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Geschichte der Elektromobile und Hybridfahrzeuge (ab 1900)


Das Elektroauto ist zur Jahrhundertwende also äußerst präsent. Um 1900 gibt es jedenfalls viel mehr Elektroautos als solche mit Ottomotor.

Auch Ferdinand Porsches erster Wagen ist ein Stromer – und sogar der Deutsche Kaiser Wilhelm II besitzt drei Elektrofahrzeuge in seinem aus 15 Fahrzeugen bestehenden Wagenpark. Die Bilanz heutiger Staatsführer sieht da wesentlich schlechter aus - und ebenso die gegenwärtige industrielle Diversifikation: Im Jahr 1900 gibt es in den USA nämlich schon ca. 75 Fabriken, die in diesem Jahr insgesamt 4.192 Automobile produzierten: Davon sind rund 1.690 Stück Dampfautomobile, 1.575 Elektrofahrzeuge und etwa 930 Benzinfahrzeuge.

Loher-Porsche Elektromobil von 1900

Lohner-Porsche (1900)

Das Elektromobil ,Lohner-Porsche’, von Porsche für die Wiener k.u.k. Hofwagenfabrik Ludwig Lohner & Co. konstruiert, wird erstmals auf der Weltausstellung in Paris im Jahr 1900 gezeigt. Das Hybridfahrzeug, das neben dem Elektromotor auch einen Verbrennungsmotor als Kraftquelle für den stromerzeugenden Generator besitzt, wird von dem erst 24 Jahre alten Ferdinand Porsche speziell für diese Ausstellung konstruiert.

Die in den Radnaben der beiden Vorderräder eingebauten Innenpol-Elektromotoren erbringen eine Leistung von 2,5 PS bis 3,5 PS (kurzzeitig sogar bis zu 7 PS pro Motor) und sorgen für eine Höchstgeschwindigkeit bis 58 km/h, während der 44-zellige Bleiakkumulator mit 80 V Spannung eine elektrische Betriebsdauer von ca. drei Stunden bzw. eine Fahrstrecke von 50 km erlaubt. Das Fahrzeug mit einem Holz-Chassis und Karosserie hat ein Gesamtgewicht von 980 kg (andere Quellen: 1.205 kg) und kann heute im Technischen Museum Wien besichtigt werden.

Am 02.01.1900 startet auf der 5th Avenue in New York ein Elektrobus, in dem innen 8 und außen 4 Personen mitfahren können – für 5 Cent pro Person. Die ‚La Compagnie Francaise des Voitures Electromobiles’ in Paris stellt von 1900 bis 1906 den ‚Cardinet’ in verschiedenen Modellausführungen her. Und auch die Vereinigten Akkumulatoren- und Elektrizitätswerke Pflüger & Co. in Berlin bauen um 1900 eine kleine Anzahl von Elektroautos.

E. Cantono in Rom ist wiederum einer der ersten, der Antriebseinheiten herstellt, die sich gegen die Vorderachse von Pferdekutschen austauschen lassen. Es gibt Versionen für kleinere Kutschen als auch für Kutschen in Omnibusgröße. Die Produktion läuft von 1900 bis 1905 bei den Firmen F.R.A.M. (Fabbrica Botabili Aventreni Motori) in Rom (1905 bis 1906) und Genua (1906 bis 1911). Die Cantono Electric Tractor Co. in Canton (USA) stellt die italienischen Modelle in den Jahren zwischen 1904 und 1907 her.

Auf der Pariser Weltausstellung im Jahr 1901 stellt Lohner das Modell ,Mixte’ vor, das die Bezeichnung Lohner-Porsche Semper vivus erhält. Die Neukonstruktion ist ein Hybrid mit benzin-elektrischem Antrieb, wobei der Benzinmotor mit einer Batterie-Ladevorrichtung als Kraftquelle für den Elektromotor genutzt wird - vermutlich der weltweit erste ,Range-Extender’.

Andrew C. Thompson aus Plainfield (USA) baut 1901 und 1902 elektrisch betriebene Kleinwagen. Es gibt 2 verschiedene Batterie-Versionen, eine mit 40 km und eine mit 100 km Reichweite, bei einer Geschwindigkeit von 20 km/h. Die Autos der British Electromobile Co. Ltd. in London wrrden von 1901 bis 1920 hergestellt. Die ersten Wagen sind offene Autos für vier Passagiere, die Modellreihe wird später beträchtlich erweitert. Bekannt weren sie vor allem für ihre Zuverlässigkeit. Die Ajax Motor Vehicle Co. baut von 1901 bis 1903 elektrisch angetriebene Kleinwagen.

Die City & Suburban Electric Carriage Co. Ltd. in London produziert ihre Wagen von 1901 bis 1905, und schon 1901 wird ein Zweisitzer an die Königin Alexandra ausgeliefert. Das bekannteste Modell der Firma ist der ‚Niagara’, ein Kleinwagen mit Luftbereifung. Ein Hybrid-Modell wird bereits 1903 vorgestellt, geht aber nie in Produktion.

Wood’s ‚Phaeton Surrey’ von 1902 erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von knapp 22 km/h, hat eine Reichweite von rund 30 km und kostet 2.000 $. Das Modell ‚NAG’ wird von drei verschiedenen Firmen gebaut, die sich eigentlich mehr auf Benziner spezialisiert hatten. Von 1902 bis 1908 ist die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft (AEG) der Hersteller, von 1908 bis 1915 die Neue Automobil-Gesellschaft und von 1915 bis 1934 die Nationale Automobil Gesellschaft, alle mit Sitz in Berlin. Wood entwickelt 1916 auch ein Hybridfahrzeug.

Die Kölner Akkumulatorenwerke Hagen bauen ihre Elektroautos von 1903 bis 1908.

Elektromobil Baker von 1904

Baker (1904)

Die Borland-Grannis Co. hat ihren Sitz von 1903 bis 1914 in Chicago, Illinois, und von 1914 bis 1916 in Saginaw. Die ‚Borlands’ benutzen Motoren von General Electric.

F. A. Babcock, der seit 1903 Autos baut, gegründet in Buffalo die Babcock Electric Carriage Co., die von 1906 bis 1912 das Elektroauto ‚Babcock’ produziert. Das Unternehmen Alfred Dinin et Cie. in Puteaux (Frankreich) baut seinerseits 1904 ein kleines zweisitziges Auto. Die Batterien befinden sich unter einer Art Motorhaube, wodurch das Auto ein wenig wie ein Benzinauto aussieht. Der ‚Interurban’ wird ab 1905 von der Firma F.A. Woods Auto Co. in Chicago gebaut. Das Interessanteste an diesem Einsitzer besteht aus seinen zwei austauschbaren Antriebseinheiten. Hat man längere Reisen vor, kann man den elektrischen Antrieb gegen einen Benzinmotor austauschen. Der Austausch erfolgt mit der kompletten Vorderachse und dauert angeblich nicht länger als 15 Minuten. Diese Firma wird zu einem der besser bekannten Hersteller von Elektroautos in Nordamerika. Von 1905 bis 1916 werden die Autos von der Rauch & Lang Carriage Co. in Cleveland gebaut, anschließend vereinigt sich diese Firma mit Baker Electric zur Baker, Rauch & Lang Co. mit Sitz in Cleveland (bis 1922). Danach wird die Produktion in ein kleineres Werk in Chicopee Falls unter dem Namen Rauch & Lang Electric Car Manufacturing Co. verlegt.

Ebenfalls 1903 gründet Henry Ford gemeinsam mit elf weiteren Investoren und 28.000 $ Kapitaleinlage die Ford Motor Company, die sich aber schon von Anfang an auf Autos mit Brennstoffmotoren konzentriert. Benzin ist sehr billig und leicht verfügbar. Auch dadurch bedingt beträgt der Anteil an Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren 1905 schon 86 %, und das bereits sechs Jahre bevor der Amerikaner Charles F. Kettering 1911 den Anlasser entwickelt. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen Autos mit Benzinmotoren ja nämlich noch manuell ‚angekurbelt’ werden. Kettering wird später übrigens Entwicklungschef bei General Motors.

Die Siemens-Schuckert-Werke bauen ab 1905 das Modell ‚Victoria’ in Serie, das sie frech als „das erste Elektroauto der Welt“ bezeichnen.

Elektromobil Detroit von 1917 auf US-Briefmarke

Detroit Electric

Die Zahl der Verkehrstoten wird in Deutschland erstmals 1906 statistisch erfaßt. In jenem Jahr starben bereits 51 Menschen durch Autounfälle – und schon 1913 hat sich die Zahl der Opfer verzehnfacht.

S. R. Bailey & Co. in Amesbury baut von 1907 bis 1915 Elektroautos. Ein Beispiel von 1913 bildet ein zweisitziger Kleinwagen. Einige der Elektrofahrzeuge werden nur für wohlsituierte Käufer gebaut. Der Preis für den ‚Detroit’ ist nicht mehr bekannt, aber er war mit Sicherheit um einiges höher als der eines der zu dieser Zeit schon produzierten Benziner von Henry Ford. Ab 1907 werden die Autos von der Anderson Carriage Co. (1907 bis 1910), dann von der Anderson Electric Car Co. (1911 bis 1918) und zum Schluß von der Detroit Electric Car Co. (1919 bis 1938) gefertigt, alle mit Standort in Detroit. Diese 31 Jahre lang laufende Produktion macht den ‚Detroit’ zum am längsten gebauten Elektroauto seiner Zeit. Gleichzeitig ist er eines der populärsten Autos in den USA und schafft es später sogar auf eine Briefmarke.

1909 wird die Galt Motor Co. gegründet, nachdem Moffat St. Claire und Eddy Fleming den Nachlaßder Canadian Motors Limited gekauft hatten. St. Claire und Fleming verkaufen 10 Autos und benutzen den Gewinn um Hybrid-Autos zu entwickeln. 1914 wird dann das Galt Benzin-Elektro-Auto vorgestellt, doch leider wird es kein Erfolg. Der kleine Benzinmotor treibt einen Generator an um die Batterien aufzuladen. Wenn der Generator mehr Energie erzeugt als der Motor benötigt, werden die Batterien geladen, erzeugt er weniger, werden sie entladen. Auch die Broc Carriage & Wagon Co. mit Sitz in Cleveland und später in Saginaw baut von 1909 bis 1916 Elektroautos. Das Unternehmen bietet in jedem Jahr 4 verschiedene Modelle an.

Ebenfalls 1909 erhält der als Büchsenmacher in Belgien lebende deutsche Erfinder Henri Pieper das US-Patent für seinen Benzin-Elektro-Hybrid. Beantragt hatte er es bereits im November 1905.

Pieper-Patent

Pieper-Patent

Im Jahr 1910 hat sich die Öffentlichkeit bereits für das Verbrennungsauto entschieden und beginnt, sich an Lärm und Abgase zu gewöhnen. Der Klang eines Verbrennungsmotors wird zum Symbol für Kraft, Prestige und Fortschritt. Die Straßennetze werden ausgebaut und immer mehr Tankstellen sind verfügbar, woraus der Wunsch nach längeren und schnelleren Reisen erwächst. Die Entdeckung immer neuer Ölquellen in Texas reduziert den Benzin-Preis weiter. Henry Ford beginnt daraufhin mit der Massenproduktion von Verbrennungsautos, was zu einem Stückpreis von 500 $ bis 1.000 $ führt. Elektroautos sind in diesen Jahren dagegen nicht unter 1.750  $ zu haben.

Die Ohio Electric Car Co. in Toledo baut von 1910 bis 1918 Elektroautos, die meisten davon als geschlossene Ausführungen. Zuerst von der R. C. H. Corp (1911 bis 1912) und dann von Hupp-Yeats Electric Car Co. (1912 bis 1919) hergestellt, beide in Detroit angesiedelt, ist der ‚Hupp-Yeats’ ein beliebtes Elektroauto für vier Passagiere. 1912 wird eine neue Buffalo Electric Vehicle Co. gegründet, welche die Babcock Electric Carriage Co., die Buffalo Automobile Station Co. und die Clark Motor Co. unter einem Dach vereinigt.

Ab 1910 untersucht Prof. Alois Riedler Elektrowagen auf seinem Prüfstand an der TU-Berlin, muß jedoch feststellen, daß die damals verwendeten Batterien für einen breiten Einsatz viel zu schwer sind. Trotzdem gibt es bis zum ersten Weltkrieg einen Boom – Busse, Postautos und sogar Krankenwagen fahren elektrisch. In den USA erreicht die Produktion von Elektroautos ihren Höhepunkt im Jahr 1912, und 1913 gibt es fast 40.000 Elektrofahrzeuge. Darunter zum Beispiel den ‚Commercial Electric Truck’‚ der um 1913 von General Electric gebaut wird.

Auch General Motors (GMC) stellt zwischen 1912 und 1917 elektrisch angetriebene Lastwagen her. Während 1913 immerhin 173 Stück hergestellt werden, was etwa 40 % des Jahresumsatzes entspricht, endet das Geschäft 1917 mit nur noch einem einzigen E-LKW. Mit den aufkommenden, brennstoffbetriebenen Lastwagen kann nicht mehr konkurriert werden.

Electric Truck von GMC

Electric Truck (GMC)

1913 wird die erste Tankstelle gebaut, deren Erfolg zu einem regelrechten ‚Tankstellen-Boom’ führt, und dies lange Zeit bevor an ein halbwegs dichtes Elektrizitätsnetz zu denken war. Aufgrund der zunehmenden Verbreitung von Benzin-Tankstellen und der Tatsache, daß Benzin zu dieser Zeit extrem billig ist, aufgrund der Weiterentwicklung der Verbrennungsmotoren, der Erfindung des Anlassers und zuletzt auch aufgrund der Kunden, die sich von einem lauten und kraftvoll erscheinenden Benziner einfach mehr Prestige versprachen, beginnt der Elektroautomarkt an Anteilen zu verlieren.

Als Hauptnachteil der Elektroautos dieser Zeit gelten die Batterien. Der Blei-Akkumulator wird zwar stetig weiterentwickelt, z.B. von Faure, Brush, Volckmar, Swan, Sellon, Correns, Bersey und vielen anderen. Die bedeutendsten Probleme sind bislang jedoch noch ungelöst: Der Elektrolyt besteht aus korrosiver Schwefelsäure, und im Falle eines Lecks korrodieren die Fahrzeugteile und Schwefelsäure-Dämpfe treten aus. Die Batterien altern auch dann, wenn sie nicht in Benutzung sind, und müssen in der Regel nach 2 Jahren ausgetauscht werden. Außerdem sind sie sehr schwer, wodurch Elektroautos immense Schwierigkeiten mit ansteigenden Straßen haben. Auch die Temperatur hat einen großen Einfluß auf die Leistungsfähigkeit des Akkumulators.

Eine weitere Schwierigkeit ist in der elektrischen Infrastruktur zu sehen. Elektrische Anschlüsse sind zu dieser Zeit noch nicht selbstverständlich, und vor allem ist auch die Standardisierung noch nicht weit vorangeschritten. Einige Elektrizitätswerke produzieren Gleichstrom (favorisiert von Edison), andere Wechselstrom (unterstützt von Westinghouse und Tesla). Es ist also nicht möglich, sein Elektroauto an jeder Steckdose zu laden, so man denn überhaupt eine fand. Man darf die Ursache für das Scheitern des Elektroautos in dieser Zeit daher keinesfalls nur auf die fehlende Leistung und Reichweite sowie auf die Erfindung des Anlassers reduzieren.

Elektromobil Milburn von 1915

Milburn (1915)

Vorerst geht die Produktion von Elektroautos jedoch weiter. Die Milburn Wagon Co. in Toledo baut von 1914 bis 1922 Elektroautos wie den ‚Owen Magnetic’. Als einer der erfolgreichsten Hersteller der Branche produziert das Unternehmen in dieser Zeit mehr als 1.000 Autos. Die Hybrid-Wagen haben einen Benzinmotor sowie Elektromotoren an der Hinterachse. Eines der Autos wird von Enrico Caruso gefahren. Die Firma wird 1915 von Baker Electric übernommen.

Die Ward Motor Vehicle Co. in New York stellt von 1914 bis 1916 den ‚Ward Electric’ her. Dieses Auto ist ein Zweitürer in geschlossener Ausführung, dessen angegebene Reichweite 160 km beträgt. Ein weiteres geschlossen ausgeführtes Fahrzeug für vier Passagiere mit dem Namen ‚Chicago’ wird zwischen 1915 und 1916 von der Chicago Electric Motor Co. in Chicago gebaut.

Zwischen 1915 und 1918 wird auch das ‚Woods 1916 Dual Power Modell 44 Coupe’ produziert, das für den Geschwindigkeitsbereich von 0 bis 24 km/h durch einen Elektromotor, und bei schnellerer Fahrt – bis zu seiner Höchstgeschwindigkeit von rund 56 km/h – durch einen 4-Zylinder-Benzin-Motor angetrieben wird.

Der ‚Red Bug’ ist ursprünglich eine elektrisch betriebene Version des Briggs & Stratton Buckboard. Ein Elektromotor treibt die Hinterachse mit Hilfe von 12 V Batterien an. Das erste Modell wird 1916 in Milwaukee von der A. O. Smith Co. unter dem Namen ‚Smith Flyer’ gebaut. Auch als ‚Dead Bug’ (Tote Wanze) bekannt wird der Wagen auch von der Automotive Electric Service Corp. in Newark, und später von der Standard Automobile Co. in North Bergen hergestellt (1924 bis 1928).

Von 1918 bis 1942 baut die Walker Vehicle Company sowohl Elektroautos als auch konventionelle Fahrzeuge in Chicago. Die Modellpalette beinhaltet Personenfahrzeuge für privaten Gebrauch bis hin zu Lastkraftwagen. Dieser Lastkraftwagen wird als Lieferwagen in Städten eingesetzt und kann bei einer Reichweite von 80 km bis 100 km etwa 1 Tonne transportieren.

Walker Elektro-Lastwagen

Walker Elektro-Lastwagen

Zu den Elektromobilen gehören natürlich auch die beliebten Autoscooter, die auf den 1919 (o.1921) von Max und Harold Stoehrer aus Methuen, Massachusetts, erfundenen ‚Dodgem’ zurückgehen, welcher als der ‚Rolls-Royce der Unterhaltungsgeräte’ beworben wird. Wie schon damals werden sie auch heute noch von einer netzartigen Oberleitung mit Strom versorgt. Einen Vorläufer bildet der ‚Elektromobil Crochat’, ein Autodrom mit elektrisch angetriebenen ‚Pseudo-Autos’. Hier abgebildet ist Leuzingers Autodrom mit posierenden Angestellten am Jahrmarkt Uster im November 1928, das Foto stammt aus dem Firmenarchiv Leuzinger in Rapperswil.

In Berlin ist die Slaby und Beringer (S. B.) Automobilgesellschaft mbH von 1920 bis 1924 Hersteller von kleinen Einsitzern sowie vierrädrigen Elektroautos. Die Besonderheit dieser Autos besteht darin, daß sie keine Chassis besitzen und aus Holz aufgebaut sind. Die Firma wird später von D.K.W. übernommen, und die Methode, Autos ohne Chassis und mit einer Holzkarosserie zu bauen, von D.K.W. und D.E.W. fortgesetzt.

Bei Hansa Lloyd in Bremen werden in den 1920er Jahren elektrische Lastwagen gebaut, die 2 t Ladung aufnehmen können und mit einem 14 PS Motor eine Geschwindigkeit von 30 km/h erreichen. Die Reichweite beträgt 60 km.

Elektromobil von 1921

Elektromobil (1921)

Die geschlossen ausgeführte ‚Chelsea’ wird 1922 von den Wandsworth Engineering Works in London gebaut. Die Batterien sind vorn unter einer ‚Motorhaube’ und hinten in einem ‚Kofferraum’ montiert, so daß die Autos wie die zu dieser Zeit zunehmend herumfahrenden Benzinautos aussehen. Die Deutsche Elektromobil und Motorenwerke AG in Wasseralfingen baut 1922 einige Elektroautos mit dem Namen ‚Omnobil’ als Ein- und Zweisitzer.

Die Hannoversche Waggonfabrik (HaWa) AG stellt von 1923 bis 1935 kleine Elektro-Lieferwagen her, und von 1926 bis 1927 stellt die Firma A.E.M. ein Stadtauto und einen leichten Lieferwagen her, die beide auf dem selben Chassis aufgebaut sind.

Über die Tödlichkeit von Autoabgasen macht man sich in dieser aber nur insofern Gedanken, als daß man sie z.B. bei der Bekämpfung von Ratten einsetzt, wie einer Meldung von Juli 1931 aus der Modern Mechanics zu entnehmen ist.

Doch nun läuft die Zeit der ersten Elektromobile auch schon aus. Im Jahre 1935 baut die Fa. Detroit in den USA die letzten amerikanischen Elektroautos dieser Periode. Das Unternehmen gehört mit einer Produktionszeit von 28 Jahren zu den Herstellern, die über einen recht langen Zeitraum existierten.

1936 präsentiert das US-Magazin Modern Mechanix (das sich inzwischen mit einem X schreibt) in seiner Ausgabe vom August ein völlig neuartiges Konzept der Elektromobilität: An Bord ‚Funkbetriebener Autos’ werden elektromagnetische Wellen, die mittels einer zylinderförmigen Antenne über dem Wagen empfangen werden, in Betriebsstrom umgewandelt. Ein Netz von Funkautobahnen erschließt das gesamte Land, und überall am Straßenrand stehen riesige Sendemasten, welche die Energiefunkwellen ausstrahlen.

Man betont, daß damit die schädlichen Abgase von Automobilen eliminiert werden können – leider ohne weitere Details über den Stand der Entwicklung oder ihre Herkunft zu nennen, die ein wenig nach Nikola Tesla riecht. Das futuristische Titelbild hat bestimmt eine große Zahl von Jungen zu einem späteren Ingenieurstudium motiviert!

Drei Jahre später erscheint übrigens ein weiteres, sehr ähnliches Titelbild, bei dem diesmal ein Eisenbahnzug durch die gesendete Energie angetrieben wird... wie sie uns neuerdings als visuell fast identische Fiktion in der Geschichte bzw. im Film ‚Der goldene Kompaß’ wieder begegnet, bzw. als Faktensammlung in dem Kapitel Witricity (in Arbeit).

Radio Powerd Car auf Titelbild der Modern Mechanix

Radio Powerd Car

In den nächsten Jahrzehnten wird es verhältnismäßig ruhig auf dem Markt der Elektrofahrzeuge – mit einigen Ausnahmen:

Partridge-Wilson aus Leicester (England) ist eigentlich als Konstrukteur und Hersteller konventioneller Fahrzeuge bekannt. 1935 und 1936 werden unter dem Markennamen ‚Wilson’ aber auch Elektroautos gebaut, die den damaligen Benzinern vom Design sehr ähnelen. Insgesamt werden etwa 50 Exemplare hergestellt.

Die Cleco Electric Industries, Ltd. in Leicester (England) baut 1936 kleine elektrisch angetriebene Lieferwagen und einige luxuriös ausgestattete Autos.

Die Bleichert Transportanlagen GmbH in Leipzig baut von 1936 bis 1939 kleine Zweisitzer.

Die Zschopauer Motorenwerke J.S. Rasmussen AG stellen 1937 eine Reihe von Elektroautos her (D.E.W.). Diese haben kein konventionelles Chassis sondern eine Karosserie mit Holzrahmen, beides reduziert das Gewicht deutlich. Eingesetzt werden sie meistens als Taxis.

1938 besitzt die Reichspost über 2.500 elektrisch betriebene Paketwagen. Die herstellenden Bergmann-Werke in Berlin Wilhelmsruh zählen seit der Weimarer Zeit zu den führenden Herstellern von akkubetriebenen Lastwagen. Die Elektro-Paketwagen haben einen 4,5 PS Bergmann Gleichstrommotor an Bord und einen Aktionsradius von 60 km – 70 km. Die Produktion wird später kriegsbedingt eingestellt, und nach dem Krieg wird die Weltruf genießende Firma von der sowjetischen Siegermacht demontiert.

Voitures E. Chapeaux baut 1940 und 1941 in Lyon (Frankreich) kleine Zweisitzer. Allerdings sind es nur 4 Exemplare in diesen 2 Jahren.

Der ‚S.A.T.A.M.’ wird 1941 in La Cournuece (Frankreich) produziert. Der Zweisitzer mit einer Maximalgeschwindigkeit von 47 km/h wird vor allem auf Grund der Benzinknappheit in Frankreich zu Zeiten des 2. Weltkrieges in kleiner Serie gebaut.

In Nizza wird von 1941 bis 1943 die ‚Électrolette’ gebaut. Den leichten Zweisitzer gibt es in offener und in geschlossener Ausführung. Etwa 100 Exemplare werden hergestellt. Angetrieben wird der Wagen von einem 1,2 PS Motor.

Pierre Faure aus Paris baut von 1941 bis 1947 einige zweitürige Autos. Einige lassen sich während des 2. Weltkrieges aufgrund der Benzinknappheit verkaufen, nach dem Krieg wird die Produktion jedoch bald wieder eingestellt.

Ebenfalls als ein Ergebnis der Benzinknappheit zu Kriegszeiten wird von 1941 bis 1944 in den Niederlanden der dreirädrige Zweisitzer ‚Story’ gebaut.

1941 und 1942 produziert André L. Daupin aus Paris den ‚Dauphin’, ein als Tandem ausgeführter vierrädriger Zweisitzer, der vom hinteren Sitz aus gesteuert wurde.

Die Compagnie Generale Electrique in Paris baut von 1941 bis 1946 offene Zweisitzer.

1941 stellt Peugeot den ‚VLV’ vor (voiture légère de ville). Das zweisitzige Cabriolet besitzt einen Elektromotor und vier in Reihe geschaltete 12 V Batterien, die eine Reichweite von 80 km ermöglichen. der Wagen wird vor allem aufgrund des Benzinmangels, der während des Krieges in Frankreich für Zivilfahrzeuge herrscht, aufgelegt. Es werden knapp 400 gebaut und verkauft.

Peugeot VLV von 1941

Peugeot VLV (1941)

Die Firma Véhicules Electriques Stéla in Lyon (Frankreich) ist der bedeutendste Hersteller von Elektroautos in Frankreich während des 2. Weltkrieges. Die ersten Autos sind noch sehr einfach konstruiert, aber mit dem Typ ‚RCA’ kommt dann ein geschlossener viertüriger 5-Sitzer, der ab 1942 gebaut wird. Nach dem Krieg werden für weitere 3 Jahre nur noch kommerziell genutzte Fahrzeuge gebaut, danach stoppt die Produktion.

Die Firma Internationale Automobiel Mij in Hagen (Niederlande) baut 1942 ein leichtes dreirädriges Fahrzeug in kleinen Stückzahlen.

Der französischer Designer Paul Arzens aus Paris, bekannt für die von ihm entworfenen Lokomotiven und Züge für die französische Staatsbahn SNCF, stellt 1942 das Konzeptfahrzeug ‚L’Œuf électrique’ vor (‚das elektrische Ei’), eine futuristische Konstruktion aus manuell geformtem Aluminium und dem neuen Material Plexiglas. Betrieben wird das Fahrzeug mittels 5 Batterien (12 V / 250 Amh), die den Elektromotor am einzelnen Hinterrad versorgen. Nach dem Krieg wird der elektrische Antrieb durch einen 125 ccm Einzylinder-Motor mit 5,5 PS ersetzt.

Mit einer Spitzengeschwindigkeit von 80 km/h ist das Auto im Stadtverkehr gut einsetzbar und wird von Arzens bis zu seinem Tod 1990 auch regelmäßig gefahren. Heute steht es im Automuseum Mülhausen.

Der kleine elektrisch betriebene Zweisitzer ‚Électro-Renard’ wird von 1943 bis 1946 in Lyon (Frankreich) gebaut. Auch dieses Auto wird aufgrund der Benzinknappheit im besetzten Europa zur Zeit des 2. Weltkrieges populär.

Die Construcciones Moviles de Valencia in Valencia (Spanien) baut ein kleines zweisitziges Elektroauto von 1944 bis 1946.

In sehr kleinen Stückzahlen wird 1945 und 1946 der ‚Electrociclo’ von der Electrociclo SA in Spanien gebaut. Das Auto ist ein kleiner Zweisitzer.

Die ‚Tamas’ sind geschlossen ausgeführte, zweitürige Elektroautos, die von 1947 bis 1949 von der Tokyo Electric Motorcar Co. (o. Tokyo Electric Cars Company), und anschließend bis 1951 von der Tama Electric Motorcar Co., beide in Tachikawa, hergestellt werden. Als Folge des Zweiten Weltkriegs herrscht in Japan Rohölknappheit, weshalb die Regierung den Bau von Elektromobilen fördert.

Tama Electric Car von 1947

Tama Electric Car (1947)

Der von arbeitslos gewordenen Luftwaffentechnikern entwickelte ‚Tama Electric Car’ nutzt Blei-Säure-Batterien und hat mit seinen 35 km/h Spitze eine Reichweite von 65 km. Die Batterien sind zusammen auf einer Art Schlitten montiert, der sich seitlich ausfahren läßt und einen leichten Austausch der Batterien erlaubt. Es gibt drei verschiedene Modelle: den E4S-47, den Junior und den Senior. Eingesetzt werden die Wagen vor allem als Taxis, es gibt aber auch eine Pickup-Version. Das später als Prince Motor Company firmierende Unternehmen fusioniert dann mit Nissan.

Die Silent Transport Ltd. in Woking (England) baut 1948 den ‚Eaglet’, einen kleinen dreirädrigen Zweisitzer mit einer Reichweite von 40 km – 50 km und einer Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Von diesen Fahrzeugen werden allerdings nur wenige verkauft. Die Firma baut später aber auch Autos vom Typ Opel Kadett und Fiat Topolino zu elektrisch angetriebenen Fahrzeugen um, die sich auch wesentlich besser verkaufen lassen.

Die Boulevard Machine Works (B.M.W.) in Los Angeles beginnt 1949 mit der Herstellung von Golf-Carts. 1966 folgt ein großer Tourenwagen mit 2 Motoren, die für eine Höchstgeschwindigkeit von 112 km/h sorgten.

Auch in der damaligen UdSSR wird mit Elektrofahrzeugen experimentiert. Zwischen 1948 und 1950 gibt es verschiedene Klein-Lkws, zwischen 1949 und 1953 werden Versuche mit dem E-Mobil ‚LAS-NAMI’ angestellt, und zwischen 1974 und 1980 werden insgesamt rund 60 verschiedene Typen entwickelt.

1952 stellt Der französischer Designer Paul Arzens ein weiteres, fast durchgängig transparentes, Fahrzeug aus gebogenen Rohren vor – nur an den Seiten ist es ...verspiegelt.

Elektromobil Henney Kilowatt

Henney Kilowatt

In den späten 1950ern wird in der Autoette Electric Car Co. in Long Beach die ‚Autoette’ hergestellt. Es ist ein kleines Elektroauto, ein Zweisitzer für die kürzeren Botengänge, preiswert und sehr beliebt. Die Electronic Motor Car Corp. in Salt Lake City entwickelt in dieser Zeit den Prototypen des Hybrid-Autos ‚Electronic La Saetta’. Es ist ein zweisitziger Sportwagen mit Glasfaserkarosserie. Ein Generator lädt die Batterien während der Fahrt. Weitere Modelle werden zwar angekündigt, aber nie gebaut.

Der ‚Charles Town-About’ wird 1958 und 1959 von der Stinson Aircraft Tool and Engineering Corp. in San Diego gebaut. Er ist nach Dr. Charles H. Graves benannt, die treibende Kraft hinter der Produktion des Wagens. Verschiedene Prototypen werden gebaut, allerdings insgesamt nur 12 Fahrzeuge ‚in Serie’. Sie sind bereits mit Nickel-Cadmium Batterien ausgestattet.

Der ‚Henney Kilowatt’ ist eigentlich der 1959er Renault Dauphine – umgebaut zu einem elektrisch  angetriebenen Wagen. Bewegt wird er von einem 7 PS Motor mit Hilfe von 36 V Blei-Akkumulatoren. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 56 km/h, die Reichweite rund 65 km. Gebaut werden etwa 120 Exemplare.

Atomfahrzeug Nukleon

Nucleon

An dieser Stelle ist vielleicht angebracht auf etwas hinzuweisen, mit dem uns die Geschichte dann doch verschont hat:

Ford stellt im Jahre 1958 nämlich das Konzeptfahrzeug ‚Nucleon’ auf die Räder. Der Wagen besitzt einen kleinen, leicht austauschbaren Atomreaktor und soll mit einer ,Tankfüllung’ spaltbaren Materials bis zu 8.000 km weit fahren - was damals anscheinend äußerst beeindruckend geklungen hat! Noch heute beeindruckend finde ich dagegen das Styling dieses Wagens, besonders der Rückpartie mit dem Reaktor, die mich frappant an einen zweistrahligen Düsenkampfjet erinnert. Ford baute von dem Fahrzeug jedenfalls nur ein Modell im Maßstab 3:8, das man heute im Henry Ford Museum in Dearborn, Michigan, bewundern kann. Produziert wurde der Wagen nie... Gott sei Dank!


Hier geht es weiter mit den Entwicklungen der 1960er bis 1990er Jahre...