luft durch die Verglasung und dann durch die Oberlichter der Atrien nach oben und außen strömen kann. Durch die verschiedenen Energieeffizienzstrategien wird der Energieverbrauch auf 70 kWh/m2 reduziert, was die Anforderungen der bestehenden Energiegesetze in Dänemark um 25 % unterschreitet.

Das 6.850 m2 große, sechsstöckige Gebäude erhält einen erheblichen Teil seiner Elektrizität aus einer photovoltaischen Solaranlage auf dem Dach, die 80.000 kWh pro Jahr erzeugt. Regenwasser wird gesammelt und als Grauwasser für die Toilettenspülung verwendet, während für das geothermische Heiz- und Kühlsystem des Gebäudes Meerwasser aus dem nahe gelegenen Hafen genutzt wird.


Im April wird in den Fachblogs unter dem Namen Helios Rehab Sanctuary ein Design veröffentlicht, bei dem es sich um ein Rehabilitations-Hochhaus für San Francisco handelt, in dem die Bewohner „durch ein sauberes, friedliches Leben wieder gesund gepflegt“ werden sollen.

Das vom Team CLS unter der Leitung des preisgekrönten britischen Architekten Darren Chan entworfene und vertikal in Zonen unterteilte Bauwerk konzentriert sich auf die Heilung des KÖRPERS (unten), des VERSTANDES (mittig) und des GEISTES (oben) und ist in seiner Struktur und Komplexität bislang einzigartig.

Helios Rehab Sanctuary Detail

Helios Rehab Sanctuary
(Detail)

Im unteren Teil des Gebäudes befinden sich ein Krankenhaus, ein Therapiezentrum, ein Fitneßstudio und ein Restaurant; im mittleren Teil eine Bibliothek, eine Werkstatt, ein Beratungszentrum sowie Freizeit- und Sporteinrichtungen; und im oberen Teil gibt es ein Spa, ein Schwimmbad, Meditationsbereiche, eine Kirche und andere religiöse Einrichtungen.

Der auf einem Tensegrity-Netzwerk basierende spiralige Außenrahmen bietet den Bewohnern über grüne Rampen, die die zentralen Funktionen umgeben, einen horizontalen Zugang ihren Wohn-Pods.

Die innovative Anwendung nachhaltiger Technologien umfaßt weiße Titandioxid-Paneele (TX-Active) zur Reinigung der Luftverschmutzung, die in die ‚Hexahaut‘ und die Pods integriert sind. Sie reflektieren zudem das Licht auf CIGS-Zylinderzellen der Firma Solyndra (auch: Tubular Solar Panels, s. hier), die direktes und diffuses Sonnenlicht von allen Seiten aufnehmen.

Je nach klimatischen Schwankungen öffnen sich die Stangen-Strukturen der kinetischen Pods, um die Belüftung und Kühlung zu fördern, oder sie schließen sich zum Schutz, zur Isolierung und Energieeinsparung. Daneben besitzt das Gebäude eine Recycling- und Wasserentsalzungsanlage.


In Ljubljana wird im Mai 2011 innerhalb des Einkaufszentrums BTC City im Bezirk Nove Jarše im Nordwesten der Stadt ein 89 m hoher und 20 Stockwerke umfassender Wolkenkratzer namens Crystal Palace (Kristalna Palača) eingeweiht, der das derzeit höchste Gebäude in Slowenien darstellt. Die Grundsteinlegung war im Mai 2009 erfolgt.

Das 54 Mio. € teure Gebäude der slowenischen Architekten Brane Smole und Denis Simčič und ihrem Büro Atelje S beherbergt Designergeschäfte, ein Wellneß-Zentrum, Büros und eine Kongreßhalle. Die meisten Büros und Geschäfte sind am nördlichen Ende des Gebäudes plaziert, um den Einsatz von Klimaanlagen auf ein Minimum zu beschränken.

Das Hochhaus verfügt über eine 2.500 m2 große begrünte Fläche auf dem Dach und besitzt hochmoderne Energielösungen, die seinen Gesamtenergieverbrauch reduzieren. Neben dem passiven Design gibt es ein innovatives Kühlsystem, bei dem Strom aus Wasserkraft über Nacht, wenn er billiger ist, zur Erzeugung von Eis genutzt wird, das dann am nächsten Tag die heiße Luft abkühlt. Zudem wird ein großer Teil der benötigten Energie durch Solarpaneele an der Südseite erzeugt.

Ökohaus Horus

Ökohaus Horus


Ein ganz besonderes Design hat das Geschenk, das das englische Supermodel Naomi Campbell im Mai zu ihrem 41. Geburtstag von ihrem russischen Freund und Milliardär Vladislav Doronin erhält: Ein bioklimatisches Ferienhaus in Form des ägyptischen Horus-Auges, das auf der türkischen Insel Sedir im Golf von Gökova errichtet wurde.

Das von dem auf nachhaltiges Bauen spezialisierten spanischen Architekten Luis de Garrido entworfene kuppelförmige Ökohaus Horus hat nicht weniger als 25 Schlafzimmer und fünf Aufenthaltsräume, ist völlig selbstversorgend mit Energie und Wasser, und auch die Lebensmittel soll vor Ort angebaut werden.

Es ist aber nicht das erste Mal, daß auf dieser Insel eine große Liebesgeste für eine Dame gemacht wird. Das auch Kleopatra-Insel genannte Eiland ist seit der Römerzeit als Ferienort bekannt, dessen Sandstrand als außergewöhnlich gilt und sich von anderen nahe gelegenen Stränden unterscheidet. Die örtliche Legende besagt, daß Mark Anton den Sand speziell für Kleopatra importierte, die keinen Fuß auf ein Land setzen wollte, das nicht ägyptisch war.

Der schwarze Kern, der den größten Teil des Augendesigns ausmacht, besteht aus PV-Paneelen, die in Kombination mit einem geothermischen System die gesamte für das Haus benötigte Energie liefern. Glasböden lassen die Sonne im Winter bis in den Keller eindringen. Das Haus steht noch immer – auch wenn die Beziehung zwischen Campbell und Doronin schon 2013 endet.


Anfang Juni folgt ein architektonisches Projekt in Belgien, das von den bisherigen beträchtlich abweicht. Die Hochgeschwindigkeitsstrecke HSL 4 zwischen Antwerpen und den Niederlanden hatte jahrelang ein Problem, da mehrfach Bäume auf die Strecke fielen. Vor einiger Zeit entschloß man sich daher, die Strecke mit einem Tunnel zu schützen. Um die Infrastruktur synergetisch zu nutzen, wird der Bau, der entlang der Europastraße 19 verläuft, zu einem Solar Tunnel – und damit zu dem ersten Eisenbahninfrastrukturprojekt, das aus regenerativen Quellen Strom erzeugt.

Auf dem 3,4 km (andere Quellen: 3,6 km) langen überirdischen Eisenbahntunnel mit einer Gesamtdachfläche von 50.000 m2 werden 16.000 Solarpaneele mit zusammen 4,2 MW installiert, die jährlich schätzungsweise 3.300 MWh Strom erzeugen sollen. Die Paneele werden an einer speziellen Konstruktion verankert, die keine Bohrlöcher im Tunnel selbst erfordert. Dies soll auch etwaige Erschütterungen, die von den fahrenden Zügen ausgehen, abfangen.

Der Solarstrom wird die Verkehrssignale, die Beleuchtung, die Steckdosen in den Zügen und den Bahnhof Antwerpen beliefern. Das weltweit erste Projekt dieser Art kostet 14,5 Mio. € (andere Quellen: 15,6 Mio. €). Partner der Umsetzung sind das belgische Unternehmen Enfinity, der belgische Eisenbahninfrastrukturbetreiber Infrabel und die Gemeinden Schoten und Brasschaat.

DSSH Bridge Grafik

DSSH Bridge
(Grafik)


Ein weiterer interessanter Entwurf, der in diesem Monat veröffentlicht wird, ist das Konzept Dynamic ShapeShifting Helix Bridge (DSSH Bridge), das bei dem von HP und dem Medienpartner ArchDaily veranstalteten internationalen ‚DesignByMany‘-Architekturwettbewerb Building to Building Pedestrian Bridge den 1. Platz belegt. Dabei geht es um den Entwurf einer Fußgängerbrücke zwischen zwei bestehenden Gebäuden.

Das von Sergio Sanz Pont und Victor Sanz Pont und ihrem in Barcelona beheimateten Büro Sanzpont [arquitecture] entworfene außergewöhnliche Bauwerk kann sich Dank seiner sehr flexiblen und duktilen Struktur ausdehnen und auf die Bewegungen der Menschen auf der Brücke reagieren. Darüber hinaus verfügt die Brücke über faltbare photovoltaische Solarpaneele, die sie selbstversorgend machen – und enthält Pflanzen, die die Luft wirksam reinigen und zusammen mit atmungsaktive Membranen zur Verringerung der Umweltverschmutzung beitragen.

Mittels einer nur wenig Strom verbrauchenden LED-Technologie kann die für Montreal in Kanada vorgesehene Brücke nachts leuchten und die Form verschiedener organischer und flüssiger Strukturen annehmen.


Im August 2011 wird in der Innenstadt von Sydney das von der Dexus Property Group in Auftrag gegebene 1 Bligh Glashochhaus eröffnet, einer der grünsten Bürotürme Australiens. Die Form und das Design des Gebäudes basieren auf der Sonnenausrichtung, wobei der Grundriß vorteilhafte sonnige und schattige Bereiche schafft. Entworfen wurde es von Ingenhoven Architects aus Deutschland und Architectus aus Australien.

Durch die vollständig doppelschalige Klarglasfassade mit Außenlamellen, die gleichzeitig das Innere kühlt, können die Mitarbeiter den Hafenblick aus jeder Höhe genießen. Der Winkel der Lamellen wird automatisch entsprechend ihrer Ausrichtung zur Sonne eingestellt. Das 28 Stockwerke hohe Atrium (ca. 135 m), das sich im Inneren des Gebäudes von der Lobby nach oben bis zu einem massiven Oberlicht erstreckt, fungiert zudem als natürliches Kühlsystem, indem es die heiße Luft absaugt und über das Dach des Gebäudes nach außen leitet. Bürobalkone säumen das Atrium im Inneren und profitieren von der Brise und dem natürlichen Licht.

Eine Außenterrasse auf der 15. Etage bietet einen Platz zum Mittagessen mit Aussicht, während das gesamte Dach eine begrünte Terrasse ist, die vom 28. Stockwerk aus zugänglich ist und einen hervorragenden Hafen- und Stadtblick, frische Luft und Grün bietet. Außerdem befinden sich auf dem Dach Solarpaneele sowie gebogene Sonnenkollektoren, welche die Energie für den Antrieb der Kühlsysteme liefern.

Da in Sydney häufig Wasserprobleme auftreten, verfügt das Gebäude über ein Recycling-System, das 90 % der Abwässer des Gebäudes wiederverwertet und auch für die Bewässerung einer knapp 10 m hohen Grünwand im Erdgeschoß verwendet wird. Im Jahr wird 2012 das Gebäude als ‚Best Tall Building in Asia & Australasia‘ ausgezeichnet und gewinnt auch den ‚International Highrise Award‘.

Lippe-Bad

Lippe-Bad


Nach rund dreijähriger Planungs- und Bauphase wird im September als eines der ersten Passivhaus-Hallenbäder Europas das Lippe-Bad in Lünen in Westfalen eröffnet. die Grundlagen zum Konzept hatte die Bädergesellschaft Lünen in Zusammenarbeit mit dem Passivhaus Institut in Darmstadt entwickelt. Die Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) förderte die Planungsphase mit 125.000 €.

Der Schwerpunkt liegt auf einer verbesserten Wärmedämmung an der Gebäudehülle, einer Dreifach-Verglasung und einer effizienten Wärmerückgewinnung. Dadurch werden die Wärmeverluste verringert und auch eine höhere Raumluftfeuchte ermöglicht, ohne daß Wasser an der Fassade kondensiert. Einen Teil des Stroms bezieht das Bad vom Dach, wo eine PV-Solaranlage installiert ist, die bis zu 91 kW (andere Quellen: 110 kW) produziert.

Zum Gesamtprojekt im Umfang von 14 Mio. € gehört neben dem Neubau auch die Umnutzung eines ehemaligen Fernheizwerkes, das konzeptionell in den Gesamtkomplex integriert wurde. Es beherbergt ein 25 m langes Schwimmbecken und ist genauso wie der Neubau gedämmt. Alle Maßnahmen zusammen genommen sollen 50 % weniger Energie als ein normaler Neubau verbrauchen und damit jährlich bis zu 193.000 € an Energiekosten sparen. Laut einem Bericht vom August 2018 konnte das Lippe-Bad tatsächlich mit 30 % der sonst für ein Bad üblichen Kosten betrieben werden.


Im unterfränkischen Gräfendorf wird Anfang Oktober 2011 die erste solarbeheizte Kirche Deutschlands eingeweiht, die der Kirchengemeinde in den nächsten 30 Jahren Energiekosten in Höhe von bis zu 400.000 € sparen soll.

Die katholische Schutzengelkirche wurde 1966 erbaut und ist mit den typischen Mängeln aus dieser Zeit behaftet. Mit 50 cm starken Ziegelwänden und Stahlbetonaussteifung errichtet, wurde das Sakralgebäude nur zeitweise mittels Luftheizung erwärmt, was große Temperaturunterschiede an den noch kalten Außenwänden und Fenstern nebst kalten Fallwinden verursachte. Die Folgen waren ein unbehagliches Raumklima, hohe Heizkosten und eine verstimmte Orgel.

Die Sanierung der Kirche mit einer neuen Wärmedämmung, wärmeisolierten Fenstern und einer Niedertemperatur-Wandstrahlungsheizung kann den Wärmebedarf drastisch senken. Mit Hilfe eines Systems aus Sonnenkollektoren, solarem Wasserspeicher, Luftkollektoren und einer Luft-Wasser-Wärmepumpe liefert nun alleine die Sonne die Energie für die durchgehende Beheizung der Kirche. Und auch der Strombedarf für die Wärmepumpe wird bilanziell durch die kircheneigene Photovoltaikanlage gedeckt.

Null-Energie-Gebäude in Phoenix

Null-Energie-Gebäude
in Phoenix


Ebenfalls im Oktober erfolgt die Fertigstellung des zu diesem Zeitpunkt größten Netto-Null-Energie-Gebäudes der Welt in Phoenix, Arizona. Es erhält die Zertifizierung des International Living Future Institute (ILFI), nachdem es von DPR Construction und SmithGroupJJR innerhalb von zehn Monaten energetisch saniert wurde – wobei es ursprünglich um ein fensterloses Betonblockgebäude aus den 1970er Jahren handelte.

Zu den eingesetzten Technologien zählen ein rund 25 m langer und 4 m hoher Solarkamin zur passiven Belüftung, vier schwarze, gewellte Verdunstungstürme an der Ostfassade, die die Luft durch Verdunstung von Wasser kühlen, 82 optische Solarröhren, die natürliches Licht in die Räume bringen, sowie nahezu 90 Fenster, die sich in Verbindung mit dem Energieüberwachungssystem je nach Innen- und Außentemperatur öffnen und schließen. Hinzuzu kommt eine 79 kW PV-Anlage, die als Vordach die Hälfte des Parkplatzes beschattet. Eine ausführliche Beschreibung findet sich auf der Seite wbdg.org.


Im November 2011 geht auf der Halle Q des Güterverkehrszentrums Ingolstadt (GVZ) das zu dieser Zeit größte Solarglasdach der Welt mit einer eine Leistung von 752 kW in Betrieb. Die Installation gehört zu einem energetisch durchdachten Gesamtkonzept, zu dem neben Photovoltaikanlangen auch Wärmepumpen, Erdspeicher und eine intelligente Energieverteilung zählen.

Auf 9.900 m2 der Gesamtdachfläche von 11.600 m2 sind 1.728 Voltarlux-PV-Glaspaneele der Firma Glaswerke Arnold GmbH & Co. KG mit einer Größe von jeweils 5,7 m2 und einer Leistung von 435 W installiert. Die PV-Module auf Glas-Glas Basis stammen von dem thüringischen Dünnschichtspezialisten Masdar PV und wurden von Arnold Glas für die Gebäudeintegration aufgerüstet. Durch die eingesetzte Dünnschicht-Technik aus amorphem Silizium sind die Module so fein strukturiert, daß sie dem menschlichen Auge transparent erscheinen.

Dem entsprechend wird das Dach der Halle Q als Vollglasfläche ohne klassischen Unterbau realisiert. Durch das Solarglasdach gelangt Tageslicht in die darunter liegenden Räume, was bei einer konventionellen Dachkonstruktion mit aufgesetzter Photovoltaikanlage nicht möglich wäre. Da bereits im Sommer 2008 beim Bau der Halle M auf 1.500 m2 bereits 400 PV-Glasscheiben als Fassadenelemente und Fensterscheiben eingesetzt worden waren, liefert die GVZ-Anlage nun eine Gesamtleistung von 1,28 MW.


Ebenfalls im November 2011 wird in Bamberg das Familien- und Sportbad Bambados eröffnet, das vom Planungsbüro Rohling, Osnabrück, mit einem innovativen ökologische Konzept und in Passivhausbauweise errichtet worden ist – wodurch es zum ersten Passivhaus-Hallenbad in Europa wird. Durch die kompakte Bauform mit einer luftdichten Gebäudehülle und einer höchst effizienten Gebäudetechnik, die zum Teil extra für das Sportbad entwickelt wurde, verbraucht es 56 % weniger Wärme als ein Schwimmbad mit herkömmlicher Bauweise.

Diese Wärme wird im hauseigenen Blockheizkraftwerk aus Holzhackschnitzeln erzeugt, die u.a. von schnell wachsenden Balsampappeln stammen. Deren Waldplantage wird extensiv ohne Stickstoff und Pflanzenschutzmittel betrieben und dient nicht nur als Energielieferant, sondern auch dem Trinkwasserschutz. Erdgas wird hingegen nur zur Absicherung von Spitzenlast und für die Beheizung der Saunen verwendet. Zudem steht auf dem Flachdach eine 216 kW PV-Anlage – übrigens eine Bürgersolaranlage, d.h. sie gehört 60 Bamberger Bürgern, die sie finanziert haben.

Die Planung und der Bau des Bambados werden vom Passivhaus-Institut in Darmstadt begleitet, und für das Gesamtkonzept wird das Bad mit dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie ausgelobten BMWi-Preis Energieoptimiertes Bauen 2009 ausgezeichnet.


Als letztes Projekt diesen Jahres soll der geplante NYC Tech Campus der Cornell University auf Roosevelt Island in New York City erwähnt werden, dessen Vorbereitungen bereits 2008 begonnen hatten und der zu einem nachhaltigen Wahrzeichen der Stadt werden soll. Die Kosten von etwa 2 Mrd. $ werden u.a. durch die Spende eines Cornell-Absolventen in Höhe von 350 Mio. $ gedeckt.

NYC Tech Campus Grafik

NYC Tech Campus
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Im Dezember startet die Umsetzung, als die Unternehmen Distributed Sun (D-SUN) und Washington Gas Energy Systems damit beauftragt werden, gemeinsam die umfassenden Vor-Ort-Lösungen für erneuerbare Energien zu entwickeln. Diese umfassen u.a. geothermische Bohrlöcher, den Einsatz von Brennstoffzellen sowie 1,8 MW Solarenergie, was den (ansonsten externen und fossilen) Energieverbrauch des Projekts um 75 % verringern soll.

Der von Skidmore, Owings, & Merrill (SOM) entworfene zehn Hektar große und nach der Sonne ausgerichtete Campus wird die größte Solaranlage in New York City beinhalten, auf vier Hektar werden geothermische Brunnen abgeteuft, und eine 500.000 m2 große, offene Grünfläche wird auch der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen.

Die Cornell Tech nimmt schon 2012, während der permanente Campus noch im Bau ist, den Betrieb an einem provisorischen Standort auf: dem New Yorker Büro von Google in Manhattan. Die erste Phase des Campus auf Roosevelt Island, die das Bloomberg Center, das Tata Innovation Center und das House umfaßt, wird dann im September 2017 eröffnet.

Dabei erhält das Bloomberg Center als Teil seiner Netto-Null-Energie-Offensive 1.465 Solarpaneele auf dem Dach; 80 geothermische Brunnen, um Wärme aus dem Boden zu ziehen; farbwechselnde schwarz-weiße Platten an seiner Fassade, die Wärme entweder absorbieren oder reflektieren; sowie einen Regenwassertank mit einem Fassungsvermögen von 150.000 Litern.


Zum Abschluß der Übersicht werden noch einige Sportstadien vorgestellt, die im Laufe dieses Jahres u.a. aus solartechnischen bzw. energiebezogenen Gründen in die Presse gekommen sind – auch wenn es in den meisten Fällen um bislang noch nicht realisierte Projekte geht.

Grand Stade de Casablanca Grafik

Grand Stade de Casablanca
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Im Januar 2011 wird bekannt, daß die marokkanische Fußballnationalmannschaft ein nagelneues Stadion auf einem 100 Hektar großen Gelände erhalten wird, das vom französischen Studio Scau in Zusammenarbeit mit der lokalen marokkanischen Firma Archi Design entworfen wurde. Die Partner hatten den ersten Preis im Designwettbewerb für das Stadion gewonnen. Ursprünglich sollte es für die Weltmeisterschaft 2010 errichtet werden, für die sich das Land beworben hatte, deren Zuschlag dann aber an Südafrika ging.

Das nun geplante neue Grand Stade de Casablanca soll im Bezirk Sidi Moumen in einem ehemaligen Steinbruch gebaut werden und ein futuristisches, passives Solardesign mit großen, perforierten Betonlamellen aufweisen, die als Sonnenschutz dienen und die natürliche Belüftung fördern. Die gitterartigen Lamellen sind so ausgerichtet, daß sie eine optimale Menge an natürlichem Tageslicht eindringen lassen.

Zwischen der Hülle mit den Lamellen und dem Innenstadion befindet sich zudem ein Garten, der als thermischer Puffer und als Oase für die Zuschauer dient.

Die Bauarbeiten für das 80.000 Zuschauer fassende Fußballstadion mit seinem 8,6 Hektar großen Spielfeld, das von dem Steinbruchgelände selbst inspiriert ist und einer Sandrose ähnelt, sollen in Kürze beginnen und 2013 abgeschlossen sein. Das Budget für die Realisierung beträgt über 2 Mrd. Dirham. Spätere Meldungen verschieben den Baubeginn auf das Jahr 2014 und die Fertigstellung auf 2025. Tatsächlich läßt sich dies bislang aber nicht belegen.


Im Februar wird von Sonia Gandhi, Präsidentin der Indischen Kongreßpartei, der Grundstein für einen riesigen solarbetriebenen Sportkomplex in Raibareilly, einem abgelegenen Gebiet von Uttar Pradesh, gelegt. Auftraggeber ist die Organisation Navodaya Vidyalaya Samiti, die ein System von Alternativschulen für talentierte Schüler leitet, die überwiegend aus die ländlichen Gebieten Indiens kommen.

Das von dem Architekturbüro Studio Symbiosis mit Büros in Indien, Deutschland, Großbritannien und Singapur entworfene Athletic Ripples Project besitzt eine ikonische Struktur, die die Form von Wassertropfen nachahmt. Was nachvollziehbar wird, wenn man weiß, daß die Gründer, das Ehepaar Amit und Britta Knobel-Gupta, in London unter der Leitung der weltberühmten Architektin Zaha Hadid studiert hatte.

Der als Mega-Sportkomplex bezeichnete Entwurf, der aus verschiedenen räumlichen Elementen besteht, soll durch die von Kieselsteinen erzeugten Wasserwellen inspiriert worden sein. Er verfügt über eine ganze Reihe nachhaltiger und energieeffizienter Gebäudestrategien. So sind die Dächer der verschiedenen Stadionzellen sowohl mit Solar- als auch mit Pneumatik-Paneelen ausgestattet, um die erforderliche Lichtstärke im Stadion zu garantieren.

Sehr interessant ist auch, daß die zu erwartende starke Frequentierung des Zentrums mittels piezoelektrischer Generatoren genutzt werden soll, welche die Bewegungen der Menschenmengen ernten und ihre kinetische Energie in Strom umwandeln. Das ehrgeizige Projekt soll schon bis 2012 abgeschlossen werden – wofür sich später allerdings keine Nachweise finden lassen.


Bereits eröffnet wird im Februar in London der seit 2009 im Bau befindliche Lee Valley Velodrome, ein energieeffizientes und elegantes Radsport-Stadion von Hopkins Architects Partnership LLP, das zum Austragungsort der Olympischen Spiele 2012 und der Paralympics 2012 wird.

Das sattelförmige, elegante Gebäude wurde mit leichten Materialien konstruiert und nutzt die natürlichen Ressourcen. So besteht das auffällige weiße Dach aus einem Netz von Seilen, das von der umgebenden Stahlkonstruktion gestützt wird und die Sommersonne während der Spiele ablenkt, wodurch der Kühlbedarf reduziert wird. Zudem ist das auch Regenwasser-sammelnde Dach mit Reihen von Oberlichtern versehen, die den Komplex durchziehen um Tageslicht zu spenden.

Des weiteren ist die mit Zedernholz verkleidete Haut perforiert, um eine konvektive Kühlung des Innenraums zu ermöglichen. Dabei strömt die Luft über die 6.000 Sitzplätze und durch das Dach hinaus und wird durch kühle, frische Luft von unten ersetzt. Seine Form trägt dem Velodrom den Spitznamen The Pringle ein.

Civic Sports Center Grafik

Civic Sports Center
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Das in Los Angeles ansässige Designstudio EMERGENT belegt im März 2011 den ersten Platz des Wettbewerbs um das Civic Sports Center und die National Games Arena für die National Games 2013 der Volksrepublik China. Der neue Sportkomplex ist im Herzen der Stadt Shenyang geplant, eine der wichtigsten Städte des chinesischen Wirtschaftswachstums.

Der Siegerentwurf besteht aus drei einzelnen Einheiten: das Sportzentrum und die Nationale Spielarena, die in einem mehrstöckigen Bauwerk zusammengefügt sind, sowie die Schwimmanlagen, die im westlichen Teil unter einer kaskadenförmigen Sportlandschaft liegen. Hier sind verschiedene Schwimmbecken unterschiedlicher Form und Größe in einem einzigen, offen gestalteten Gebäude untergebracht. Über das Erdgeschoß sind für die Öffentlichkeit zugängliche Galerien und Restaurants verteilt.

Der gesamte, an ein Kristall erinnernde Komplex ist von einer blasenähnlichen Hülle umgeben, ohne klare Trennung zwischen Dach- und Wandteilen. Diese Gebäudehülle besteht aus Aluminiumverkleidungen mit leichten, transparenten Abschnitten, die aus mit Luft unter Druck gesetzten ETFE-Blasen hergestellt sind, so daß die Sportaktivitäten durch natürliches Tageslicht beleuchtet werden.

Die Dachflächen neben den glänzenden Oberlichtern sollen mit einer nicht näher beschriebenen Dünnschicht-Solartechnik zur Energieerzeugung genutzt werden. Eine Recherche findet jedoch auch im vorliegenden Fall keine Nachweise über eine Umsetzung dieses Projekts.


Ebenfalls im März veröffentlicht die Presse den Plan der Universität Katar, die Spielflächen der für 2022 an das Wüstenemirat vergebenen Fußball-Weltmeisterschaft durch großflächige, ultraleichte fliegende Plattformen vor der Sonne zu schützen. Die sogenannten Harun al-Rashid Clouds sollen ferngesteuert über den Stadien schweben, Spielern und Zuschauern Schatten spenden und die sengenden Temperaturen im Wüstensommer um bis zu 8°C senken.

Das Vorhaben, das von Saud Abdulghani, dem Leiter des Instituts für Maschinenbau an der Universität, entwickelt wurde, soll in Zusammenarbeit mit dem Wissenschafts- und Technologiepark Katar umgesetzt werden.

Demnach soll die mit Helium befüllte künstliche Wolke die Größe eines Jumbo-Jets haben, aus ultraleichtem Kohlenfasermaterial gefertigt und von vier solarbetriebenen Motoren – dem Lauf der Sonne folged – in der Luft gehalten werden. Die Kosten werden auf 500.000 $ veranschlagt. Ein Prototyp von 3 x 4 m Größe soll bereits Ende des Jahres getestet werden. Der Entwickler verweist darauf, daß ähnliche Kunstwolken auch auf Parkplätzen oder an Stränden eingesetzt werden könnten, ebenso wie zur Aufklärung oder Kommunikation.

Später ist von dem ambitionierten Projekt aber nichts mehr zu hören – und  Abdulghani erscheint erst im Mai 2019 wieder in der Presse, als er zur Eröffnung des Al-Janoub Stadions in der katarischen Hafenstadt Al-Wakra eine zwischenzeitlich dort umgesetzte Kühltechnik vorstellt: Das Fußballstadion mit schließbarem Dach besitzt demnach mechanische Belüftungssysteme, die in der Lage sind, die Zuschauerbereiche auf 18°C und das Spielfeld auf 20°C zu kühlen – allerdings ohne den Einsatz irgendeiner Form von erneuerbarer Energie.


Eine weitere Umsetzung ist die mit den Eisschnellauf-Einzelstreckenweltmeisterschaften im März 2011 neu eröffnete Max-Aicher-Arena (früher: Eisstadion Inzell) im bayerischen Inzell. Die Eisschnellaufbahn im Freien war ursprünglich im Jahr 1965 gebaut worden und mußte nun umfassend und modern renoviert werden.

Das Stadion mit seinem weitgespannten Dach wurde in Zusammenarbeit zwischen Behnisch Architekten und Pohl Architekten so konzipiert, daß der Energieverbrauch minimiert wird und gleichzeitig perfekte Bedingungen auf dem Eis herrschen. Dabei wurden die Seiten mit einem transparenten Band umschlossen, das den bis zu 7.000 Zuschauern Tageslicht und Ausblicke auf die bayerischen Alpen ermöglicht.

Das 200 x 90 m große Dach ist mit einer ‚Low-E‘-Membran ausgestattet, die unter der 10 m hohen Holz- und Stahlträgerdecke aufgespannt ist, was dazu beiträgt, das Stadionklima genau einzuhalten. Das technische Gewebe reflektiert die Kälte des Eises zurück auf die Wettkampffläche, was optimale Schlittschuhbedingungen schafft und die Gefahr einer Abkühlung und Kondensation der Luft auf den Holzoberflächen des Daches minimiert.

Dadurch benötigt das Hochleistungsdach keine starken Gebläse, um die Kondensation der Luft zu verhindern, wie dies bei vielen anderen Eisbahnen der Fall ist. Die Membran  verbessert zudem die Akustik und sorgt für diffuses, blendfreies natürliches Tageslicht durch 17 nach Norden ausgerichtete Oberlichter.

Zur Beheizung des Stadions wird die Abwärme der Eismaschinen genutzt, als zusätzliche Energiequelle kommen Holzpellets zum Einsatz. Daneben werden in der gesamten Anlage weitere Verbesserungen der Energieeffizienz vorgenommen. Beim Welt-Architektur-Festival 2011 gewinnt die Max-Aicher-Arena eine Goldmedaille, als sie zum Weltsportgebäude des Jahres gekürt wird.

 

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