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WINDENERGIE - Ausgewählte Länder

Großbritannien


Um 1400 gibt es in England über 10.000 Mühlen, die meisten davon im Süden und Osten des Landes.

Williamson Aeroplane Camera

Williamson Aeroplane Camera

Die weltweit vermutlich erste stromerzeugende Windkraftanlage ist eine Batterielademaschine, die der schottische Elektroingenieur und Wissenschaftler James Blyth im Jahr 1887 baut um seine Ferienhaus in Marykirk zu beleuchten.

Über diese vertikale Anlage berichte ich ausführlich unter Vertikalachsen-Rotoren (s.d.).

Eine interessante Nutzung der Windenergie repräsentiert auch die Williamson Aeroplane Camera, die an die Unterseite eines Flugzeuges montiert wird.

Das etwa um 1915 eingeführte Produkt der britischen Firma Williamson Manufacturing Co. Ltd. aus London nutzt einen Rollfilm, der durch den an der Spitze des Apparats angebrachten Propeller durch die Kamera gezogen wird.

Eines der ersten britischen Windkraftdesigns stammt aus dem Jahr 1950 und zeigt einen Leeläufer auf einem 41 m hohen Stahlgerüst-Turm, der von einer ähnlichen Struktur abgespannt wird. Umgesetzt wird dieses System aber anscheinend nicht.

Großbritanniens erste netzverbundene Windturbine wird 1951 (o. 1955) in Betrieb genommen, als die Schiffbaufirma John Brown & Company aus Glasgow im Auftrag des North of Scotland Hydroelectric Board einen 100 kW Prototyp bei Cape Costa (Orkney) errichtet, einer der windreichsten Stellen der Erde. Die Anlage mit einem 15 m Rotor und einem 24 m hohen Turm soll aufgrund technischer Probleme allerdings nur kurz und sporadisch in Betrieb gewesen sein.

Cape Costa Anlage

Cape Costa Anlage

Fast am gleichen Standort wird um das Jahr 2010 herum eine 3 MW Anlage errichtet.

Im Jahr 1955 wird in Prae Wood, nahe St. Alban in Heartfordshire, eine 100 kW Windenergieanlage nach dem Prinzip der pneumatischen Welle erstellt, d.h. mit hohlem Turm und ebenso hohlen Rotorblättern, aus denen die Luft aufgrund der Zentrifugalkraft durch Öffnungen an den Spitzen herausgeschleudert wird. Die Reibungsverluste der Luft sorgen jedoch für einen schlechten Wirkungsgrad, sodaß das Projekt nicht weiter verfolgt wird.

Näheres über diese Technologie findet sich unter Enfield-Andreau-Rotor (s.d.).


Studien der Energy Technology Support Unit (ETSU) erbringen 1976 das Resultat, daß theoretisch etwa 24 % des Energiebedarfs von Großbritannien durch Windenergie gedeckt werden könnte.


Im Jahr 1979 wird von der General Electric Company (GEC) , dem Bauunternehmen Taylor Woodrow und der British Aerospace die Wind Energy Group Ltd. (WEG) mit Sitz in Southall, Middlesex, gegründet, die eine MS3-300 genannte 300 kW Turbine mit Blättern aus einem Holz/Epoxidharz-Verbund und einem Rotordurchmesser von 33 m entwickelt und produziert, die sich auf einem 25 m hohen Stahlturm dreht.

Wann genau die Anlage auf den Markt gebracht wird, läßt sich nicht mehr eruieren. Die bekannten Projekte des Unternehmens datieren jedenfalls aus den frühen 1990er Jahren. So werden 1992 in Powys, Wales, 24 Turbinen für die National Wind Power errichtet – und damit der zu diesem Zeitpunkt größte Windpark in Großbritannien, der auch britische Maschinen verwendet. Ende des gleichen Jahres gehen weitere vier MS3-300 auf dem 1,2 MW Chelker Reservoir Windpark bei Draughton in North Yorkshire in Betrieb, und im April 1993 noch einmal 21 Anlagen im 6,3 MW Cold Northcott Windpark bei Launceston in Cornwall.

Im Mai 1997 wird auf dem Gelände der CAT Energy Ltd. in Machynlleth, Powys, eine neu entwickelte MS4-600 Windkraftanlage mit einer Nennleistung von 600 kW aufgebaut. Von diesem Modell sollen eigentlich fünf Stück den 3 MW Blanks Banks Windpark im County Leitrim, in der Republik Irland, bilden, doch es scheint, als sei dieses mit Unterstützung des Joule-Programms der EU geplante Projekt nie umgesetzt worden.

Im Dezember 1997 wird die Wind Energy Group Ltd. durch die dänische NEG Micon A/S übernommen und in NEG Micon UK Ltd. umbenannt (s.u. Dänemark).


Einer der frühen Hersteller in Großbritannien ist die 1980 gegründete schottische Firma Proven Energy Ltd., die Kleinwindanlagen mit 2,5 kW, 6 kW und 15 kW produziert und im Laufe der Jahre davon weltweit rund 3.000 Stück vertreibt. Die Anlagen gelten als bewährt und haben den Ruf, wie ein Panzer gebaut zu sein. Das Herstellerwerk steht in Ayrshire.

Als im Februar 2009 die belgische Forschungsstation Princess Elisabeth Antarctica von der International Polar Foundation eröffnet wird, die sowohl Photovoltaik-Solaranlagen als auch thermische Sonnenkollektoren nutzt, sind direkt daneben acht 6 kW Windenergieanlagen von Proven Energy zu sehen, die Strom für die Heizung, das IT-Equipment, das Licht und die wissenschaftlichen Instrumente der Station liefern. Die Turbinen sind für durchschnittliche Windgeschwindigkeiten von 95 km/h ausgelegt, überstehen aber auch Böen bis 320 km/h sowie Temperaturen von unter -60°C.

Trotz der erfolgreichen Kommerzialisierung gerät die Firma im Jahr 2011 aufgrund technischer Probleme und schwerwiegender Sicherheitsbedenken in Verbindung mit potentiellen Produktionsfehlern ihrer gut 500 mal verkauften P35-2 Turbine unter Druck, entläßt daraufhin im September 80 % der Mitarbeiter und setzt den Verkauf aus. Worauf sich der Investor Low Carbon Accelerator Ltd (LCA) schon darauf vorbereitet, seine bisherige Investition in die Proven Energy in Höhe von 11 Mio. £ abzuschreiben.

Im Oktober wird die Firma dann jedoch von der irischen Kingspan Renewables aufgekauft – und damit gerettet. Der neue Besitzer plant nun, die 6 kW und 3 kW Turbinen in Stewarton herzustellen, während die Entscheidung darüber, ob auch ein 15 kW Turbine in Produktion genommen werden soll, auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wird. Dem Stand von Anfang 2015 zufolge werden inzwischen alle drei Größen angeboten, wobei es das kleinste Modell auch als  besondere Version gibt (KW3EX), die für rauhe Offshore-Umgebungen optimiert ist und besonders gerne auf unbemannten Gasplattformen in der Nordsee eingesetzt wird.

Nicht vergessen werden sollte, daß Proven Energy ein Sponsor des Gegenwindbootes von Wipke Iwersen ist, für welches die Firma eine sturmsichere Nabe baut (s.d.).


Die seit 1854 bestehende Metallbau-Firma James Howden Ltd. (o. James Howden & Co.) in Glasgow beginnt sich im Jahr 1981 auch im Bereich der Windenergie zu engagieren, indem sie ein Joint Venture mit der in New York basierten Firma WTG Energy Systems schließt, um eine 250 kW Turbine an den Central Electricity Generating Board (CEGB) in der Carmarthen Bay in South Wales zu liefern.

Im Jahr 1982 beginnt Howden ein eigenes Design zu entwickeln, die HWP-200 WKA mit 200 kW und einem Rotordurchmesser von 22 m, der bald darauf mit dem Modell HWP-330 ein Windrad mit 330 kW Leistung folgt.

Howden-Rotor

Howden-Rotor

Schon 1982 liefert Howden die erste Windkraftanlage an einen Stromversorger in Großbritannien, die im Oktober 1983 auf dem Burgar Hill auf Orkney in Betrieb genommen wird, der zu diesem Zeitpunkt als Versuchsstandort der Orkney Sustainable Energy gilt.

Besonders interessant ist die Sachlage, daß sich der Standort, an dem später noch ein 250 kW sowie ein 3 MW Prototyp der Wind Energy Group installiert werden, nur 200 m neben einem Vogelschutzgebiet befindet und es den Angaben des Betreibers zufolge innerhalb von 25 Jahren jedoch nicht eine einzige Kollision zwischen Vögeln und den Rotoren gegeben habe.

Einige Konstruktionsmängel bedingen in den 1990er Jahren allerdings die Demontage der drei Anlagen, die im Jahr 2000 durch zwei Anlagen von NEG Micon mit 1,5 MW bzw. 2 MW sowie eine 1,3 MW Turbine von Nordex ersetzt werden. Die starken Winde des Standorts bereiten aber auch diesen Anlagen einige Probleme. 2002 wird die größere NEG Micon-Anlage durch ein Modell NM92 mit 2,75 MW ausgetauscht. Und 2004 kommen nochmals zwei 2 MW Turbinen hinzu.

Die Firma James Howden liefert zwischen 1984 und 1986 fast 100 Anlagen aus, darunter alleine rund 26 MW Windkraftkapazität für die Windparks auf dem Altamont Paß in Kalifornien. Im September und Oktober 1986 wird ein HWP-330 WKA auf dem Testzentrum des Stromversorgers Southern California Edison im Coachella Valley, 10 km nördlich von Palm Springs, untersucht, was durch das US Department of Energy gefördert wird. Außerdem wird in diesem Jahr der Bau einer 1 MW Anlage angekündigt.

Unabhängig von ihrer Größe zeigen die Howden-Turbinen jedoch kein besonders gutes Leistungsverhalten, und obwohl noch 1988 in Shetland eine neue 750 kW Turbine gebaut wird (HWP-750), die 1,2 Mio. £ kostet, beendet die Firma 1989 alle ihre entsprechenden Aktivitäten.

Die California Energy Commission berichtet 1994, daß sich in Kalifornien noch 91 Howden-WKA mit einer installierten Gesamtleistung von 28,3 MW befinden.

50 kW Anlage auf Fair

50 kW Anlage auf Fair


1982 wird auf der zwischen Orkney und Shetland liegenden Insel Fair eine 50 kW 3-Blatt-Turbine mit 14,6 m Rotor installiert, die als erste kommerzielle Windkraftanlage in Großbritannien gilt, die in ein Hybridsystem eingebunden ist. Hersteller der Turbine ist die dänische Firma Wind-Matic A/S. Das Gesamtsystem besteht ferner aus zwei seit 1975 implementierten Dieselgeneratoren, einem mit 50 kW für den Winter, sowie einem mit 20 kW für den Sommer.

Die WKA macht mehrfach Probleme, die mit größerem Aufwand und diversen technischen Änderungen jedoch gelöst werden können. Nach einem Ausfall des Getriebes muß die Anlage im Februar 1996 jedoch abgeschaltet werden, um noch schwerere Schäden zu vermeiden. Später wird eine 100 kW Anlage installiert, außerdem wird der Einsatz eines Schwungrades als Energiespeicher untersucht.


Die erste VAWT (Vertical Axis Wind Turbine) läuft 1986 am Ufer der Carmarthen Bay im Süden von Wales an. Die wegen ihrer Form auch ‚Eggbeater’ (Schneebesen) genannte Anlage hat einen Durchmesser von 25 m, kostet knapp 14 Mio. DM, und soll 130 kW leisten. Mehr darüber findet sich im entsprechenden Kapitelteil über Darrieus-Rotoren (s.d.).

Ebenfalls im Jahr 1986 wird der in London zugelassene Frachter Ashington mit einem Wingsail ausgerüstet, das den Antrieb entlasten soll. Man rechnet mit einer Einsparung von 10 %. Über diese Windtechnologie berichte ich ausführlich im Kapitel Segelschiffe (s.d.).


Eine der ersten Gemeinschaften, welche sich in England mit der Windkraft beschäftigt, ist die weit geachtete und bewunderte Findhorn Foundation, welche 1989 in Moray, Schottland, einen V17-Generator von Vestas installiert (75 kW). Im Jahr 2006 kommen drei weitere Vestas V29-Turbinen hinzu (225 kW), sodaß die Gesamtleistung des Parks 750 kW erreicht.

Der erste kommerzielle Windpark im Vereinigten Königreich ist der von der Windelectric Management Ltd. entwickelte 4 MW Delabole Windpark im Südwesten von Cornwall, der im November 1991 eröffnet wird. Er besteht aus zehn WD34 Windturbinen von Vestas (400 kW), die im August 2010 wieder stillgelegt werden, um Platz für vier neue Enercon E-70 Turbinen (2,3 MW) zu machen, womit sich die Leistung des Parks ab Februar 2011 auf 9,2 MW erhöht.


Im Jahr 1992 gehen sieben Windfarmen in Betrieb: Chelker Reservoir (1,2 MW, 4 WEG 300, Yorkshire Water Services), Blood Hill in Norfolk (2,25 MW, 10 Vestas V27, E.ON UK Renewables), Carland Cross in Cornwall (6 MW, 15 Vestas WD34, RES), Rhyd-y-Groes Ceredigion in Wales (7,2 MW, 24 Bonus B300, E.ON UK Renewables), Coal Clough in Lancashire (9,6 MW, 24 Vestas WD34, B9 Energy) und Llandinam P&L (30,9 MW, 103 Mitsubishi, Scottish Power/Eurus Energy), die zu diesem Zeitpunkt die größte Windfarm Europas ist. Dazu kommt noch die 1,1 MW Haverigg Hill Windfarm der Baywind Energy Co-operative Ltd. in Cumbria, die mit fünf 225 kW V27 Turbinen von Vestas bestückt ist und als erster netzverbundener Windpark des Landes gilt. Unter dem Namen Haverigg II wird dieser Park bis Juli 1998 von der Firma Windcluster um vier 600 kW Anlagen erweitert und dann von The Wind Co. UK Ltd. und The Wind Fonds erworben.

Ebenso werden auch 1993 sechs Windfarmen in Dienst genommen: Blyth Harbour in Northumberland (2,7 MW, 9 WindMaster WM28, AMEC Wind), Kirkby Moor in Cumbria (4,8 MW, 12 Vestas WD34, npower renewables), Royd Moor in South Yorkshire (6,5 MW, 13 Bonus M1500-500, E.ON UK Renewables), Cold Northcott in Cornwall (6,8 MW, 22 WEG MS3-300, First Windfarm Holdings Ltd.), Taff Ely (9 MW, 20 Nordtank NTK450/500, Perma Energy) und Ovenden Moor in West Yorkshire (9,2 MW, 23 Vestas WD34, E.ON UK Renewables).

Im übrigen stellt die Betreiberfirma der Ovenden Moor Windfarm, die Yorkshire Windpower (ein joint venture von E.on und EPRL), nach der Milleniumswende bei der Verwaltung von Calderdale den Antrag, die Farm zu repowern – sprich die bisherigen Anlagen komplett durch neue zu ersetzen. Statt der vorhandenen 23 Turbinen sollen zukünftig 10 moderne Anlagen bis zu 23 MW erzeugen. Die Genehmigung dazu wird allerdings erst im November 2012 erteilt.

133-11kW von Gaia-Wind

133-11kW von Gaia-Wind

Dies als Beispiel für den Beginn der Entwicklung. Da es auf Wikipedia (engl.) eine ausführliche Liste aller britischen Windfarmen gibt, brauche ich diese hier nicht zu wiederholen.


Ein weiterer Spezialist für Entwicklung und Herstellung von Kleinwindkraftanlagen ist die ursprünglich im Jahre 1993 als dänisches Unternehmen gegründete Firma Gaia-Wind, die ihren Hauptsitz später nach Glasgow in Schottland verlegt.

Produziert wird eine Turbine vom Typ 133-11kW (11 kW), von der im Laufe der Zeit weltweit über 500 Stück installiert werden.

Später wird die Anlage von der Southern Wind Power Ltd. aus Somerset vertrieben, die außerdem verschiedene Windturbinen zwischen 5 kW und 500 kW anbietet, die allerdings von unterschiedlichen Herstellern stammen.


Im Januar 1993 geht der erste britische (fast-) Offshore-Windpark ans Netz. Die 2,7 MW Blyth Harbour Windfarm von AMEC Wind besteht aus neun WindMaster WM28 Turbinen von jeweils 300 kW, die entlang der Ostpier des Hafens von Blyth entfernt teilweise Onshore und teilweise Offshore errichtet werden. Die Gesamtleistung des Windparks wird dadurch auf 23 MW gesteigert.

Im Januar 2008 wird die Zustimmung erteilt, um die bestehenden Turbinen durch sieben neue zu ersetzen. Sechs davon sollen jeweils 2,5 MW erzeugen, während eine siebte und größere Anlage 7,5 MW produzieren würde. Die erste neue Turbine, eine REpower 3.4M104, nimmt im September 2012 ihren Betrieb auf, wobei sie sogar bis zu 3,4 MW Leistung erreicht (mehr als die ursprünglichen neun Turbinen zusammen). Als nächster Schritt des Wansbeck Blyth Harbour Repowering Projekts der Hainsford Energy ist die Errichtung drei weiterer REpower-Turbinen geplant.

FLOAT-Versuch

FLOAT-Versuch


Ende 1993 wird das von UK DTI finanzierte Zwei Jahres-Projekt FLOAT abgeschlossen, bei dem Techniker der britischen Firma Tecnomare (UK) Ltd. gemeinsam mit der BMT Offshore Ltd. und Garrad Hassan eine schwimmende Windkraftanlage entwickeln, die mit ihrem 45 m hohen Stahlgerüstmast von einem hohlen Betontank getragen wird. Damit soll die wirtschaftliche Erzeugung von Strom aus Windkraft auch an Offshore-Standorten im tiefen Wasser möglich werden. Ziel ist eine 1,4 MW 3-Blatt-Anlage mit 30 m langen Flügeln.

Interessanterweise existiert ein bereits 1981 von der italienischen Tecnomare S.p.A. angemeldetes Patent über eine entsprechende Schwimmplattform (US-Nr. 4.482.274, erteilt 1984).

Im Zuge des FLOAT-Projekt werden im BMT Schlepptank in London Versuche mit einem Modell im Maßstab 1:48 durchgeführt sowie verschiedene Schwimmer-Konfigurationen entwickelt, bei denen sich eine zylindrische Bojenform als überlegen erweist. Eigentlich soll ein Prototyp mit 500 kW Leistung gebaut und getestet werden, doch dies ließ sich bislang nicht verifizieren.


Der erste kommerzielle Windpark Schottlands geht im November 1995 in Betrieb. Die 15,6 MW Hagshaw Hill Windfarm der Firmen Eurus Energy/Ecogen Ltd. ist mit 26 Bonus B600 Anlagen ausgestattet.

Da es 1996 noch keinen Ökostrom gibt, bildet sich Großbritanniens erstes grünes Energieunternehmen Ecotricity, das sich auch als das ,weltweit erste Ökostromunternehmen’ bezeichnet. Bereits im Dezember 1996 stellt die Firma in Lynch Knoll, Gloucestershire, ihr erstes 500 kW Windrad auf. Die Ecotricity wird uns weiter unten noch begegnen.

Ende 1997 sind erst rund 319 MW Windkraftleistung installiert.


Im Jahr 1998 beginnt die British Wind Energy Association (jetzt RenewableUK) Gespräche mit der Regierung, um die förmlichen Verfahren für Verhandlungen mit der Crown Estate auszuarbeiten, der fast alle Küsten Großbritanniens gehören (d.h. der Queen, in ihrer Eigenschaft als Staatsoberhaupt), um im Abstand von 12 Meilen (22,2 km) Offshore-Windparks zu bauen. 1999 werden Leitlinien zur Entwicklung von Pilotfarmen veröffentlicht, um den Entwicklern die Möglichkeit zu geben, technische und ökologische Erfahrungen zu sammeln. Die Projekte werden auf eine Größe von 10 km2 und eine Maximum von 30 Turbinen begrenzt.

In April 2001 schreibt die britische Regierung dann die erste Ausschreibung für Windstandorte mit einer Gesamtleistung von 1.500 MW aus. Unter der großen Anzahl von Angeboten werden 17 ausgewählt, von denen das erste Projekt die 60 MW North Hoyle Windfarm in der Liverpool Bay ist, die von RWE Npower Renewables errichtet wird und im Dezember 2003 mit 30 Vestas V80 Offshore-Windturbinen in Betrieb geht – während das letzte Projekt, die 62,1 MW Teesside Windfarm der EDF-ER, im August 2013 abgeschlossen wird. Insgesamt gehen im Rahmen dieser 1. Runde 12 Farmen mit einer Gesamtkapazität von 1,2 GW ans Netz, fünf geplante Standorte wurden zurückgezogen.

Die 2. Runde folgt im Jahr 2003 mit 15 Projekten und einer Gesamtkapazität von 7,2 GW, wobei das mit Abstand größte die 1,2 GW Triton Knoll Windfarm in Greater Wash ist (andere Quellen: 900 MW), die RWE Npower Renewables 33 km vor der Küste von Lincolnshire errichten will. Im Dezember 2007 startete die Crown Estate eine 3. Runde von Standortzuweisungen, bei der es um bis zu 25 GW geht, und im Mai 2010 wird die Zulassung der Erweiterung von sieben Standorten der ersten beiden Runden erteilt, was zusätzliche 2 GW Offshore-Windkapazität bringen soll. Mehr Details darüber finden ich unter Offshore-Anlagen (in Arbeit).


Das 1998 gegründete Ingenieurunternehmen Iskra Wind Turbines Ltd., ein Hersteller kleiner Windkraftanlagen, beteiligt sich ab 1999 an der Entwicklung einer 300 kW Turbine, die unter der Bezeichnung Carter Mk II bekannt wird. Dabei wird die Firma vom Ministerium für Handel und Industrie unterstützt.

Nach positiven Ergebnissen der Prüfung einer ihrer Maschinen erhält die Iskra weitere Mittel, um eine kommerzielle Turbine zu entwickeln, und stellt 2004 das Modell AT5-1 vor, das allerdings wesentlich kleiner ist, dafür aber bereits im Folgejahr tatsächlich auf den Markt kommt.

Im Mai 2009 präsentiert sich Iskra mit dem neuen Unternehmensnamen Evance Ltd. (von energy und advance), womit aus der bisherigen AT5-1 nun die Evance R9000 Turbine wird, die 2010 auch mit dem Microgeneration Certification Scheme (MCS) zertifiziert wird. Zu diesem Zeitpunkt gibt es in Großbritannien etwa 500 Installationen dieser 5 kW Kleinwindanlage, die speziell für geringere Windgeschwindigkeiten entwickelt wurde. Der Rotor von 5,5 m im Durchmesser besitzt eine patentierte Blattverstellung sowie einen hocheffizienten Generator, der  96 % der eingefangenen Energie in Strom umwandelt.

Die Installation ihrer 1.000. Windkraftanlage auf einem Wohnhaus in Derbyshire kann die in Loughborough beheimatete Evance im März 2012 bekanntgeben, und Ende des Jahres wird schon die 1.500. Anlage errichtet. Alleine auf Orkney sind bereits über 120 Evance-Turbinen installiert. Neben der R9000 mit 5 kW werden auch 10 kW und 15 kW Anlagen angeboten.

R9000

R9000

Nachdem die Einspeisevergütungs-Tarife zum zweiten Mal in einem Jahr reduziert werden, ziehen die Investoren ihre Unterstützung zurück und Evance muß im April 2014 Insolvenz anmelden. Doch schon im Mai wird das Unternehmen gerettet – indem es von Ecotricity erworben wird. Die Evance Ltd. soll zukünftig als Tochterunternehmen der Ecotricity Gruppe agieren, die sich als Großbritanniens erstes grünes Energieunternehmen bezeichnet.

Im November 2014 gibt Ecotricity allerdings bekannt, daß man nun doch ein neues Unternehmen starten wird, das auf den Markt der Kleinwindkraftanlagen zielt. Die neue Britwind soll abgesehen von dem Flagschiff R9000, der nach eigenen Angaben inzwischen meistverkauften kleinen Windmühle Großbritanniens, auch noch zwei neue Kleinwindanlagen vermarkten: einen 15 kW Horizontalachser H15 sowie die 6 kW Vertikalachsen-Windkraftanlage V6, die auch Urbine genannt wird (von urban und turbine).

Ein Versuchsmodell dieser Urbine war bereits im Januar 2013 am Standort Lynch Knoll installiert und rigorosen Tests unterzogen worden. Eine zweite Anlage wird auf dem Myres Hill Windturbinen-Testgelände in Schottland aufgestellt. Das Unternehmen hofft, die Urbine Anfang 2014 auf den Markt bringen zu können – was sich aber nicht umsetzen läßt. Auch bis Ende des Jahres ist nämlich nichts mehr darüber zu hören.

Die entsprechenden Senkrechtachser habe ich ausführlich unter den Darrieus-Rotoren behandelt (s.d.).

Es ist noch darauf hinzuweisen, daß Ecotricity u.a. das Projekt Greenbird sponsort, bei dem dieses Fahrzeug im März 2009 einen neuen Geschwindigkeitsweltrekord für Windfahrzeuge aufstellt. Mehr darüber findet sich im Kapitelteil Windbetriebene Fahrzeuge (s.d.).

Ecotech Centre mit Aussichtswindmühle

Ecotech Centre
Aussichts-Windkraftwerk


Eines der wenigen Windkraftwerke weltweit, die gleichzeitig als Aussichtstürme genutzt werden können, befindet sich am Ecotech Centre in Swaffham, Grafschaft Kent. Die Anlage der Firma ecotricity wird 1999 gebaut, und ist das erste Modell in der Region mit einer Leistung von 1 MW.

Das deutsche Fabrikat ist eine getriebelose – und daher relativ leise – Anlage mit 30 m langen Blättern. Zu der verglasten Aussichtsplattform in 76 m Höhe muß man allerdings 300 Stufen hinaufsteigen. Geplant wird der Bau weiterer sechs derartiger Aussichtswindmühlen an verschiedenen Orten des Landes.

Im Oktober 2008 erscheinen im Netz übrigens Videos von Fallschirmspringern, die augenscheinlich große Freude dabei haben, den rund zehn Sekunden lang dauernden Absprung von der Aussichtskabine wieder und wieder zu machen, und dabei für den britischen pro-base jumping Wettbewerb zu trainieren.


Die Zuwächse dieser Jahre sind insgesamt gesehen eher bescheiden. Während die Statistik Ende 1998 von 333 MW spricht, sind es Ende 1999 auch nur 347 MW, was sich bis Ende 2000 auf 409 MW, und bis Ende 2001 auf 474 MW steigert. Ein erster Meilenstein wird im darauffolgenden Jahr erreicht, als Ende 2002 immerhin schon 552 MW ausgewiesen werden können.


Im September 2003 gründet die deutsche REpower Systems SE mit Peter Brotherhood das Joint Venture REpower UK in Edinburgh, das im August 2006 vor der schottischen Küste die erste Offshore-5M-Anlage errichtet.

Im Jahr 2007 übernimmt der indische Windkraftanlagenhersteller Suzlon den Hamburger Konzern für 1,3 Mrd. € - und damit auch die REpower UK.

Im April 2013 erreicht REpower den Meilenstein von 1 GW installierter Windkraftleistung in Großbritannien – in Form von fast 50 Onshore-Windparks in Schottland, England und Wales, sowie zwei Offshore-Windparks: Die 10 MW Beatrice Windfarm in der Nordsee (auch: Beatrice Demonstrator Project), die aus zwei REpower 5M Turbinen besteht und 2007 startet, sowie das bislang größte Offshore-Projekt des Unternehmens, der 150 MW Ormonde Windpark von Vattenfall in der Irischen See mit 30 REpower 5M Turbinen, der im Februar 2012 fertiggestellt wird – anstatt, wie eigentlich geplant, im Jahr 2007.

Im Januar 2014 ändert REpower seinen Namen in Senvion, da die Lizenz zur Nutzung des bisherigen Namens auslief (Lizenzgeber war die Schweizer Firma Rätia Energie AG, die sich inzwischen selbst in Repower AG umbenannt hat). Um die erfolgreiche Marktposition zu demonstrieren: In diesem Jahr gibt es Aufträge für sechs Windfarmen.

Dabei handelt es sich um die 10,25 MW Holton Windfarm (5 Senvion MM82), die 12,3 MW Rhodders Windfarm (6 Senvion MM82), die 16,4 MW Gayton le Marsh Windfarm (8 MM92), die 37,4 MW Crook Hill Windfarm nördlich von Rochdale in East Lancashire (11 Senvion 3.4M104), die 42,6 MW A’Chruach Windfarm in Argyll und Bute in Schottland (12 MM92 und 9 MM100), sowie die 67,65 MW Strathy North Windfarm nahe dem Dorf Strathy in Sutherland, Schottland (33 Senvion MM82).

Bis Ende 2014 zählt das Unternehmen rund 3.600 auf der ganzen Welt installierte Windkraftanlagen – wobei sicherlich noch einmal so viele in Planung sind.


Auf Großbritannien bezogen stehen hier Ende 2003 rund 684 MW Windkraftkapazitäten zur Verfügung, die bis Ende 2004 auf 888 MW anwachsen.



Hawaii


Hawaii gehört zwar zur USA, verdient aufgrund seiner Insellage jedoch eine eigene Behandlung. Außerdem gibt es eine schöne Geschichte zu erzählen: Nachdem König Kalakaua im Jahre 1881 Thomas Edison trifft, wird das Schloß Iolani als eine der weltweit ersten königlichen Residenzen ab 1886 mittels Elektrizität beleuchtet, und schon 1888 bekommen zum ersten Mal auch Stadtstraßen elektrische Beleuchtung. 1891 wird der Stromversorger Hawaiian Electric Co. (HECO) gegründet – die übrigens 1995 die höchste Auszeichnung der Versorgungswirtschaft gewinnt: den Edison Award.


Bis die Windkraft in die Versorgungskonzeption einbezogen wird, dauert es dann aber fast zehn Dekaden. Im Jahr 1981 werden die Firma Windfarms aus San Francisco, sowie eine Tochterfirma des Konzerns United Technologies, damit beauftragt, für 350 Mio. $ insgesamt 20 Anlagen mit je 4 MW zu errichten, ausgerüstet mit Kunststoffrotoren mit einem Durchmesser von 80 m. Das äußerst zukunftsträchtige Projekt wird jedoch nie umgesetzt.

Mitte der 1980er Jahre erfolgt auf Maui die Errichtung einer 340 kW Turbine als Demonstrationsanlage, die für mehrere Jahre von der Maui Electric am Standort Ma’alaea betrieben wird.


Ein Hauptgrund für die 1983 erfolgte die Bildung der Hawaiian Electric Industries (HEI) als Tochtergesellschaft der HECO ist die Entwicklung der Windenergie. Unter anderem investiert die HEI mehr als 25 Mio. $ in den (ersten, s.u.) 9 MW Kahuku Windpark am Kahuhu Point auf der Insel Oahu, wo die Firma Hawaiian Electric Renewable Systems 15 Westinghouse-Rotoren mit je 600 kW Leistung installiert.

Der im Juni 1985 in Dienst gestellte Park leidet allerdings an Winden, die wesentlich turbulenter sind als erwartet, sowie an mechanischen Problemen mit den Turbinen der ersten Generation, was zu niedrigen Produktionsraten führt. Zwar wird der rückläufige Park im Jahr 1993 von der New World Power Corp. gekauft, doch als es dann noch zu einem dramatischen Rückgang des Ölpreises kommt, wird der Betrieb des Windparks zu teuer, er wird geschlossen und die Anlagen demontiert. Immerhin sollen laut HEI im Zuge seines Betriebs nützliche Forschungsinformationen gewonnen worden sein.


Bereits 1986 geht auf South Kohala die 1,6 MW Lalamilo Windfarm in Betrieb, die mit 26 Stück 17,5 kW, und 55 Stück 20 kW Windkraftanlagen der Firma Jacobs ausgestattet ist. 1987 wird die Farm von der Hawaiian Electric Industries erworben, und 1996 geht die Eigentümerschaft auf die Hawaii Electric Light Co. über. Die Farm wird im Jahr 2010 geschlossen, was weit über die erwartete Lebensdauer hinaus ist, und Hawaii erwägt nun das Repowering des Windparks mit neuen Geräten.

Pakini Nui Windpark

Pakini Nui Windpark


1987 nimmt auf der Insel Oahu die 9,25 MW Kamaoa Windfarm ihren Betrieb auf, bei der 37 Windkraftanlagen von Mitsubishi installiert sind. Als die Turbinen langsam ihren Geist aufgeben, wird die Farm im August 2006 geschlossen und die Rotoren werden demontiert.

Die Firma Apollo Energy Corp. erwirbt daraufhin die Farm von dem ehemaligen Betreiber Kama’oa Wind Energy Partners, und führt ein Repowering durch, bei dem bis April 2007 (ca. 2,4 km vom Standort des alten Windparks entfernt) 14 Windkraftanlagen von General Electric vom Typ 1.5se  errichtet werden, die zusammen 21 MW erzeugen. Der nun in Pakini Nui umbenannte Windpark wird von der Tawhiri Power LLC betrieben.


Einen Betrag von 7 Mio. $ investiert die HEI in eine von der Firma Boeing und der NASA entwickelte 3,2 MW 2-Blatt-Anlage namens MOD-5B, die in Zusammenarbeit mit dem US-Energieministerium (DOE) 1987 an der Nordspitze der Insel Oahu installiert wird.

Mit ihrem 60 m hohen Stahlturm und den zwei jeweils 97,5 m langen Rotorblättern ist es zum damaligen Zeitpunkt die größte Anlage der Welt, ihre Entwicklung hatte 15 Jahre betragen.

Anfang 1988 wird der Betrieb der Turbine an die HEI übertragen, und später an die Makani Uwila Power Corporations (MUPC), die den Betrieb bis Ende 1996 diskontinuierlich aufrecht erhält. Dann wird die Anlage wegen finanzieller Schwierigkeiten abgeschaltet und geht an den Standortinhaber Campbell Estates über, die sie zerlegen und als Schrott verkaufen läßt. Dem DOE, als ursprünglichger Finanzier der Entwicklung, gelingt es im Juli 1998 immerhin, das Getriebe des Antriebsstrangs und den Generator zu bergen.


Der 10,56 MW Hawi Windpark am Upolu Point auf Hawaii, der aus 16 Vestas V47 Windkraftanlagen besteht, nimmt im Mai 2006 seinen Betrieb auf, während nur einen Monat später auf den Kaheawa Weiden, einem Bergrücken oberhalb von Ma’alaea im Südwesten von Maui, auch die 30 MW Kaheawa Windfarm (o. Kaheawa Pastures I) des Entwicklers First Wind Co. startet, die mit 20 Anlagen von General Electric bestückt ist. Nach dieser ersten Phase wird im Juli 2012 die zweite Phase (KWP II) mit 21 MW und 14 Windturbinen der Firma Clipper Liberty ans Netz geschaltet – mit denen es allerdings große Probleme gibt, sodaß sie später durch weitere GE-Anlagen ersetzt werden. Mehr darüber unter USA.


Im Rahmen der Hawaii Clean Energy Initiative unterzeichnen die hawaiianischen Stromunternehmen und die Gouverneurin von Hawaii Linda Lingle im Jahr 2008 ein umfassendes Abkommen, dessen Ziel es ist, bis 2030 durch erneuerbare Energien 70 % des Stroms sowie des Bedarfs für den Bodentransport zu decken (wobei letzteres durch Biotreibstoffe erfolgen soll). Wieviel davon aus der Windenergie stammen soll, wird noch nicht beziffert.

Eine Studie des National Renewable Energy Laboratory (NREL) von 2010 zeigt, daß Hawaii das Potential besitzt, 3.000 MW Windkraft zu installieren. Darüber hinaus könnten Offshore-Windenergie bis zu 2.800.000 Mio. kWh pro Jahr zu erzeugen.


Da es 2010 Pläne gibt, Windparks im Umfang von jeweils 200 MW auf den dünn besiedelten Inseln Lanai und Molokai zu entwickeln, wird ein Seekabel vorgeschlagen, das den Strom zur Insel Oahu überträgt, wo die Mehrheit der Bevölkerung wohnt. Das Kabel würde allerdings mindestens 1 Mrd. $ kosten.

In Bezug auf den Lanai Windpark schließt die Firma Castle & Cooke, der einen Großteil der Insel gehört, eine vorläufige Vereinbarung mit der Hawaiian Electric Co. zur Errichtung des Parks im nordwestlichen Teil der Insel. Außerdem werden Forschungen zu den Windressourcen und zum Schutz bedrohter Vogelarten durchgeführt. First Wind wiederum arbeitet an dem Molokai Windpark, ebenfalls in Kooperation mit Castle & Cooke und der Hawaiian Electric Company, zieht sich im Jahr 2011 aber komplett aus den beiden Projekten zurück, die sich bislang noch immer im Planungsstadium befinden.

 

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