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Geschichte der Solarenergie 1975 - heute


1975 scheint ein Schlüsseljahr für den gesamten Bereich der Erneuerbaren Energie - und ebenso für die Solartechnik zu sein, denn in den USA werden kurz nacheinander drei Unternehmen gegründet, die sich im Laufe der Jahre ausgesprochen stark für den Einsatz von PV-Systemen engagieren: erstens die durch Ishaq Shahryar gegründete Solec International, zweitens die durch Bill Yerkes gegeründete Solar Technology International (später von Atlantic Ritchfield übernommen) und drittens die Solar Power Corporation, die der Ölmulti Exxon gründet. In China findet in diesem Jahr der erste nationale Solarkongreß des Landes statt, und in Italien konstruiert Prof. Giovanni Francia in Santa Illario mit 120 Spiegeln einen Solarkessel, der 500°C erreicht.

David Carlson und Christopher Wronski von den RCA Laboratories stellen 1976 die ersten amorphen Silizium-PV-Zellen her, die einen Wirkungsgrad von 1,1 % haben.

1977 ist der Solarofen von Odeillo die erste solartechnische Anlage, deren Strom in das öffentliche Netz gespeist wird (nominell 56 kW). In den USA werden die ersten modernen thermischen Solaranlagen installiert und ein Peter E. Glasser schlägt vor, 100 Quadratkilometer große Solarzellen-Satelliten in den geostationären Orbit zu bringen, deren Energie dann in Form von Radiowellen zur Erde gesendet werden sollen. Ein einziger derartiger Satellit könnte 10 GW Strom liefern.

Am 5. Juli 1977 beginnt die offizielle Arbeit des Solar Energy Research Institute in Golden, Colorado, USA. Und Gräfin Stella Andrassy führt bei dem Festival America's Appetite (For Energy) das solare Kochen vor. Ein Jahr später veröffentlichen Dan und Beth Halacy das erste Solar Cookery Book.

Solarfeuerzeug

Solarfeuerzeug

1977 findet in Hamburg die erste wirklich große Tagung und Ausstellung zur Nutzung von Sonnenenergie statt. Im Rahmen des 1. Deutschen Sonnenforum bieten 150 Fachvorträge und die parallele Fachausstellung Solartechnik 77 ein sehr breites Bild der solartechnischen Anwendungsmöglichkeiten, angefangen mit einfachen Sonnenfeuerzeugen aus verspiegeltem Plastik (die es inzwischen in modernisierter Form gibt) – bis hin zu multilateralen Gesamtkonzepten wie die Errichtung riesiger Wüstenkraftwerke in Nordafrika (die es auch 2006 leider noch immer nicht gibt), deren Sekundärenergie in Form von Wasserstoff gespeichert, durch Pipelines transportiert, und anschließend beim Endverbraucher in Europa mittels Brennstoffelementen wieder zu elektrischer Energie re-transformiert wird.

Die weltweite Stromproduktion durch Photovoltaik-Zellen erreicht in diesem Jahr 500 kW.

Die bereits 1977 vom Weißen Hauses bestellte thermische Solaranlage wird 1979 endlich auf dem Westflügel installiert, zur großen Freude von Präsidenten Jimmy Carter und seinem Energieberater David Freeman. Die 34 Kollektoren decken 75 % des Warmwasserbedarfs im Weißen Haus. Später läßt ,Cowboy’ Ronald Reagen alles wieder abreißen... aber noch später geht die Geschichte wieder etwas erfreulicher weiter (s.u.).

Ich selbst beginne zwar schon 1973 – d.h. im Zuge der sogenannten Ölkrise –, mich mit dem Thema der Alternativenergie zu beschäftigen, doch erst ab 1977 bereite ich in Syrien dann auch die Umsetzung der theoretischen Erkenntnisse vor – und 1980 bauen mein Team und ich in Damaskus die erste einer wachsenden Zahl thermischer Solaranlagen, die ich innerhalb unseres familiären Ingenieurbüros entwickelt habe.

Ich werde später noch einiges über die hierbei gemachten Erfahrungen berichten.


Am 3. Mai 1978 zelebrieren weltweit rund 25 Mio. Menschen den ersten internationalen ‚Welttag der Sonne’ (SUN DAY) (dieser Termin ist übrigens auch der ‚Welttag der Pressefreiheit’ – sonnenklar!).

In diesem Jahr installiert die Telecom Australia im Auftrag der Regierung die ersten 13 solarbetriebenen Funkverstärker für Telefon und Fernsehen – die selbst unter den harten Klimabedingungen des Outback so gut funktionieren, daß man gleich noch 70 weitere errichtet.

Ebenfalls 1978 wird auf dem MIT-Campus das Solarhouse V errichtet, das der Fakultät für Architektur als experimentelles Studio und Unterrichtsraum dient. Im Gegensatz zu den ersten vier Solarhäusern hat es keine mechanischen Geräte wie Solarkollektoren, Pumpen oder Ventilatoren, statt dessen werden alle Elemente der Solaranlage direkt in das Baumaterial eingearbeitet.

1979 baut ARCO Solar in Camarillo, Kalifornien, die weltgrößte Herstellungslinie für Solarzellen. Das Unternehmen ist das erste, das einen Jahresausstoß von 1 MW erreicht. Anfang 1980 wird dann die erste große PV-Anlage errichtet – beim Natural Bridges National Monument in Utah. Die 3 Mio. US-$ teure Anlage besteht aus exakt 266.029 Solarzellen, die in 12 Reihen montiert sind und 100 kW Leistung erbringen, die Dienstwohnungen, Werkstätten eine Abwasseranlage und ein Besucherzentrum mit Strom versorgen.

In Israel sind seit 1980 solare Warmwassersysteme für alle neuen Wohnhäuser bis zu neun Stockwerken vorgeschrieben – ab 1985 wird das Gesetz auf überhaupt alle großen Wohnhäuser erweitert. In den USA werden unter Präsident Ronald Reagan die nationalen Solarprogramme dagegen fast völlig zurückgefahren.

Das Institute of Energy Conversion an der Universität von Delaware entwickelt 1980 die erste Dünnschicht-Solarzelle mit Cu2S/CdS Technologie und mehr als 10 % Wirkungsgrad.

John Perlin und Ken Butti veröffentlichen das Buch A Golden Thread - das die 2.500 Jahre lange Entwicklungsgeschichte der Solartechnologie seit den Griechen und Römern bis zum heutigen Tag abdeckt.

1981 fliegt das erste solarzellenbetriebene Flugzeug – die Solar Challenger von Paul MacCready. Das Flugzeug überquert den englischen Kanal in fünf Stunden, wobei es ausschließlich von vier 3 PS Elektromotoren angetrieben wird. Über dieses und andere elektrisch betriebene Fahr- und Flugzeuge spreche ich ausführlich unter Elektrischer Mobilität - bzw. unter Elektro- und Solarflugzeuge. Und im saudiarabischen Jeddah geht mit 8 kW Leistung die erste solarbetriebene Meerwasserentsalzungsanlage nach dem Reverse-Osmosis-Prinzip (RO) in Betrieb.

Im gleichen Jahr erfolgt die Gründung des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme in Freiburg (später wird es das größte Solarforschungsinstitut Europas).

Im April 1982 wird in der Nähe des kalifornischen Daggett das erste kommerzielle solarthermische Großkraftwerk in Betrieb genommen, es besitzt 1.900 computergesteuerte Spiegel, die ihr Licht auf einen zentralen Boiler richten. Ebenfalls in diesem Jahr erscheint im Juni die Nr. 1 des Fachmagazins Photovoltaics - The Solar Electric Magazine, und in Tucson erfolgt das erste öffentliche ‚Solarkochen’, das ab diesem Zeitpunkt dort jeden Mai im Catalina Park stattfindet.

Solarfeuerzeug

Solarfeuerzeug

Etwa um diese Zeit erscheint ein weiteres Solarfeuerzeug auf dem Markt, von dem ich diverse kaufe und verschenke - bei einem Preis von 5 DM ist das ja auch leicht machbar. Danach verschwindet das geniale Teil leider aus dem Angebot. Der Solar Spark Lighter taucht erst lange Zeit später wieder in einigen Online-Versandkatalogen auf - 2005 zu einem Preis von 9,95 $, der sich bis 2007 auf 12,95 $ steigert. 2011 liegt er bereits bei 17,95 $, ist 2014 aber wieder auf 14,95 $ gesunken.

Die erste Nummer des Magazins Photovoltaics International erscheint im April 1983. In Deutschland erfolgt die Errichtung des ersten Solarkraftwerks auf der Insel Pellworm mit 300 kW Leistung. Um diese Zeit versorgen sich bereits die Hälfte aller Haushalte auf Tahiti mit Solarstrom. Mehr ländliche Kenyaner nutzen Sonnenstrom als den Strom des staatlichen Netzes. Und mindestens 100.000 Familien in Mexiko, Mittelamerika und Westindien betreiben inzwischen schon ihr Licht sowie ihre Rundfunk- und Fernsehempfänger mit Solarstrom.

Der ‚Solar Trek’, ein Elektrowagen mit einem 1 kW Solarpanel, durchfährt im Jahr 1983 Australien. Für die 4.000 km braucht er weniger als 20 Tage, die erreichte Höchstgeschwindigkeit betrug 72 km/h. Die weltweite Photovoltaik-Stromproduktion übersteigt in diesem Jahr 21,3 MW und erreicht dabei einen Umsatz von mehr als 250 Mio. $.

Auf dem Interkulturellen Zentrum der Georgetown University wird 1984 eine gebäudeintegrierte Dachanlage aus 30.000 Zellen installiert (Building-Integrated Photovoltaic, BI-PV), die an ihrem 20. Jahrestag im Jahr 2004 noch immer brav ihre durchschnittlich 1 MWh täglich produziert.

1985 durchbricht das Team um Martin Green an der University of New South Wales, Australien, beim Wirkungsgrad von Silizium-Zellen die Grenze von 20 %. (Ausführlichere Beschreibungen der einzelnen Entwicklungslinien finden sich nachfolgend in den Unterkapiteln der verschiedenen Solarzellentypen).

Im April 1986 erschüttert die Tschernobyl-Katastrophe das Vertrauen in die Kernenergie, und sowohl Umweltverbände als auch Alternativenergie-Gruppen erhalten starken Zulauf. ARCO Solar stellt im Juni mit dem ‚G 4000’ das weltweit erste kommerzielle Dünnschicht-Zellen-Modul vor.

1987 findet in Australien mit dem Pentax World Solar Challenge das erste Solarmobil-Rennen quer durch den Inselkontinent statt, das später zuerst alle drei, und dann alle zwei Jahre wiederholt wird. Es geht über 2.100 km. Gewinner wird der von der kalifornischen Firma AeroVironment entwickelte und gebaute ‚GM Sunraycer’.

Ansonsten scheint es Mitte der 1980er Jahre mit der Sonneneuphorie vorbei zu sein, denn es werden kaum neue Entwicklungen gemacht, und auch von besonderen Umsetzungen hört man nicht mehr viel.

Zehn Jahre nach dem 1. Deutschen Sonnenforum, wird auf dem wiederum in Hamburg stattfindenden Weltkongreß zur Solarenergie im September 1987 allerdings festgestellt, daß selbst mit dem aktuellen Stand der Technik – nach immerhin mehr als 100 Jahren entsprechender Forschungsleistungen (!) – die Sonnenenergie in sehr viel größerem Umfang einsetzbar wäre, als dies tatsächlich geschieht. Der Kongreß wird zwar von 16.000 Teilnehmern (!) aus 85 Ländern besucht, denn fast alle Länder der Welt beschäftigen sich inzwischen mehr oder minder intensiv mit der Solarenergie, doch die tatsächliche Verbreitung der Technologie wird immer noch von gegensätzlichen Interessen wirtschaftlicher Natur gehemmt.

Einen rein technischen Grund für das Zögern gibt es nicht mehr, denn mittels Solarzellen werden bereits Radios und Uhren, Taschenrechner und Taschenlampen, Modellflugzeuge und Telefonzellen, Seefunkbaken und Flugfunkfeuer, Leuchtbojen und Luftmessstationen, Ventilatoren und Kaffeemaschinen, Beleuchtungssysteme und sogar Autos betrieben. Es gibt sogar solarbetriebene Geigerzähler und sonnenstromversorgte Holzsägen für Waldarbeiter. In Australien nutzen Fernseh- und Funktelefonstationen die Sonnenenergie, in Japan sind es Ampeln, in Amerika ganze Flughäfen, und in Saudi-Arabien Verkehrs-Hinweisschilder in der Wüste, die mit der tagsüber gespeicherten Solarenergie nachts beleuchtet werden. 1983 startet die EG fünfzehn Solar-Pilotprojekte, und 1987 wird zum ersten mal sogar eine Öl-Bohrplattform mit solar erzeugtem Strom versorgt (das Satha Ölfeld der UDECO im Arabischen Golf). Doch trotz alledem leben alleine im Gebiet der Europäischen Gemeinschaft 1989 noch rund 1,2 Millionen Menschen in abgelegenen Häusern ohne Strom.

Interessant ist auch die Geschichte der Solarleuchte Solux, die ich im Rahmen einer persönlichen Korrespondent mit Herrn Werner Zittel 2008 erfahre: Ihren Anfang nimmt sie Ende der 1980er Jahre bei der Ludwig-Bölkow-Stiftung (LBST), als der Siemensmitarbeiter Herr Rolf Martin vorzeitig in den Ruhestand geht, um sich in Entwicklungshilfeprojekten zu engagieren. Bei einer von der GTZ finanzierten Recherche über die damals am Markt erhältlichen Solarleuchten stellt er fest, daß keine den Anforderungen gewachsen ist (Spritzwasserfest, stoßfest, einfach etc.) – und entwickelt daraufhin bei der LBST die Solux-Leuchte. Der erste Prototyp mit einem Holzgehäuse soll noch immer existieren.

Bei dem Projekt zur Förderung und Verbreitung von photovoltaischen Leuchten in den Entwicklungsländern des Südens – inzwischen in Form des gemeinnützigen Vereins SOLUX e.V. in Taufkirchen – werden die Halbteile in einer Werkstatt bei Dresden gefertigt, anschließend als Bausätze in vorwiegend afrikanische Länder geschickt und dort in Werkstätten zusammengebaut und betrieben. Inzwischen hat sich die Technik verbessert und die Preise sind gesunken, sodaß das Ganze eine größere Dimension angenommen hat.

Solux wird mehrmals international ausgezeichnet, ist Projekt der EXPO 2000 in Hannover und wird mit dem Projekt One Child One Solarlight auf der Bildungsmesse didacta im März 2010 vom Nationalkomitee der UN-Dekade ‚Bildung für nachhaltige Entwicklung’ als neues, offizielles Dekade-Projekt ausgezeichnet. Nach langer Vorbereitung gibt es ab 2010 eine neue, robuste und hochwertige Solarleuchte als Fertigprodukt mit 2,5W Modul, modernem Gehäuse und Handy-Adaptern. Sie heißt LED-105 und ist in kleinen Stückzahlen für 54,50 € erhältlich.

Solarkocher in Syrien

Solarkocher (Syrien)

Was zu Beginn Künstler inspirierte (Beispiel: die TUNIX-Maschinen von Charles und seiner Frau Ray Eames, 1957), uralte Träume wiedererweckte (Beispiel: Solarflugzeug Solar Challenger von Paul MacCready, 1981) und sogar in 3. Welt-Ländern Anlaß zu Innovationen gab (Beispiel: der Umbau  von Satellitenschüsseln zu Parabol-Solarkochern durch den syrischen Ingenieur Maan Kaadan, ab 1996), ist inzwischen zu einem derartig umfangreichen Geschäft mit Sonnenkollektoren und Solarzellen geworden, daß mehrere Institutionen (in den USA z.B. die NASA, in Deutschland die Stiftung Warentest, der TÜV Bayern, usw.) spezielle Sonnen-Simulatoren herstellen müssen, um anhand von Tests verbindliche Standards für die Lebensdauer und die Leistung der angebotenen Systeme festzulegen. Damit soll der Angebotsflut auf dem Markt zumindest eine erste oberflächliche Ordnung gegeben werden.

Und noch wesentlich schneller und umfangreicher als die ‚Hardware’ verbreitet sich die ‚Software der Sonnenenergie’: So drängeln sich Ausstellungen, Messen, Kongresse und Tagungen, wetteifern Vereine, Initiativen, Unionen und Gesellschaften, berichten Akademiker, Institute, Symposien und Arbeitsgemeinschaften, und es werden Zeitschriften, Studien, Bücher und Arbeitshefte en masse veröffentlicht. Es finden mehr und mehr Seminare, Vorlesungen, Workshops und Foren statt, und es gibt Aufkleber zur Meinungsäußerung, Lichtdruckrotoren als Anschauungsmodelle, offizielle Sonnentage zum Feiern und sogar schon in den sonnenreichen Ländern der 3. Welt aufkeimendes öffentliches Interesse. Ein großer Schritt – wurde die Sonne doch in den meisten dieser Länder von jeher mehr als Feind denn als Freund betrachtet!

Und doch sieht es so aus, als wolle (oder solle?) die Menschheit erst ihre gesamten fossilen Energievorräte – natürlich kostenpflichtig! – verbrennen und vergeuden, bevor es zu einem tatsächlichen Umschwenken kommt. Aber dann wäre es zu spät, und wir säßen vermutlich bis zum ‚St. Nimmerleinstag’ auf dem Grund unseres Gravitationsschachtes fest. Ich gebe hier gerne zu, daß ich den Standpunkt vertrete, daß die fossilen Energien im übertragenen Sinne nur den Zweck haben, die Menschheit aus eben diesem Schacht in den Orbit zu katapultieren, um auf anderen Planeten und im All neue Lebensräume zu schaffen. Dieser ‚Absprungpunkt’ ist genau unsere heutige Zeit – und wir sind auch quantitativ genug Menschen für einen derartigen Schritt... wenn wir nicht zu lange zögern.

Die Arbeit im Bereich der erneuerbaren Energien geht jedenfalls kontinuierlich weiter, und so auch bei der Sonnenenergie. Hier noch einige Highlights der vergangenen Jahre:

1990 werden auf dem Dach des Magdeburger Doms Solarzellen installiert, es ist die erste PV-Anlage auf einer Kirche in Ost-Deutschland.

1991/1992 dreht der Oberhausener Filmregisseur Hellmuth Costard einen surrealistisch und dadaistisch inspirierten Spielfilm Aufstand der Dinge: Vier junge Leute aus der ehemaligen DDR wollen trotz widriger Umstände etwas Sinnvolles mit ihrem Leben anfangen und nehmen den Bau eines umweltfreundlichen Sonnenkraftwerks in Angriff. Tatsächlich versuchte Costard dies auch praktisch in Namibia umzusetzen – wo die für die Sun-Machine benötigten Spiegelflächen einfach aus den leeren Alu-Dosen vom Müll hergestellt werden sollten. Und auch die letzte Produktion Costards, der leider erst 60-jährig schon 2000 gestorben ist, Vladimir Günstig - eine trojanische Affäre (oder Wladimir - eine Filmgroteske, der Film wurde erst 2004 fertig gestellt) beschäftigt sich mit dem selben Thema: Costard spielt selbst die Doppelrolle von Wladimir, einen russischen Agenten, der verhindern möchte, daß eine neue Solartechnik in die falschen Hände gerät, und die von Hellmuth, dem Zufallsforscher und Entwickler eben dieser Solartechnik. Auch dieser Film dokumentiert die Idee, mit der sich Costard im letzten Jahrzehnt beschäftigt hat: Sonnenstrahlen zur Energiegewinnung zu bündeln.

1992 behauptet China, daß dort bereits 100.000 Solarkocher in Aktion sind, die von der Henan Academy of Sciences entwickelt worden sind. Ebenfalls 1992 verkünden Wissenschaftler des Medizinisch-Elektronischen Instituts der Universität Tokio, daß sie mit Hilfe gebündelter Sonnenstrahlen, die durch Glasfasern geleitet werden, bei der Behandlung von Krebsgeschwulsten die gleichen Erfolge erzielen wie mit der wesentlich teureren Laser-Technologie. Die selbe Methode wird 1999 – abermals als Neuheit – von der israelischen Ben-Gurion-Universität in Beersheba vermeldet.

Ebenfalls 1992 wird an der University of South Florida eine Dünnschicht-Zelle gefertigt, die bereits einen Wirkungsgrad von 15,89 % erreicht.

1993 werde ich von dem ehemaligen Ökobank-Gründer Dieter Reincke und dem McKinsey-Mitarbeiter Boris Schubert damit beauftragt, ein Konsortium für eine Stiftungsgründung unter dem Namen SOLAR SYSTEMS zusammenzustellen. Die Idee dieser Stiftung wird in der folgenden Zusammenfassung dargestellt:

„Im Laufe der letzten zwanzig Jahren gab es im Bereich der erneuerbaren Energien und der Energieeinsparung zwar technologische Fortschritte und Durchbrüche, aber die entsprechenden Finanzierungskonzepte wurden nicht weiterentwickelt oder angepaßt.

Diesem Manko will die Stiftung i.Gr. SOLAR SYSTEMS mit Sitz in Berlin abhelfen. Durch die Kombination des solartechnischen und finanztechnischen Sachverstands wurden spezielle Finanzierungskonzepte entwickelt.

Im Kern soll das Stiftungskapital als Bürgschaftskapital bereitgestellt werden, um damit die Vergabe von zinsgünstigen Krediten zu ermöglichen und so die Wirtschaftlichkeit der Projekte zu erhöhen.

Ziel ist es, die Grundfinanzierung von Projekten der Erneuerbaren Energien und der Energieeinsparung schnell und unbürokratisch zu sichern, sofern ein ausreichender Return On Investment erzielt werden kann.“


Obwohl es gelingt, ein hochkarätiges Kuratorium für die Stiftung zu gewinnen, zu denen der ‚bekannteste Ingenieur Deutschlands’ (Pressezitat), Ludwig Bölkow, der Präsident der International Solar Energy Society und Leiter des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme, Adolf Goetzberger, der Finanz- und Währungsexperte Wilhelm Hankel, der Leiter des Wuppertaler Instituts für Klima, Umwelt, Energie GmbH, Ernst-Ulrich von Weizsäcker, der Umweltminister des Saarlandes, Jo Leinen, der Chefkoordinator der Vereinten Nationen für Alternative Energien Ahmedou Ould Abdallah sowie der entsprechende Ressortleiter der Weltbank, Mohan Munasinghe aus Washington gehörte, klappt es nicht, das notwendige Gründungskapital von 10 Mio. DM zu akquirieren.

1994 findet auf Hawaii die Erste Weltkonferenz der Photovoltaik – und in Costa Rica die Weltkonferenz über Solarkocher statt. Gleichzeitig streicht Indien die Subvention von Solarkochern, um den Verbrauch von Kerosin und Flüssiggas anzukurbeln. Die Weltbank gründet eine Solar-Initiative, da sie die Nutzung Erneuerbarer Energien in ihrer Arbeit stärker einbeziehen will. Das Motto des Hauses lautet – für mich völlig unverständlich: „An Geld fehlt es nicht, aber an Visionen“ (!)

Ebenfalls 1994 behauptet die Presse, daß inzwischen schon jeder 3. Haushalt Jordaniens sein Wasser mit Sonnenenergie aufheizt. Aus eigener Anschauung weiß ich, daß diese Zahl mindestens um den Faktor 10 zu hoch ist – und bei einem späteren Besuch 2004 in Jordanien mußte ich sogar feststellen, daß die meisten dieser Anlagen inzwischen in einem äußerst bemitleidenswerten Zustand sind (Glasbruch, dicke Sand- oder Staubschichten, verrottete Isolierungen usw.).

Mehrere Aktivisten, darunter auch der Fernsehjournalist Franz Alt, fordern ab 1994 die Berücksichtung der Solarenergie bei den Planungen für Berlin, damit sich die Stadt als erste Solare Hauptstadt der Welt profilieren kann.

Am National Renewable Energy Laboratory (NREL) wird 1994 eine Konzentrator-Zelle entwickelt, die bei einer Einstrahlung von 180 Sonnen die Wirkungsgradsgrenze von 30 % überschreitet.

Olympische Solar-Flamme

Olympische Solar-Flamme

Die UNO ruft 1995 eine Weltdekade der Solarenergie aus. Und seit neuestem stehen aus dem von der Weltbank verwalteten Global Environmental Fonds auch günstige Kredite für Kraftwerke auf der Basis erneuerbarer Energien zur Verfügung.

1996 wird das Olympische Feuer für Atlanta auf dem Olymp erstmals mit einem kleinen Solar-Parabolspiegel entfacht. In Atlanta selbst wird das Wasser der Wettbewerbsbecken mit Solarenergie erwärmt. (Laut anderen Quellen wurde das Feuer der olympischen Fackel stets mit Sonnenstrahlen angezündet und brannte nicht mit Öl, sondern mit Erdgas. Zwischen 1948 und 1972 wurde für die Flamme allerdings Magnesium benutzt.)

Die NASA informiert 1996 über ihre Pläne, eine solarbetriebene Rakete für den Einsatz im Weltall zu entwickeln. Dabei lenken zwei ausfaltbare Spiegel das gebündelte Sonnenlicht auf einen Wasserstofftank, der dadurch bis auf 2.300°C aufgeheizt wird. Mittels einfachster Düsentechnik wird so dann der Vorschub erreicht. Etwas tiefer, dafür jedoch schon sehr erfolgreich, fliegt das Solarflugzeug Icare, das zu diesem Zeitpunkt als das weltweit fortgeschrittenste gilt. Auf seinen Flügeln befinden sich 3.000 hocheffiziente Solarzellen mit einer Gesamtfläche von 21 m2.

1997 wird der 20. Juni zum Tag der Sonne deklariert.

Der indonesische Präsident Suharto startet in diesem Jahr das Großprojekt, innerhalb von drei Jahren 36.400 photovoltaische Haushalts-Solarsysteme mit je 50 W auf seinem Inselreich zu installieren. In Indien findet die 3. Weltkonferenz zum solaren Kochen statt. Die ebenfalls 1997 gegründete Solar Century Initiative ist eine international ausgerichtete Aktion, zu deren Sponsoren der Gerling-Konzern, Greenpeace, die Lloyds TSB Bank, die Rockefeller Stiftung, die National Westminster Bank und das US-Forschungsinstitut NREL gehören. Das Ziel ist es, die Entwicklungs- und Absatzchancen der Photovoltaik auszubauen, wobei das Konzept aus drei Baussteinen besteht: Nachfrageverstärkung in den kaufkräftigen OECD-Ländern, Bereitstellung von Investitionskapital für Solarenergie-Unternehmen sowie Einsatz der erzielten Gewinne zum Aufbau einer solaren Infrastruktur in Entwicklungsländern.

In Deutschland werden 1997 Solarmodule mit einer Gesamtleistung von 13,7 MW installiert, was einem Marktwachstum von über 50 % entspricht. Die gesamte installierte Leistung beträgt damit zu diesem Zeitpunkt 40,3 MW. Weltweit steigt der Verkauf von Solarzellen um 40 %.

Im Juli 1998 findet in Wien die 2. Weltkonferenz zur photovoltaischen Sonnenenergieumwandlung statt. Und am 6. August erreicht das ferngesteuerte Solarflugzeug Pathfinder bei seinem 39. Flug vom kalifornischen Monrovia aus die Rekordhöhe von 80.000 Fuß. So hoch hatte es bislang noch kein einziges propellergetriebenes Flugzeug geschafft.

Anfang 1999 wird bekannt gegeben, daß weltweit derzeit Sonnenstromanlagen mit einer Gesamtleistung von einem Gigawatt installiert sind (zum Vergleich: am Tag des bislang höchsten Strombedarfs, am 04.12.1997, werden in der BRD 82 GW Kraftwerksleistung benötigt).

Seit 1999 gibt es in Brandenburg einen Solarkönig. Mit diesem Titel zeichnet der Fachverband Sanitär, Heizung, Klempner, Klima jenen ihrer 1.100 Mitgliedsbetriebe aus, der die größte Zahl thermischer Solaranlagen installiert hat. In diesem Jahr wird – als erster überhaupt – der Neuruppiner Wolfgang Schiemann zum 1. Brandenburger Solarkönig gekrönt. Seit 1996 hat er 46 Solaranlagen mit einer Gesamtfläche von 257 m2 installiert. Ebenfalls 1999 erhält der Solaraktivist, Autor und MdB Hermann Scheer, Präsident von Eurosolar, den Alternativen Nobelpreis, nachdem er im Jahr zuvor schon den Weltsolarpreis erhalten hat. In seinem Buch Solare Weltwirtschaft belegt er, daß die offenen und verdeckten Subventionen der konventionellen Energieerzeugung und ihres Verbrauchs weltweit zwischen 300 Mrd. $ und 850 Mrd. $ betragen, was die Wettbewerbsfähigkeit der regenerativen Energie extrem stark sabotiert.

Bereits im Juni 1999 eröffnet das erste Solarkaufhaus im Internet, wo es vom Spielzug bis zum Teichspringbrunnen alle möglichen Solarzellen-nutzenden Gerätschaften online zu bestellen gibt.

Solarsegel Münsingen

Solarsegel Münsingen

Eine Solarstromanlage, die gleichermaßen optisch und technisch beeindruckt, ist das 1999 errichtete 22 m hohe Solarkunstwerk Sonnensegel der psychiatrischen Klinik im schweizerischen Münsingen. Der Entwurf stammt von dem Berner Architekten Peter Schürch, die Ausführung übernimmt die Taroni Metallbau AG in Zolligkofen. Die monokristallinen Solarzellen der Firma Astropower mit einem Wirkungsgrad von rund 15 % werden von der Atlantis Solar Systeme AG in Bern auf die verschiedenen Segmente aus gehärtetem Einscheiben-Sicherheitsglas laminiert.

Damit Unterhalt, Wartung, Versicherungen und Rückstellungen über mindestens 20 Jahre sichergestellt werden, wird der Strom aus den 100 m2 Solarzellen an die Ökostrombörse der Gemeinde Münsingen verkauft. Die Kommune bezahlt pro eingespeister Kilowattstunde einen Franken. 1999 wird das Sonnensegel mit dem prix eta ausgezeichnet, dem Innovationspreis der Schweizer Stromwirtschaft.

Die weltweit installierte Photovoltaik-Leistung erreicht in diesem Jahr 1.000 MW.

Im Juni 2000 ist der offizielle Baubeginn des Internationalen SolarCenter (ISC) am Stralauer Platz nahe dem Ostbahnhof in Berlin. Die alte Niles-Werkzeugmaschinenfabrik wird für insgesamt 75 Mio. DM zu einem modernen Gebäudekomplex umgebaut, in dem sich zukünftig 2.000 Menschen mit erneuerbaren Energien beschäftigen werden. Die spätere Umsetzung enttäuscht allerdings alle in das Projekt gesetzten Hoffnungen.

Auf der EXPO 2000 in Hannover wird u.a. auch das Projekt 21 Brücken in das Solarzeitalter präsentiert – das als eines der größten dezentralen Projekte in Berlin gilt.

Ende des Jahres einigen sich die EU-Minister darauf, den Anteil der erneuerbaren Energien in Europa von einem Referenzwert von 13,9 % im Jahr 1997 auf 22 % im Jahr 2010 zu steigern. In Deutschland ist eine Steigerung von 4,5 % auf 12,5 % vorgesehen.

Zwischen 2000 und 2003 läuft ein Forschungsprogramm des Schweizer Paul Scherrer Instituts in Zusammenarbeit mit der Firma QualiCal AG, Lugano, bei dem der erste solarbetriebene Kalkreaktor entwickelt wird. Neben dem 10 kW Solarreaktor wird auch ein innovatives Fördersystem für den kontinuierlichen Betrieb, eine rotierende, feuerfeste Reaktionskammer sowie eine wassergekühlte Frontplatte entwickelt und gebaut. Es zeigt sich, daß ein Kalzinierungsgrad von mehr als 98 % erreichbar ist, während der thermische Wirkungsgrad schon ohne optimierten Reaktor 10 – 15 % beträgt. Es wird Kalk von unterschiedlicher Qualität hergestellt – wobei sich gewöhnlicher Kalk aus einem kleinen dezentralen Solarofen sehr gut für den Straßen- und Häuserbau in abgelegenen Gebieten einsetzen ließe.

Im Juli 2002 installiert in Hausach, in der Nähe von Freiburg, die erste TOTAL Tankstelle eine Solarzellenanlage aus 60 Modulen mit einer Gesamtleistung von 100 kW auf ihrem Dach. Gleichzeitig bekommt die Messe München die zu diesem Zeitpunkt weltweit größte Photovoltaik-Aufdachanlage mit gut 1 MW Spitzenleistung installiert. Die bundeseigene KfW beginnt im Rahmen eines Darlehensvertrages über 15,8 Mio. € damit, in Südafrika rund 27.000 Haushalte mit PV-Anlagen auszurüsten, außerdem werden Schulen und Gesundheitsstationen mit Solarstrom versorgt. Und im Catalina Park findet das bereits 20. öffentliche Solarkochen statt.

Solar Aid Ladestation

Solar Aid

2003 wird von der Firma Godisa Technologies in Botswana das Projekt Solar Aid (später: Solar Ear) gestartet, das sich primär um kleine Solar-Ladestationen für elektronische Hörgeräte kümmert, die von Howard Weinstein entwickelt worden sind.

Insbesondere für Bewohner der 3. Welt sind die Batterien für diese Geräte extrem teuer, weshalb das Unternehmen ein entsprechendes Ladesystem entwickelt, mit dem diese Batterien innerhalb von 6 – 8 Stunden und bis zu 400 Mal wiederaufgeladen werden können. In dem UV-resistenten Plastikgehäuse stecken neben der Solarzelle und einem Akku nur noch drei Widerstände, ein Transistor, eine Diode und ein LED, was die Herstellungskosten des Laders niedrig hält.

Später werden die bewußt nicht patentierten Geräte, welche die Lebensdauer der Batterien auf 2 – 3 Jahre strecken, von der brasilianischen Firma Solar Ear hergestellt. Ihr Preis wird mit rund 100 $ angegeben. 2009 erhält Weinstein den BD Biosciences Economic Development Award. Zu diesem Zeitpunkt werden die Solar-Ladegeräte bereits in Brasilien, Botswana und auf der Westbank in Palästina produziert.

Im Jahr 2003 schreibt die Zeitschrift Solarboulevard den Wettbewerb Wer hat die älteste Solaranlage? aus. Gewinner werden Herbert Rampfl (57) aus dem bayerischen Großkarolinenfeld und Heinz Schrader (76) aus Hessisch Oldendorf – die beide ihre Anlagen bereits 1973 im Eigenbau konstruiert hatten. Ebenfalls 2003 werden nun schon zum zehnten mal von EUROSOLAR und der KfW Förderbank die Europäischen Solarpreise vergeben – die diesmal u.a. an den TV-Wetterpapst Jörg Kachelmann und den Sun-Fuel-Erfinder Bodo Wolf gehen. Außerdem nimmt in diesem Jahr im hessischen Bensheim Europas erster Direktvertrieb für Solarstromanlagen mit eigenen Montage- und Serviceteams seinen Betrieb auf: Das Unternehmen globaccs ag will noch 2003 rund 2.000 PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 3,2 MW verkaufen und installieren.

Die US-amerikanische Tour de Sol öffnet sich 2003 erstmals auch für Fahrzeuge, die mit Biodiesel, Biogas, Wasserstoff etc. angetrieben werden. Und in diesem Jahr kommen auch die ersten solaren Milchaufschäumer auf den Markt.

Im Januar 2004 beendet die Energy Equipment Testing Service (EETS) die Installation der ‚Solar Wall’ am Welsh Development Agency technology center in St. Asaph, North Wales. Diese Wand besteht aus 2.400 Stück CIS Dünnschicht-Solarmodulen von Shell Solar und hat eine Gesamtleistung von 85 kW. Ein Vorteil dieser von SolarMount entwickelten Bauweise ist die gute Rückbelüftung der Panele, welche ihre Betriebstemperatur senkt und damit ihre Effizienz steigert.

Ab 2004 finden in der Schweiz nach österreichischem Vorbild jeweils am 20. und 21. Mai Aktionstage zur Solarenergienutzung statt.

Bike Tree

Bike Tree

Ein Konzept von 2004, das sich leider nicht durchzusetzen vermag, ist der in der Schweiz entwickelte Bike Tree, der die Solarenergie zum Betrieb seiner Motoren nutzt, mit denen er parkende Fahrräder in eine diebstahlsichere Höhe von 5 m hievt. Der Fahrradinhaber kann sein Rad später mittels einer Smart Card wieder herunterfahren lassen.

In Genf werden 3 Stück der solaren Fahrrad-Pilze errichtet, die jeweils 12 Fahrräder sichern können. Das Projekt, das vermutlich Teil eines Bike-Sharing-Programms ist, scheint später in der Versenkung verschwunden zu sein, denn man hört nie wieder davon.

Mitte 2004 gibt die Unternehmensvereinigung Solarwirtschaft (UVS) bekannt, daß bei einem erwarteten Wachstum von jährlich 30 % im Jahre 2010 etwa 100.000 Beschäftigte in dieser Branche arbeiten werden. Der Anteil der Sonnenenergie am Energieverbrauch werde sich auf 5 % – 10 % im Jahr 2020 ausweiten. Man rechnet damit, in diesem Jahr etwa 20.000 solare PV-Anlage zu installieren, womit sich die deutschlandweit erzielte Gesamtleistung auf rund 670 MW erhöhen wird.

Passend zum Solarkönig (s.o.) gibt es nun auch eine Sonnenkönigin in Deutschland. Mit diesem Ehrentitel wird Deutschlands effektivste Solarstromanlage bedacht – die in Brockel bei Rotenburg an der Wümme steht und der örtlichen Kirchengemeinde gehört.  Ihr Rekordergebnis im letzten Jahr: über 1.100 Kilowattstunden pro installiertem Kilowatt. Bundesumweltminister Jürgen Trittin zeichnet die Anlage am 6. Juni 2004 auf dem Umweltfestival in Berlin aus. Veranstaltet haben den Wettbewerb die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) und die GRÜNE LIGA Berlin.

Doch auch schlechte Neuigkeiten gibt es: In der Nacht vom 15. zum 16. Juni 2004 stehlen Unbekannte mehr als die Hälfte der Module einer Freiland-Solarstromanlage in Mirow. Es handelt sich um 30 Siemens-Module vom Typ SM 110, Baujahr 1999. Die Anlage war seit 2001 in Betrieb. Hans-Jürgen Lippe vom Solar-Zentrum Mirow: „Auf Grund der Professionalität deutet alles auf einen fachlich fundierten Auftragsraub hin.“

Die Brüder Michael und David Hartkop konstruieren 2004 aus einer alten Satellitenschüssel und 100 gebrauchten Plastikspiegel ihren ersten solaren Kaffeeröster und starten ihr Solar Roast Coffee Geschäft. Nach dem Helios 1 wird im Sommer 2005 der Röster Helios 2 gebaut, der mittels seiner Glasspiegel ein Kilo Kaffee in weniger als 20 Minuten verarbeiten konnte. 2006 folgt eine mobile Anlage, da die Wetterbedingungen in Oregon nur 3 Monate lang eine ausreichend starke Sonneneinstrahlung zulassen. Helios 3 schafft schon 2,5 kg und wird unter einem transparenten Dome aufgestellt.

2007 zieht das Unternehmen nach Pueblo, Colorado, wo auch ein Ladengeschäft eröffnet wird. Im Folgejahr geht der neue und schon wesentlich größere Solarröster Helios 4 in Betrieb, der in 20 Minuten bis zu 15 kg Kaffee mahlfertig rösten kann. Das professionelle System verwendet eine bewegliche Wand mit Spiegeln, die das Sonnenlicht auf eine Receiverbox konzentrieren, in der die Luft auf einige hundert Grad erwärmt wird. Diese erwärmte Luft wird dann in den Solar-Röster geleitet. Als Reserve gibt es einen herkömmlichen Propan-Brenner. 2010 haben die Brüder schon drei Läden und das Geschäft boomt. Außerdem wird ein einer weiteren Röster-Generation gearbeitet. Der Helios V soll 2011 fertig werden. (Über Konzentrator-Technologien wird ausführlich im Kapitel Optimierungs- und Verstärkungstechniken berichtet).

Im Sommer 2004 fördert die Projektagentur Zukunftsfähiges Berlin 13 „neue, innovative Projekte“ aus Lottomitteln. Im Treptower Park und im Schlesischen Park z.B. sollen Solarkocher aufgestellt werden. Ebenfalls gefördert wird ein Projekt, das Kindergartenkinder spielerisch – etwa durch ein solares Puppenhaus – an erneuerbare Energien heranführen will. Für mich liest sich das – in diesem ‚neuen Jahrtausend’ – wie der pure Hohn. Was bei den folgenden Meldung wohl auch manch amerikanischer früher Solaraktivist gedacht hat:

„Ich habe den Menschen in Kalifornien während meiner Wahlkampagne versprochen, mich als Gouverneur für die Sonnenenergie einzusetzen. Heute löse ich das Versprechen ein“, spricht Arnold Schwarzenegger am 28. Februar 2005. Bis 2018 sollen in Kalifornien Solarstromanlagen mit einer Leistung von 3.000 MW zur Stromversorgung beitragen. Um das Ziel zu erreichen, soll die Regulierungsbehörde einen Förderfonds einrichten. Außerdem will Schwarzenegger die Grenze, bis zu der Energieversorger Provisionen für Überschuß-Strom aus Photovoltaikanlagen zahlen müssen, von etwa 0,5 % auf 5 % der Spitzenlast erhöhen. Der aktuelle Gesetzesentwurf setzt auf sinkende, staatlich geförderte Preisnachlässe bei Solarstromanlagen. Allerdings dürften die Gelder nicht aus dem maroden Staatsbudget kommen. Statt dessen werden die kalifornischen Einwohner wohl eine Extra-Solar-Gebühr mit ihrer Stromrechnung zahlen müssen.


Solar-Rucksack

Die ‚estec’ in Freiburg findet 2005 zwar erst zum zweiten Mal statt, gilt aber trotzdem schon als weltweit bedeutendste Solarthermie-Konferenz. Zu den Sponsoren gehören unter anderem Aeroline, Armacell, Conergy, Gasokol, Greenonetec, Grundfos, Interpane, Schüco, Velux und Wilo. Und die bereits 1952 gegründete kalifornische Firma O’Neill zeigt Ende 2005 erstmals einen Rucksack mit integrierten Solarzellen an, der von den Outfittern alsbald für rund 200 € angeboten wird.

Es scheint allerdings, als sei die Firma schon von dem Stores-Versand reware.com überholt worden, der für 175 $ bereits seit Mitte 2005 einen Juice Bag in sechs Farben anbietet, dessen flexible Solarzellen einen Output von 6,3 W erreichen.

2005 erhält Wolf von Fabeck den Deutschen Solarpreis. Der Mitbegründer des Solarenergie-Fördervereins Deutschland e.V. (SFV) 1986 wird für sein langjähriges Engagement im Bereich der Erneuerbaren Energien und insbesondere seine Rolle als Ideengeber der kostendeckenden Vergütung ausgezeichnet, die inzwischen ein international weit verbreitetes und höchst erfolgreiches Modell darstellt. Neben ihm wird auch Hermann Scheer als Vater des EEG bezeichnet.

Der Hamburger Ulrich Heitfeld,  der bereits 1979 seine Diplomarbeit über die Nutzung der solaren Strahlungsenergie geschrieben hat, propagiert ab 2006 mit seiner Aktion Weltlicht.de die Ablösung der Petroleumlampe in der 3. Welt, die er als gesundheitsschädlich und angesichts der vielen Brände sogar als lebensgefährlich betrachtet. Sein Solarsystem besteht aus einem 8 W PV-Modul, einem Laderegler, einer 12 V Batterie und drei starken LED-Leuchten, deren Lebensdauer bei zehn Stunden Licht pro Tag 27 Jahre beträgt (198,- €).

Der Vorsitzende des Intergovernmental Panel on Climate Change Rajendra Pachauri, der 2007 gemeinsam mit dem unsäglichen Al Gore einen Nobelpreis bekommt, errechnet, daß man mit den Kosten von fünf Wochen Krieg im Irak (15 Mrd. $) eine Milliarde Menschen mit PV-Strom versorgen könnte.

Am 23. Juni 2006 feiert das von Professor Adolf Goetzberger gegründete Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) sein 25-jähriges Bestehen. Wir erinnern uns: 1981 mußte Goetzberger erhebliche Widerstände überwinden, um ein solar-orientiertes Fraunhofer-Institut gründen zu können. Solartechnik wurde belächelt und galt nicht als industriefähig. Heute, 25 Jahre später, erzielt die Branche allein in Deutschland einen Umsatz von mehreren Milliarden Euro. Weitere aktuelle Details finden sich unter ‚Marktentwicklung’. Später wird Adolf Goetzberger für sein Lebenswerk in der Solarenergie mit dem Preis Europäischer Erfinder des Jahres 2009 ausgezeichnet.

Das Konzept eines solarbetriebenen Implantats, das die Rückseite des Auges mit Chemikalien versorgt und blinde Menschen wieder sehen lassen soll, wird 2006 vorgestellt. Der Chip stimuliert die Netzhaut durch Besprühen mit Neurotransmittern. Im Gegensatz zu anderen in der Entwicklung befindlichen Implantaten, die eine elektrische Ladung direkt auf Netzhautzellen erfordern, funktioniert das neue vorgeschlagene System, ohne daß sich die Zellen erwärmen.


Solarjo-Handtasche von Hynek

Und damit die Kreativität nicht zu kurz kommt, füge ich hier noch ein paar der aktuellen Solarenergie-Umsetzungen im künstlerischen Bereich hinzu:

Der Maschinenbau-Doktorand an der State University of Iowa Joe Hynek entwickelt Ende 2005 eine rechteckige Handtasche, deren Außenhülle – mit Solarzellen bestückt – elektronische Kleingeräte aufladen kann. Sein Stück nannte Hynek Solarjo Power Purse, die einzelnen Zellen sind durch weiße Linien getrennt. „Ich habe viel Arbeit investiert, um das technische Äußere so zu designen, daß die Tasche auch von Geschäftsfrauen getragen werden kann“, wird der Entwickler zitiert. Konzipiert ist die Solar-Tasche dafür, elektronische Kleingeräte wie iPod, Handy, Kamera oder Diktiergerät via USB-Stick aufzuladen. Die Materialkosten sind zwar noch beachtlich, jedoch hofft Hynek, die Solar-Handtasche für unter 300 Dollar verkaufen zu können.

Um beim zweiten Energiegipfel im Oktober 2006 den praktischen Nachweis zu erbringen, daß Erneuerbare Energien sehr wohl eine 100-prozentige Vollversorgung der Bundesrepublik übernehmen können, bündeln die Enercon GmbH, die Schmack Biogas AG und die SolarWorld AG ein paar bestehende Anlagen zu einem solaren Kombikraftwerk.

Besonders ästhetisch und preiswürdig finde ich die 2006 vorgestellten Solar-Lampions von Damian O’Sullivan – da diese auch in ihrem Minimalismus und ihrer Ehrlichkeit bestechen. Statt nämlich die in diesem Fall 36 Solarzellen irgendwo im Deckel zu verstecken, wie es die meisten anderen Designer und Hersteller tun, bilden sie hier in multifunktionaler Weise gleichzeitig auch den Corpus der Solarlampe. Innen befinden sich der Akku sowie die LEDs.

DoCoMo Solarhandy

DoCoMo Solarhandy

Bereits seit Juli 2005 versucht das japanische Monopolunternehmen NTT DoCoMo mit seinem Solarhandy-Prototypen FLIP PHONE Interesse auf dem Markt zu wecken. Das Gerät besitzt rückseitig eingelassenen Solarzellen, die es immer wieder ‘von alleine’ aufladen. 

Mitte 2006 zeigt auch das Fraunhofer Institut das Konzept eines dort entwickelten Solarhandys, doch beide Konzepte sind bislang noch nicht umgesetzt worden.

Das Helen Hamlyn Research Center for Inclusive Design erhält 2006 einen Preis für seine Innovation ‚The Sunlight Table’ – die zwischen der Natur und der Arbeitswelt vermitteln soll, indem die Tischplatte perforiert und mit Glasfasern ausgestattet wird, deren Ende an der Außenseite des Bürogebäudes befestigt wird. Dadurch reichen das Tageslicht, der Sonnenschein und sogar die Schatten vorbeifliegender Vögel bis in die Arbeitsräume hinein.

Ein weiteres sehr schönes Projekt stammt von Sheila Kennedy und Frano Violich, die bereits gemeinsam 1988 in Boston die Kennedy & Violich Architecture Ltd. (KVA) gründeten. Hier startet im Jahr 2006 das Sierra Portable Light Projekt, bei dem ein interdisziplinäres Team neue Modelle für energieeffiziente elektrische Energie und Beleuchtung entwickelt und umsetzt. Zielgruppe sind die bis zu 2 Mrd. Menschen auf unserer Welt, die noch immer kein elektrisches Licht zur Verfügung haben.

Solare Reading Mat

Reading Mat

Das integrative Design-Konzept manifestiert sich in MAT Taschen, die von Frauen in der San-Andreas-Region der Sierra Madre, Mexiko, auf traditionellen Webstühlen gewebt werden – sowie dem Prototyp einer tragbaren, leuchtenden ‚Reading Mat’, in der hell strahlende LED’s und flexible Solarzellen in textilem Material eingebettet sind. Die selbstleuchtende, weiche Lesematte wiegt weniger als 230 g, läßt sich falten oder rollen, und liefert nach fünf Stunden Ladezeit 160 Lumen Licht – vier Stunden lang.

Weltmarktführer Sharp wirbt für Produktion von Solarzellen, indem er am 14.09.2006 vor dem Kulturforum auf dem Matthäi-Kirchplatz in der Nähe des neuen Regierungsviertels einen Solarobelisk enthüllt, eine 5 m hohe, aus Edelstahl und Glas bestehende solarbetriebene Multimedia-Skulptur. Entwickelt wurde der Solar-Obelisk durch die Berliner Solar Lifestyle GmbH in Zusammenarbeit mit dem Architekten Ingo Schneider.

Mein Freund Sepp Fiedler, Geschäftsführer der Solar Lifestyle GmbH, beschrieb den Bezg: „Im alten Ägypten stand ein Obelisk für die freundschaftliche Verbindung der Menschen mit dem Sonnengott. Heute soll er als Monument für einen verantwortungsbewussten Umgang mit den natürlichen Ressourcen unseres Planeten verstanden werden.“

Der mit vier semitransparenten Sharp-Dünnschicht Solarmodulen (je 37 W) bestückte Solar-Obelisk ist innen beleuchtet, hat einen Granitboden und ist von einer Sitzbank umgeben. Auf der Rückseite zeigt ein Display die aktuelle Einstrahlungsenergie an und informiert über den Standort und die Folgen des Klimawandels. Die Idee ist gut, die Umsetzung allerdings etwas schwach, denn mit mickrigen 5 m Höhe ist ein Obelisk einfach zu klein. Zwischen markanten Gebäuden wie dem Museum, der Nationalgalerie und der Matthäikirche um ihn herum kommt er nicht zur Geltung.

Sehr nett ist auch der Song ‚Solarenergie’ der Berliner Gruppe Culture Candela, der zur Zeit manchmal im Radio gespielt wird.

HTW Solarhandy

HTW Solarhandy

Im März 2007 folgt dann das 140 g schwere Solar-Phone S116 des chinesischen Herstellers Hi-Tech Wealth (HTW), das für rund 390 € über den Online-Shop des Unternehmens erhältlich ist. Es handelt sich um ein Klapp-Handy, dessen Oberseite komplett mit Solarzellen bestückt ist. Im direkten Sonnenlicht reichen 40 min. Aufladezeit, um 20 – 25 min. telefonieren zu können. Ob und wann es auf den Markt kommen soll, ist noch nicht bekannt. Bis 2009 will die Firma 30 verschiedene solare Modelle anbieten.

In diesem Sommer präsentiert der Bademoden- und Dessoushersteller Triumph in Spanien auch den ersten kommerziellen Badeanzug mit integrierten Solarzellen, die bis zu 4 W liefern, um etwa Handys oder MP3-Player aufzuladen. Für die technische Umsetzung hat sich Triumph mit dem Solarhersteller Conergy zusammengetan (s.d.).

Nach mehrjähriger Entwicklungsarbeit bringt PowerGuy im Mai 2007, kurz vor dem G8 Gipfel in Heiligendamm, mit dem Solar-Charger SP1000 das erste netzunabhängige Solarladegerät für mobile Elektrokleingeräte auf den deutschen Markt.

Ebenfalls im Mai 2007 meldet die US-Presse, daß Mitglieder der Amish-Bewegung im Nordosten Ohios, die sich ansonsten strikt weigern elektrischen Strom, das Telefon oder andere moderne Technologien zu nutzen, zunehmend PV-Anlagen auf ihre Dächer setzen, da sie diese als sinnvolle und akzeptable Alternative zum Erdgas oder zu Kerosin-Lampen als Lichtquellen betrachten.

Solar-Maus

Solar-Maus

Im August 2007 wird in Holland (endlich) die erste Computer-Funkmaus mit Solarzellen namens Sole Mio angeboten, da diese – eigentlich sehr bequemen Werkzeuge – zumeist dann leere Batterien haben, wenn es gerade besonders dringend ist.

Entwickelt wurde das Gerät im Rahmen des Syn-Energy-Programms der Netherlands Organisation for Scientific Research (NOW), bei dem die Universitäten von Twente und Utrecht, das ECN und die TU Delft eng zusammenarbeiten. Forscher gehen davon aus, daß eine breitere Nutzung autonomer Stromversorgungen mehrere 100 Millionen Batterien einsparen würde.

Ende 2007 kommt eine neue zusammenrollbare Solarzellen-Matte auf den Markt. Die Brunton SolarRoll 14 ist in der Lage ihrem Outputmaximum von 14 W sogar Laptops zu betreiben – wozu sie allerdings auf ihre Gesamtlänge von 1,5 m der Sonne ausgesetzt werden muß. Das Unternehmen aus Riverton, Wyoming, bietet drei verschiedene Größen an, das hier beschriebene Modell kostet 480 $, kleinere gibt es ab 220 $.

Faltbarer Solar-Charger

Faltbarer Solar-Charger

Etwas billiger, aber natürlich nicht so hip, sind die faltbaren Solarkraftwerke, die es seit Mai des Jahres für knapp 100 $ gibt.

Bluetooth-GPS-Empfänger mit integrierten Solarzellen gibt es inzwischen auch von dem Anbieter HAMA – für Preise um die 120 € –, und im November 2007 verblüffen die Professoren Kunio Komiyama und Gerry Uswak von der Universität Saskatchewan die Fachwelt mit einer ‚solaren Zahnbürste’, die bereits von der japanischen Shiken co. hergestellt wird. Komiyama arbeitet bereits seit über 15 Jahren an dieser Entwicklung, welche zukünftig Zahnpasta obsolet macht, weil das Titanium-Dioxid unterhalb der Nylon-Borsten – wenn feucht und mit Sonnenlicht beschienen – Elektronen freisetzt, welche mit der Säure im Mundraum reagieren und den Plaque ablösen.

Ende des Jahres werden auch die von Ross Lovegrove designten ‚Solarbäume’ bekannt, die bereits im Oktober eine Woche lang auf der Ringstraße in Wien installiert waren.

Während des Tages speichern diese Strukturen genügend Energie, um ihre Umgebung damit nachts beleuchten zu können, wofür unterhalb der jeweils 36 Solarzellen pro ‚Blatt’ starke LEDs installiert sind. Hergestellt werden sie von der Firma Artemide, die Solarzellen selbst stammen von Sharp.

Veil Shade

Veil Shade

In Europa ist das Interesse an derartigen Alternativen zwischenzeitlich gestiegen, nachdem man errechnet hatte, daß 2006 die Straßenbeleuchtung rund 10 % des gesamten europäischen Energieverbrauchs erfordert.

2007 präsentiert die britische Design-Firma Büro North sehr ästhetische Schattenspender namens Veil Shade, die gleichzeitig photovoltaische Absorber darstellen und insbesondere für Schulhöfe gedacht sind. Sie drehen sich automatisch nach der Sonne. Das Projekt geht auf eine Initiative der australischen Regierung zurück, eine sinnvolle Verbindung zwischen Sonnenschutz und Sonnennutz zu finden.

Zu den ersten Unternehmen, die mit Solarmodulen ausgerüstete Taschen entwickeln, gehört SeeSolar in Allensbach, die mit der Solartasche Spacy viel Presse bekommt. Die Solar Bags werden mit Leinwandprints und Leder oder LKP-Plane gefertigt, mit See-, Berge- Städte-Motiven bedruckt oder individuell nach Kundenwunsch gestaltet. Neben dem 1,5 W Solarmodul gibt es einem elektronischen Akku als Zwischenspeicher.

Anfang 2008 meldet der US-Handyhersteller Motorola ein LC-Display zum Patent an, hinter dem Solarzellen verbaut werden können. Damit sollen Handys und andere mobile Endgeräte in die Lage versetzt werden, sich mit Hilfe von Solarenergie selbst mit Strom versorgen. Den Motorola-Technikern ist es gelungen, die LCDs samt den integrierten Solarzellen derart effektiv zu gestalten, daß sogar der Akku komplett geladen werden kann. Damit werden Aufladegeräte überflüssig.

Im Gegensatz zur Lichtdurchlässigkeit bisheriger Displays von 6 – 30 % Prozent konnte nun mittels cholesterischer Flüssigkristalle eine Durchlässigkeit von 75 % erreicht werden, was die beiden Komponenten Polarisator und Reflektor in den Displays überflüssig macht. Ob und wann das Solarhandy auf dem Markt erhältlich sein wird, steht noch nicht fest.

Solar Mobile Phone Charger

Solar Mobile
Phone Charger

Für 160 € ist dagegen das CECT N528 erhältlich, das sich bereits als weltweit erstes Solar-Handy präsentiert und in der Schweiz bestellt werden kann.

Und für Handys oder MP3-Player gibt es 2008 den Solar Charger mit eingebauter Li-Ionen Batterie für 30 $, den Solar Mobile Phone Charger für nur 17 $, der geschlossen eher wie eine Puderdose aussieht, oder den wesentlich höherwertigen Solio Magnesium für 200 $, dessen interner Akku Strom für ein ganzes Jahr speichern soll.

Dieses Objekt läßt sich wie ein Klappmesser öffnen und bildet dann eine der Sonne zugewandte 'Blüte' aus Silizium und Magnesium - das Gehäusemetall. Mitte 2010 stiftet Google.org, der philanthropische Arm des Konzerns, dem in  Entwicklungsländern aktiven International Medical Corps (IMC) 3.000 Stück der Solio Solar Charger im Gesamtwert von 216.000 $.

Eine Vielzahl privater Solarpaten sowie die Firmen Good Energies (Zug/Schweiz), Conrad electronic (Hirschau) und die Industriellen Werke Basel finanzieren das Projekt ‚Licht für Bildung III’, in dessem Rahmen Anfang 2008 das größte Solarprojekt in Ostafrika gestartet wird. Unter der Leitung der Stiftung Solarenergie, mit Sitz in Merzhausen bei Freiburg i.Br., entsteht bis zum Sommer das bereits dritte Solardorf: In Rema-Dire, rund 250 Kilometer von der äthiopischen Hauptstadt Addis Ababa entfernt, sollen 1.500 Hütten mit Solarenergie ausgestattet werden, was rund 6.000 Menschen zugute kommen wird.

Wesentliches Element des Projektes: Die Solarsysteme werden nach dem Prinzip ‚Hilfe zur Selbsthilfe’ installiert. Etwa 24 äthiopische Elektroinstallateure, die in der International Solar Energy School der Stiftung Solarenergie ausgebildet wurden, sind für die Installation und Wartung der Solarsysteme in Rema-Dire verantwortlich.

Der absolute Renner in diesem Jahr könnte der solar betriebene MP4 Player für 123 $ aus China werden, der außerdem Videos abspielt, als Game Boy und als Ladestation für andere Geräte genutzt werden kann. Der Hersteller China Vision hat außerdem noch einen 2 GB Speicher mit eingebaut.

Solartasche Logan Rückseite mit Solarzellen

Logan

Neben diesen Umsetzungen scheinen sich zur Zeit am meisten die Hersteller von Rucksäcken, Taschen und Koffern mit der Integration von Solarzellen in ihre Produkte zu beschäftigen.

Ich werde im Folgenden einige Beispiele besonders schöner oder sinnvoller Designs vorstellen:

Da gibt es einmal die Umhängetasche Logan des Unternehmens Noon Solar aus Chicago, hergestellt aus bayerischem Rindsleder, die zu einem Preis von 412 $ angeboten wird (Solarzellen: 7,2 V/300 mA, Akku: 3,6 V/3.600 mAH).

Den Umweltgedanken treibt der Voltaic Converter Solar Charging Bag noch weiter, ein Solar-Rucksack des US-Versands voltaicsystems.com, dessen Material aus recycelten PET-Flaschen besteht.

Diesen Solarrucksack gibt es zu Preisen zwischen 180 und 220 $ (Solarzellen: 4 W, Akku: 4.400 mAh).

Wesentlich stärker ist der solare Aktenkoffer des gleichen Unternehmens für 599 $, mit dem man auch einen Laptop laden kann (Solarzellen: 14,7 W, Akku: unbekannt).

Voltaic Laptop-Tasche

Voltaic Laptop-Tasche

Die Solar Messenger Taschen von Eclipse Solar Gear gibt es in verschiedenen Farben und zu Preisen zwischen 130 und 270 $ (Solarzellen: 2,5 W, kein Akku).

Und es gibt auch Solar-Rucksäcke der taiwanesischen Firma Nanomar, die nur zwischen 68 und 98 $ kosten – allerdings ausschließlich bei gleichzeitiger Abnahme von 500 Stück... (Solarzellen: unbekannt, Akku: 3,7 V/4.400 mAh).

Im März 2008 übermittelt die Presse das Ziel des indischen Energy and Resources Institute, das mit seinem Solarlampen-Projekt ‚Lighting a billion lives’ den mindestens 1,6 Mrd. Menschen ohne Strom helfen will. Künstliches Licht gibt den Erwachsenen mehr Zeit zu arbeiten und den Kindern die Chance zu lernen. Gleichzeitig würden gesundheitliche Probleme vermieden, die durch Rauch der benutzten Kerosinlampen in den Gebäuden entstehen. Das Projekt sucht nach Sponsoren für die 80 US-$ teuren Lampen.

Ebenfalls im März 2008 präsentiert die US-Firma SRS Building Energy aus Philadelphia eine neue Form photovoltaischer Dachziegel.  Aufgrund der Recherche meines Freundes Chris Gutermann stellte sich heraus, daß sich Solarziegel bislang hier in Deutschland deshalb noch nicht durchgesetzt haben, weil „Dachdecker eben keine Elektriker sind – und umgekehrt“. Es scheint, als schlummere diese Marktlücke seit Jahren unentdeckt vor sich hin.


Solar betriebene
Gebetsmühle

Die verblüffendsten solar betriebenen Objekte, die ich in diesem Jahr gefunden habe, sind jedoch die mit Solarpaneelen ergänzte Gebetsmühlen des seit 1993 bestehenden nepalesischen Unternehmens Lotus Energy: „Die Lotus Solarenergie Gebetsmühle dreht sich durch die Strahlen der Sonne zur Verbreitung von Frieden und Harmonie in Ihrem Haus und in der Welt.“

Ein weiteres Projekt zur Lichtversorgung ohne Stromnetz wird von den Projektpartnern SolarWorld AG, Osram und Nokia getragen. Im April 2008 wird darüber berichtet, daß am Viktoriasee in Kenia, an dem rund 30 Mio. Menschen ohne Zugang zum Stromnetz leben, in der Kleinstadt Mbita ein Pilotprojekt startet, das gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung des Off-Grid-Konzepts bietet, das inzwischen als sinnvoller Weg in die Zukunft für Entwicklungs- und Schwellenländer gilt.

Rund 175.000 Fischer auf dem See locken jede Nacht mit Kerosinlampen Fische an. Für die Fischer in Mbita rechnet sich das Umsatteln auf die solar-betriebenen Osram-Energiesparlampen bereits nach vier Wochen, da bisher allein die Kerosinkosten über die Hälfte ihres Einkommens ausmachen. An einer eigens dafür gebauten Solarstation können die Anwohner Akkus für energiesparende Lampen und Leuchten sowie andere Elektrogeräte wieder aufladen. Dadurch werden an den ‚Solarenergy-Hubs’ auch neue Arbeitsplätze geschaffen. Für die Finanzierung der Lampen und der Pfandanleihe steht den Nutzern ein Microfinancing-System zur Verfügung, das von der lokalen Nicht-Regierungs-Organisation OSIENALA betrieben wird.

Solar-Laptop Grafik

Solar-Laptop (Grafik)

Der Designer Nikola Knezevic stellt 2008 das Konzept für einen Solar-Laptop vor, der auch durch das Design überzeugt.

Nachdem im April 2008 das Berliner Volksbegehren der Initiative ICAT scheitert und der Flughafen Berlin-Tempelhof nun endgültig zum Jahresende geschlossen werden soll, wird für das riesige innerstädtische Areal seitens des Solarvereins Berlin Brandenburg vorgeschlagen, daraus eine Gigawatt-Solaranlage zu machen. Als bevorzugten Standort schlägt der Verein die Nutzung der ohnehin versiegelten Flächen der Rollfelder als ‚Solarbahnen’ vor.

Außerdem schlägt der Verein als Betreibermodell das Beteiligungsmodell der Bürgersolaranlagen vor, bei dem sich Privatpersonen und Unternehmen an den Anlagen beteiligen können. Berechnungen zufolge würden 100 ha, also ein Viertel der Gesamtfläche, pro Jahr mit statischen Solarmodulen einen Ertrag von 12,5 GWh erwirtschaften, mit nachführbaren Solarmodulen sogar 16,3 GWh, was dem Bedarf von rund 7.000 Haushalten entspräche. Bei einem durchschnittlichen städtischen Verbrauch von 4.500 kWh pro Jahr würde es allerdings nur für die Hälfte reichen.

Zu den bemerkenswerten solartechnischen Produkten und Designs, die 2007/2008 auf den Markt kommen, gehört der Solartisch der Sudia Design Labs in Brooklyn, NY, dessen Batterie in nur drei Stunden Sonnelicht aufgeladen wird, und der mit seinem integriertem 120 V Inverter auch in der Lage ist, einen Laptop rund vier Stunden lang zu betreiben. Falls gewünscht kann das Panel schräg ausgeklappt werden (3.600 $).

Der PowerCube 6000 von Reluminati ist ein transportables, aufklappbares System mit drei 200 W Paneelen, 3,5 kW Leistung und integriertem 2.400 Amh Speicher (25.000 $), das allerdings die Maße einer großen Kühltruhe hat.

PowerCube 6000

PowerCube 6000

Etwas kleiner sind der Portable Solar Powered Generator (PSPG) von Ken Solar, der 1,5 kW Leistung bereitstellt und eher einem Trolly nachempfunden ist, sowie der Parasolar von Oded Shorer aus Israel, ein kleines Ladegerät mit 12 V Ausgang oder zwei USB-Anschlüssen, das bei Bewölkung auch als Regenschirm genutzt werden kann.

Beim Australian Design Award/Dyson Student Award 2008 schlägt Daniel Fitzgerald von der Swineburn University mit seinem ‚Air-line’ ein integriertes Wind/Solar-System vor, das zum Trocknen von Kleidung gedacht ist und ausklappbar auf Balkonen und sogar an Fassaden von Wohntürmen installiert werden kann. Durch die dunkle Abdeckung sind die Wäschestücke auch nicht sichtbar.

Der Air-line nutzt Solarzellen, um Ventilatoren anzutreiben, welche die Luft durch die Kleidung blasen, bis ein Sensor erkennt, daß die Kleidung trocken sind, worauf sich die Solarzellen wieder zum Laden von Batterien umschalten, so daß der Rack auch in der Nacht verwendet werden kann. Ein Aufzieh-Mechanismus, der in Betrieb gesetzt wird, wenn die Kleidung ausgelegt wird, erlaubt dem Rack, zur Effizienzoptimierung des Solarpanels der Sonne zu folgen.

Ein sehr interessantes Projekt wird im Mai 2008 von dem schottischen Architekturbüro ZM Architecture vorgeschlagen.

Solar Lily Pads

Solar Lily Pads

Der Clyde River in Glasgow soll dabei eine Anzahl schwimmender Solaranlagen aufnehmen. Die von Peter Richardson entwickelten Solar Lily Pads sehen aus wie riesige Seerosen-Blätter.

Berechtigterweise erhält er auch gleich den ersten Preis des internationalen Designwettbewerbs Land and Sea. Eine erste kleine Pilotanlage soll nun in der Nähe des Glasgow Science Centre zu Wasser gelassen werden.

Es ist jedoch nicht das erste Mal, das Photovoltaikanlagen schwimmen lernen. mit dieser Technik löste auch das Far Niente Weingut im kalifornischen Oakville im Jahr 2008 sein Platzproblem, denn dort hatte man weder ein großes Dach, noch wollte man den guten Boden nutzen, auf dem die Weinstöcke angebaut werden.

Nun schwimmen 994 Solarpeneele auf 130 Pontons auf dem großen Wasserbecken des Unternehmens. Gemeinsam mit weiteren 306 Solarpeneelen auf einem angrenzenden Landstrich produziert die Anlage 477 kW Spitze, was den Bedarf des Weingutes mehr als deckt.

Gekostet hat das ganze 4,5 Mio. $ – und einen positiven Nebeneffekt bildet die Tatsache, daß durch die Beschattung des Wassers seine Verdunstungsrate erheblich gesunken ist.

Als größte innerstädtische Solar-Struktur Europas gilt 2008 das PV-Dach im Forum Park in Barcelona. Seine Fläche beträgt 10.500 m2 und versorgt die öffentlichen elektrischen Versorgungseinrichtungen des Veranstaltungsparks.

Forum Park Solaranlage

Forum Park

Eine überraschende Meldung kommt im August 2008 von Prof. Zhu Huai Yong (Queensland University of Technology), dem zufolge mit Gold bemalte Kirchenfenster die Luft reinigen, wenn sie von Sonnenlicht durchstrahlt werden. Die mittelalterlichen Glaser waren damit die ersten Nanotechnologen, die mit Gold-Nanopartikeln in verschiedenen Größen Farben hergestellt haben. In einer modernen Sprache ausgedrückt bildeten diese bunten Fenster photokatalytische Luftreiniger mit nanostrukturierten Gold-Katalysatoren, die Luftschadstoffe gebunden haben.


Alles in Allem also sehr viele Ideen und Ansätze - und sogar eine beachtliche Menge erfolgreicher Umsetzungen, die zumeist individuellen Überzeugungstätern zu verdanken sind. Die weiteren Entwicklungen der photovoltaischen Nutzung ab 2009 habe ich den entsprechenden Unterkapiteln zugeordnet.


Doch wie sieht es eigentlich mit der Sonnenenergie-Förderung durch öffentliche Institutionen auf nationaler und internationaler Ebene aus?


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